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Die Angstmacher

Die Angstmacher

Titel: Die Angstmacher
Autoren: Anja Krueger
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Fachgebiete. Der Neurologe kommt zu dem Schluss, dass die Schwindelanfälle kein Ohrenproblem seien. Deshalb muss nach Auffassung der Debeka auch kein HNO-Spezialist einen Blick auf Uwe Steinhardt werfen. Zum Jahreswechsel 2011 schickt sie ihm die Ablehnung seines Antrags.
    Uwe Steinhardt ist nach seinem Unfall nicht untätig geblieben. Da die Debeka über Jahre nicht dazu in der Lage ist, ein Gutachten erstellen zu lassen, gibt er für viel Geld selbst Expertisen in Auftrag. Nach denen ist er berufsunfähig. Aber diese Gutachten akzeptiert die Debeka nicht. »Sie sind nicht von einem neutralen Gutachter erstellt worden«, sagt Debeka-Arzt Gottwald.
    Im Herbst 2011 zieht Uwe Steinhardt vor Gericht. Gegen die Alte Leipziger prozessiert er schon. Die Kosten dafür trägt seine private Rechtsschutzversicherung. Für die Sache mit der Debeka will sie zunächst nicht aufkommen, weil die Firma der Vertragspartner ist. Doch die Police wird auf Uwe Steinhardt umgeschrieben. Die beiden Partner haben sich aus der Firma zurückgezogen. Nach der Ablehnung der Berufsunfähigkeitsrente schickt die Debeka eine Rechnung mit den ausstehenden Beiträgen in Höhe von mehr als 30 000 Euro. Die Firma meldet Insolvenz an. Bis dahin war rechtlich gesehen das Unternehmen Vertragspartner der Debeka und nicht die Privatperson Uwe Steinhardt. Das ist ein wichtiger Unterschied, auch wenn der Unternehmer und der Versicherte ein und dieselbe Person sind. Bisher ist seine private Rechtsschutzversicherung für den Fall nicht aufgekommen. Dass jetzt nicht mehr die Firma, sondern der Privatmann Vertragspartner ist, ist für Steinhardt aber eine zweischneidige Sache. Einerseits kommt nun die Rechtsschutzversicherung für die Klage auf, das sind immerhin Gerichtskosten von mehr als 9000 Euro und fast 6000 Euro für den Rechtsanwalt. Aber das Finanzamt will Geld sehen für den Gegenwert des Vertrags, in dem ja auch Kapital für die Altersvorsorge liegt. Auf Uwe Steinhardt kommen Steuerschulden in Höhe von 100 000 Euro zu. Dafür stehen seine Chancen, vor Gericht wenigstens einen Teilerfolg zu erreichen, rein statistisch gesehen fünfzig zu fünfzig. Von den Gerichtsverfahren wegen einer Berufsunfähigkeitsversicherung verliert das Unternehmen nach eigenen Angaben 10 bis 15 Prozent, bei 40 bis 50 Prozent gewinnt es. In den übrigen Fällen schließt die Gesellschaft einen Vergleich. Das bedeutet: Jeder zweite klagende Kunde erreicht zumindest einen Teilerfolg. Wie hoch ihre Ablehnungsquote in der Berufsunfähigkeitsversicherung ist, kann die Debeka nicht sagen. »Wir führen darüber keine Statistik. Nach Erhebungen des map-Report gehören wir zu den Versicherern mit den besten Leistungsquoten. Viele Problemfälle entstehen aber meistens durch fehlerhafte Gesundheitsangaben im Versicherungsantrag«, sagt Arzt Gottwald. Der map-Report ist ein angesehener Brancheninformationsdienst, der regelmäßig Untersuchungen über die Leistungen und die finanzielle Stabilität von Versicherern herausgibt.
    Den Vertrag bei der SIGNAL IDUNA hatte Uwe Steinhardts Firma nicht gekündigt, sie hat ihn ruhen lassen. Die SIGNAL IDUNA zahlt dem ehemaligen Vermessungstechniker heute eine Berufsunfähigkeitsrente, wenn auch nicht besonders viel: 87 Euro im Monat. »Die Voraussetzungen zur Zahlung einerBerufsunfähigkeitsrente unserer versicherten Person Herrn Steinhardt haben wir ordnungsgemäß geprüft und bereits turnusmäßig überprüft. Es lag und liegt eine Berufunfähigkeit gemäß unserer Versicherungsbedingungen vor«, sagt die SIGNAL IDUNA. Die Debeka beeindruckt das nicht. Sie beeindruckt auch nicht, dass die Stadt Unna ihn zu 70 Prozent schwerbehindert erklärt hat. Uwe Steinhardt hatte auch eine Unfallversicherung. Die Unfallversicherung zahlte ihm rund 90 000 Euro. Unfallversicherer zahlen nur bei bleibenden Schäden, und sie prüfen den Gesundheitszustand der Verunglückten sehr genau. Der Versicherer hat ihm das Geld auf der Grundlage des Gutachtens eines Hals-Nasen-Ohren-Fachmanns überwiesen.
    Uwe Steinhardt kann einfach nicht verstehen, was ihm widerfährt. »Ich habe mich so aufgestellt, dass ich der Solidargemeinschaft nicht zur Last falle, wenn mal etwas schiefgeht«, sagt er. So wollen Politik und Gesellschaft das. Die Bürger sollen vorsorgen für den Fall, dass das Schicksal eines Tages zuschlägt. Wer wegen einer Krankheit oder nach einem Unfall kein Geld mehr verdienen kann und trotzdem seinen Lebensstandard erhalten will, muss in guten Zeiten viel
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