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Die Angstmacher

Die Angstmacher

Titel: Die Angstmacher
Autoren: Anja Krueger
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Koblenz genau wissen, dass in seinem Fall einiges schiefgelaufen ist.
    Vor Schicksalsschlägen kann man sich nicht schützen. Aber vor den finanziellen Folgen, sagt die Versicherungswirtschaft. »Damit Ihr Leben nicht zum Risikospiel wird«, wie die Nürnberger Versicherung so schön wirbt. Doch ob mit oder ohne Police, das Risikospiel bleibt. Uwe Steinhardt ist kein Einzelfall. »Im Leistungsfall kommt es oft zum Streit zwischen dem Versicherer und dem Kunden«, weiß Edda Castelló, Versicherungsexpertinder Verbraucherzentrale Hamburg. Die Unternehmen versprechen den Bürgern finanzielle Sicherheit in einer existenziellen Krise. Doch in vielen Fällen verschärfen sie diese Krise. Will ein Kunde nach einem Unfall oder einer Krankheit den versprochenen Schadensersatz, steht er erst einmal unter Generalverdacht. Die Geschädigten fühlen sich dabei häufig schlecht behandelt. Die Gesellschaften nennen es »einen Leistungsfall prüfen«. Aber die Betroffenen empfinden es als aggressive Abwehr, wenn die Sachbearbeiter immer wieder ihre Unterlagen anfechten und neue Gutachten anfordern, die eingereichten Anträge und Expertisen jedoch ewig auf dem Schreibtisch oder im elektronischen Postfach des Versicherungsangestellten liegen bleiben. In einem zermürbenden, nervenaufreibenden Kleinkrieg kämpfen Geschädigte um ihr Recht. Jahrelang haben sie viel Geld gezahlt. Wollen sie etwas von ihrem Versicherer, werden sie im günstigen Fall wie lästige Bittsteller und im schlimmsten wie Kriminelle behandelt.
    Die Versicherungsgesellschaften treiben Kunden und Geschädigte damit nicht nur in den Ruin, sondern auch in die Verzweiflung. »Es ist erniedrigend und entwürdigend, erst einen Schaden zu erleiden und dann als Simulant und Betrüger hingestellt zu werden«, sagt Stefanie Jeske, Vorsitzende der Düsseldorfer Interessengemeinschaft subvenio. Die gemeinnützige Organisation setzt sich ein für Unfallopfer, denen Versicherer keinen Schadensersatz zahlen wollen. Für die Betroffenen ist dieses Verhalten eine extreme psychische Belastung. Sie sind Opfer einer Strategie, die der Fachanwalt für Versicherungsrecht Jürgen Hennemann als »Versicherungsdreiklang« bezeichnet: »Verzögern, verschleppen, sich verklagen lassen.« Das Vorgehen der Branche hat System, wenn es um hohe Personenschäden geht. Davon ist der Fachanwalt aus Buchholz südlich von Hamburg fest überzeugt. »Die Versicherer zielen auf die wirtschaftliche Zerstörung der Geschädigten, und sie haben die erforderliche gesetzliche Infrastruktur dafür«, sagt Hennemann, der ausschließlich Geschädigte und keine Versicherungsunternehmen vertritt. Anders als in den USA droht den Gesellschaften hierzulande keine Strafzahlung, wenn sie mutwillig die Bearbeitung eines Schadens verzögern.
Wenn ein Arbeitsunfall alles ändert
    Uwe Steinhardt wäre nie auf die Idee gekommen, dass er einmal als Versicherungsbetrüger oder Simulant angesehen werden könnte. In seinem früheren Leben war er Vermessungstechniker. 1985 machte er sich mit zwei Kollegen selbstständig, die drei gründeten eine Firma für Vermessungstechnik in Unna. Das Büro arbeitete für Mineralölgesellschaften. Steinhardt vermaß Tankstellen, war im ganzen Bundesgebiet unterwegs. »Tankstellen sind in ständiger Veränderung«, erklärt er. Sie werden regelmäßig modernisiert, mal wird ein neuer Tank installiert, mal eine neue Halle hochgezogen, mal etwas angebaut. Uwe Steinhardt lieferte die Daten für die Bauherren. Es lief gut.
    Die Firma vereinbart 1988 für ihn eine kombinierte Lebens-, Unfall- und Berufsunfähigkeitsversicherung mit der SIGNAL IDUNA in Dortmund. Das soll seine Altersvorsorge sein. 1989 bauen er und seine Frau das Haus in Werne-Stockum. Sie schließen eine Lebensversicherung bei der Alten Leipziger ab, die ebenfalls einen Berufsunfähigkeitsschutz hat. Die Familie soll das Haus behalten können, falls dem Vermessungstechniker etwas zustößt.
    Auch der Alten Leipziger hat Uwe Steinhardt seinen Fall gemeldet. »Erst habe ich aus der Zentrale in Oberursel positive Signale bekommen«, sagt er rückblickend. Dann gab man ihm zu verstehen, man warte ab, wie die Debeka sich entscheide. Diese Vorgehensweise sei die Regel, heißt es bei der Alten Leipziger. »Wenn ein Versicherungsnehmer bei mehreren Versicherern Leistungen beantragt, dann ist es üblich, dass der hauptsächlich betroffene Versicherer die Leistungsprüfung übernimmt«, sagt Sprecher Karl Hochstadt. Bei der Alten Leipziger
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