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Die Angune (German Edition)

Die Angune (German Edition)

Titel: Die Angune (German Edition)
Autoren: Marc Staedtgen
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lagen.
    Calaele'en schaute sich unsicher um, denn er zögerte. E inerseits wollte er seinen Hügel nicht verlassen ohne sich wenigstens einmal in geistiger Konzentration gesammelt zu haben. Andererseits wollte er auch nichts mit Gewalt erzwingen. Das entsprach nicht seinem Wesen. Dabei war der Weißelf keiner der an eine schicksalhafte Fügung glaubte und infolge dessen schnell aufgab. Im Gegenteil, er empfand es durchaus als geistige oder körperliche Herausforderung, an einer schwierigen Angelegenheit dran zu bleiben. Aber alles musste im Einklang mit sich selbst geschehen, und nicht wider seinen Willen.
    Doch heute war die Harmonie erheblich gestört, und so entschied er schließlich doch zu seinem Haus zurückzukehren, das sich 500 Schritt entfernt oben auf dem gegenüber liegenden Hügel versteckte.
    Der Weißelf schlüpfte mit der Hand unter mehrere, auf dem Schoss liegenden Stoffbahnen und zog eine Bahn seines Toga-artigen Umhangs auf die linke Schulter hoch um seinen Oberkörper wieder zu bedecken.
    Das zweite Sternenhaus eines jeden Sonnenumlaufs zeichnet sich durch heiße Sommer und ziemlich milde Winter aus. Noch war der Winter nicht ganz vorbei und die kurze Übergangszeit zum Sommer würde erst in einem Dekadom beginnen. Trotzdem erlaubten angenehm milde Temperaturen und wenig Regen dem Weißelf, seine Übungen zur geistigen Ruhe und Konzentration in einem Umhang aus leichtem, schneeweißen Leinen auszuüben.
    D och schon bald würde es hier draußen zu schwül werden für eine gemütliche Entspannung. In einem Dekadom würde Nadeva, die schwarze Sonne, die im Moment nur als ganz schmale aber zunehmende Sichel zu erkennen war, den kleinen Abendstern überholen und den Beginn des 3. Sternenhauses einläuten. Und dann würde die Periode des heißesten Sommers in diesem Sonnenumlauf beginnen.
    Der Weißelf verließ seinen Hügel und durchquerte eine kleine Senke, die von einem landwirtschaftlichen Weg durc hzogen wurde. Auf der anderen Seite zweigte ein grasbewachsener Gartenpfad vom Weg ab und führte Calaele'en zu seinem Anwesen hinauf. Der Alleenartige Pfad war beidseitig von hohen schlanken Säulenzypressen gesäumt, die Schatten spendeten und zwei grüne Weiden links und rechts des Pfades trennten. Hier grasten einige Ziegen, die Calaele'en zu seinem Vergnügen hielt. Auf seinem blauen Hügel konnte er kein Vieh weiden lassen. Das blaue Gras war zu salzig und eignete sich nicht für die Tierhaltung. Der im Grunde nutzlose blaue Hügel war einzig und allein seiner geistigen Sammlung vorbehalten.
    Es war ein großes und stolzes Haus das er besaß. Dennoch hatte er sich nie richtig mit diesem Besitz anfreunden können. Die Anlage war ihm viel zu protzig. Es war das Haus eines wohlhabenden Bürgers der Weißelfen, doch für Calaele'en waren Reichtum und Besitz keine anstrebenswerte Ziele. Als einzigem Sohn eines reichen Kaufmanns hatte Calaele'en herzlich wenig für seinen Reichtum getan. Nicht einmal dieses schöne und wertvolle Landhaus hatte er sich anschaffen müssen.
    Er hatte alles geerbt!
    Aber er war nun mal der Älteste im Ältestenrat der Elfischen Gemeinschaft, und in dieser Funktion war er verpflichtet, einen gepflegten Lebensstil zu führen. Er gehörte zu den angesehensten Bürgern der Weißelfen, und die Lebensweise eines einfachen und bescheidenen Mannes würde nur seinem Ruf schaden und seine Autorität untergraben.
    Im Ältestenrat war kein Platz für einen einfachen Fischer oder einen armen Mönch!
    Das Volk brauchte die Gewissheit, dass die Mitglieder des Ältestenrates über jeden Zweifel erhaben waren. Dazu gehörte auch, dass man finanziell und wirtschaftlich abgesichert und unabhängig war, und dass keine Gefahr der Käuflichkeit bestand.
    Kurz vor der Eingangstür seines Hauses blieb er stehen und schaute sich um. Die Außenwände des doppelgeschoss igen Gebäudes waren aus gelben, glatten Steinquader gebaut, und wurden von einem umlaufenden einfachen Gurtgesims aus weißem Marmor in der Horizontalen geteilt. Das Erdgeschoss war fensterlos. Nur das Obergeschoss verfügte über Fenster mit Faschen aus weißem Marmor. Der Grund hierfür lag in einem Innenhof von quadratischer Form, der auf allen Seiten von einer durchgehenden Kolonnade umgeben war, und der die gesamte Grundfläche des Gebäudes einnahm. Zwei schmale pfostenlose Steinträger überbrückten den Hof, und boten schattenspendenden Sonnensegeln Halt, denn das Gebäude war vom Baustil her den großen Stadthäuser in
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