Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Akte Veden

Die Akte Veden

Titel: Die Akte Veden
Autoren: Melanie Meier
Vom Netzwerk:
zu Boden fallen. Er wischte sich die Hand am Hosenbein ab und rannte Loki nach.
    »... deshalb war es nicht notwendig, den Typen zu erwischen«, sagte dieser, als Tim ihn einholte.
    »Wie bitte? Ich war noch beschäftigt mit dem kulinarischen Hochgenuss, den du-«
    »Ich sagte, dass ihn der Junkie hat. Deshalb war es nicht notwendig, den Dealer zu erwischen.«
    »Soll das heißen, du hast mich zu diesem Irren mit der Schrotflinte geschickt, der so voll mit Crack war, dass er wie ein verdammter Chemiebaukasten gestunken hat, obwohl du wusstest, dass es sinnlos ist?«
    »Es war nicht sinnlos.«
    »Natürlich nicht! Nichts, was du jemals anordnest, ist sinnlos. Wie konnte ich das ver-«
    »So ist es. Sie glauben, wir sind auf der falschen Fährte, und deshalb können wir nun unbehelligt in die Wohnung des Junkies marschieren und uns den USB-Stick holen.«
    »Wäre das nicht einfacher gegangen? Mit einem Anruf vielleicht? Aber was soll’s! Mein Leben ist nicht so viel wert. Du warst ja in Sicherheit.«
    Loki lief die Stufen in die U-Bahn hinunter. »Die Adresse.«
    Tim seufzte und zog das Handy aus der Hosentasche. Er steppte durch das Telefonbuch und nannte Loki die Adresse.
    »Wunderbar. Die Tram kommt gerade.« Loki lief an den Bahnsteig, zwängte sich an einem Jugendlichen vorbei und setzte sich in den Waggon. Tim ließ sich neben ihm nieder. Vier Haltestellen später stiegen sie wieder aus. Sie verließen die U-Bahn, gingen die Straße hinunter, bogen rechts in die Fußgängerzone ein und erreichten das gesuchte Wohnhaus nach zweihundert Metern.
    Loki sah Tim an, deutete auf die Klingelreihen und schließlich auf die mit dem entsprechenden Namen. »Dritter Stock«, sagte er, als erkläre das alles, und klingelte.
    Sie warteten. Nichts geschah.
    »Junkie«, sagte Tim schulterzuckend.
    Loki klingelte noch einmal. Auch dieses Mal meldete sich niemand über die Gegensprechanlage, deshalb wählte Loki eine der anderen Klingeln aus. Nach wenigen Sekunden hörten sie eine weibliche, junge Stimme.
    »Entschuldigen Sie die späte Störung«, sagte Loki. »Ich wohne unter ihnen, habe meinen Schlüssel verloren. Lassen Sie mich rein, bis der Schlüsseldienst da ist?«
    »Klar.«
    Der Summer ertönte, Loki stieß die Tür auf und zog im Dunkeln des Hausgangs seine Waffe.
    »Oh Scheiße«, flüsterte Tim hinter ihm. »Ich hab meine Knarre im Fluss verloren. Ist untergegangen wie eine verdammte Landschildkröte. Hab ich ganz vergessen, zu sagen.«
    Loki blieb vor den Stufen nach oben stehen und sah Tim an. »Du würdest vergessen, wie deine Mutter aussieht, wenn du kein Bild von ihr in der Schublade deines Nachtkästchens hättest.«
    »Woher weißt du das?« Er hielt inne. »Was hast du in meiner Wohnung zu suchen, verdammt?«
    »Das ist nicht der Zeitpunkt, um das zu erörtern. Gott sei gedankt, dass du deine Fäuste nicht vergessen kannst. Komm jetzt.«
    Loki lief die Treppe hinauf, Tim folgte ihm. Sie liefen wie Schatten durch die Stockwerke, vereinzelt hörte man Stimmen hinter den Wohnungstüren, manchmal tönte der Fernseher, ansonsten schien der Flur leer zu sein. Sie erreichten die gesuchte Tür und blieben davor stehen, horchten. Sie sahen sich an, Tim zuckte die Schultern.
    »Er ist da«, sagte Loki und streckte die Hand aus, schlug mit dem Lauf der Pistole dreimal gegen das Holz der Tür.
    Von drinnen war ein Schaben zu hören, als würde ein Möbelstück verrutscht, dann herrschte wieder Stille.
    »Mach auf«, rief Loki, »oder willst du die Bullen hier haben? Was meinst du, wie lange sie dir für das Zeug geben, das sie bei dir finden werden? Fünf, sechs Jahre?«
    Weiterhin Stille. Dann erklang gedämpft: »Wer ist da?«
    Loki sah wieder Tim an. Seine grauen Augen waren kaum erkennbar in der Finsternis. »Ich zähle jetzt bis drei, dann schieße ich auf Sackhöhe durch deine Papptür. Im günstigsten Fall kastriere ich dich, im ungünstigsten hast du in zehn Minuten die Bullen am Hals.« Er entsicherte die Pistole und richtete sie gegen die Tür. »Eins. Zwei. Dr-«
    Die Tür ging auf, ihnen starrten weit aufgerissene Augen in einem pickeligen, dreckigen Gesicht entgegen. »Schon gut, schon gut! Wer seid ihr? Was wollt ihr?« Die Augen fuhren unruhig zwischen Loki, Tim und der Pistole hin und her.
    »Willst du uns nicht reinbitten?«
    »Klar.«
    Der Junkie trat zurück und ließ sie an sich vorbeigehen. Er warf die Tür in die Angeln und bedeutete ihnen, nach rechts zu gehen, in einen miefigen Raum mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher