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Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen

Titel: Die Asche meiner Mutter - Irische Erinnerungen
Autoren: Frank McCourt
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Seele des Kindes ist in Gefahr, sagte sie. Tommy ließ den Kopf sinken und murrte. Na gut. Ich werde Patenonkel, aber meine Schuld ist es nicht, wenn er so wird wie sein Vater und immer nur Ärger macht und mit dieser komischen Art durchs Leben geht, denn wenn er das doch macht, dann kann er auch gleich zu John McErlaine in die Flüsterkneipe gehen. Der
Priester sagte, wahr gesprochen, Tom, anständiger Mensch, der du bist, guter Mann, du, der du nie die Schwelle einer Flüsterkneipe betrittst. Malachy, selbst gerade frisch aus der Flüsterkneipe eingetroffen, fühlte sich beleidigt und wollte mit dem Priester streiten, gleich zwei Frevel auf einmal. Nimm diesen Kragen ab, und dann wollen wir doch mal sehen, wer ein Mann ist. Er mußte von den Breitbrüstigen und deren ergrimmten Männern zurückgehalten werden. Angela, noch nicht lange Mutter, aufgewühlt, vergaß, daß sie das Kind hielt, und ließ es ins Taufbecken gleiten – Taufe durch Untertauchen, wie bei den Protestanten. Der Meßdiener fischte den Säugling heraus und reichte ihn an Angela zurück, welche ihn schluchzend tropfnaß an ihren Busen drückte. Der Priester lachte und sagte, solche habe er ja noch nie gesehen, das Kind sei ja jetzt ein regelrechter kleiner Baptist und brauche kaum noch einen Priester. Dies erzürnte nun wieder Malachy, und er wollte sich auf den Priester stürzen, weil dieser das Kind als irgendeine Sorte von Protestant bezeichnet habe. Der Priester sagte, stille doch, guter Mann, du bist im Hause Gottes, und als Malachy sagte, Hause Gottes, am Arsch, wurde er rausgeschmissen, direkt auf die Court Street, weil man im Hause Gottes nicht Arsch sagt.
    Nach der Taufe sagte Philomena, bei ihr zu
Hause um die Ecke gebe es Tee und Schinken und Kuchen. Malachy sagte, Tee? und sie sagte, ja, Tee, oder hättest du lieber Whiskey? Er sagte, Tee sei ganz toll, aber zuerst müsse er sich noch mit John McErlaine unterhalten, der nicht den Anstand besessen habe, seinen Pflichten als Patenonkel nachzukommen. Angela sagte, du suchst ja nur nach einem Vorwand, um in die Flüsterkneipe zu rennen, und er sagte, so wahr Gott mein Zeuge ist, an etwas zu trinken zu denken, käme mir ebenjetzt zuallerletzt in den Sinn. Angela begann zu weinen. Dein Sohn wird getauft, und du mußt saufen gehen. Delia sagte ihm, er sei ein ekelerregendes Exemplar, aber was konnte man sonst aus dem Norden von Irland erwarten.
    Malachy blickte vom einen zum andern, trat von einem Fuß auf den andern, zog sich die Mütze tief über die Augen, rammte die Hände tief in die Hosentaschen, sagte, och, aye, wie sie es alle machen in den entlegenen Gebieten der Grafschaft Antrim, und eilte die Court Street entlang, der Flüsterkneipe in der Atlantic Avenue entgegen, wo man ihm, da war er ganz sicher, zu Ehren der Taufe seines Sohnes Gratisgetränke aufnötigen würde.
    Bei Philomena aßen und tranken die Schwestern mit ihren Männern, während Angela in einer Ecke saß, dem Kind die Brust gab und weinte. Philomena stopfte sich den Mund mit Schinkenbrot
voll und redete auf Angela ein. Das hast du nun davon, daß du so dumm bist. Noch nicht ganz vom Schiff runter, und schon fällst du auf diesen Wahnsinnigen herein. Du hättest ledig bleiben sollen, das Kind zur Adoption freigeben, dann wärst du heute ein freier Mensch. Angela weinte noch lauter, und Delia führte den Angriff fort. Hör bloß auf damit, Angela, hör bloß auf. Ist doch einzig und allein deine Schuld, wenn dich ein Trunkenbold aus dem Norden in so eine Lage bringt, ein Mann, der nicht mal katholisch aussieht, der mit seiner komischen Art. Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, daß dieser … dieser … Malachy irgendwie was Presbyterianisches an sich hat. Duhaltsmaul, Jimmy.
    Wenn ich du wäre, sagte Philomena, würde ich sichergehen, daß es bei dem einen Kind bleibt. Er hat keine Arbeit, Arbeit hat er nämlich schon mal nicht, und so, wie er säuft, kriegt er auch keine. Also: Keine weiteren Kinder, Angela. Hörst du mir überhaupt zu?
    Ich höre jedes Wort, Philomena.
     
     
    Ein Jahr später wurde ein zweites Kind geboren. Sie tauften ihn Malachy nach seinem Vater und gaben ihm einen zweiten Vornamen, Gerard, nach dem Bruder seines Vaters.
    Die Schwestern MacNamara sagten, Angela
vermehre sich wie die Karnickel, und sie wollten nichts mehr mit ihr zu tun haben, bis sie endlich zur Vernunft komme.
    Ihre Männer fanden das auch.
     
     
    Ich bin mit meinem Bruder Malachy auf einem Spielplatz in der Classon
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