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Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Titel: Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)
Autoren: Volker Kutscher
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gefärbt, und rings um den Kopf waren noch die Spuren einer Wasserlache und eines Rinnsals zu erkennen, das zur Aufzugsecke hin abgeflossen war.
    »Ist noch in den Regen gekommen, was?«
    Der Gerichtsmediziner zuckte die Achseln. »Das müssen Sie die Spurensicherer fragen. Ich hoffe, die kommen bald, damit ich endlich loslegen kann.«
    »Sind unterwegs.«
    »Und wo bleibt der Kommissar?«
    »Kommt Zeit, kommt Rath«, sagte Gräf. Er zeigte zur Tür, wo sich die Spitze eines Kamerastativs aus dem Treppenhaus schob. »Jetzt kommt erst einmal der Kollege Lange und macht Fotos. Und danach dürfen Sie an die Leiche.«
    Lange, der Kamera und Stativ geschultert hatte, schaute fragend in die Runde. Gräf nickte nur kurz in Richtung Aufzug, und der Kriminalassistent verstand.
    »Morgen, Doktor«, sagte Lange und ließ das schwere Gerät in die Aufzugskabine hinab, »könnten Sie das vielleicht mal annehmen?«
    Gräf wandte sich wieder den wartenden Zeugen zu. »Wer hat den Toten eigentlich gefunden?«
    Der Koch hob die Hand wie in der Schule. »Ich, Herr Kriminalsekretär.«
    »Herr Unger ist einer unserer Chefköche«, soufflierte Direktor Fleischer.
    Gräf ging es mehr und mehr auf den Wecker, wie der Geschäftsführer sich in den Vordergrund drängte. »Wo waren denn Sie , als die Leiche gefunden wurde, Herr Direktor?«, fragte er.
    »Ich?« Fleischer stutzte. »Natürlich zu Hause. Wieso wollen Sie das wissen?«
    »Ehrlich gesagt wundert es mich, dass sich der Direktor persönlich zu dieser Uhrzeit schon im Gebäude aufhält.«
    »Aber ich bitte Sie! Es wurde ein Toter gefunden! Der Wachdienst hat mich selbstverständlich umgehend benachrichtigt, also bin ich hergekommen.«
    »Sehr lobenswert«, sagte Gräf und nickte anerkennend. »Ich nehme aber an, die anderen Herren hier waren vor Ort, als die Leiche gefunden wurde.«
    Wachmann, Koch und Blaumann nickten.
    »Gut. Dann werde ich Sie als Erstes befragen. Wo kann man sich denn hier in Ruhe unterhalten?«
    »Ich … ähh … Ich könnte Ihnen mein Büro anbieten«, sagte Direktor Fleischer, sichtlich überrumpelt.
    »Gute Idee. Steht dort auch ein Telefon?«
    »Selbstverständlich.«
    »Dann führen Sie mich und Fräulein Temme doch bitte dorthin. Und lassen Sie alle Mitarbeiter zusammentrommeln, die zum Zeitpunkt des Leichenfundes im Hause waren.«
    Fleischer nickte und setzte sich in Bewegung. »Wenn Sie mir bitte folgen wollen. Wir müssen zwei Etagen tiefer.«
    Aus dem Lastenaufzug blitzte es. Lange hatte mit dem Fotografieren begonnen. Gräf seufzte. Jetzt musste er nur noch herausbekommen, wo zum Teufel Gereon Rath sich gerade herumtrieb, dann würde der Tag vielleicht doch zu retten sein.
    2
    D ie Dämmerung schimmerte graublau durch das Glasdach und hatte schon begonnen, das müde Licht der elektrischen Glühbirnen zu verdrängen. Stimmengemurmel, Lautsprecherkratzen und Trillerpfeifen, die typischen Bahnhofsgeräusche kamen Rath lauter vor als sonst, was an der Tageszeit liegen mochte. Die große Uhr zeigte dreiundzwanzig Minuten nach fünf, und er hatte den Eindruck, dass die meisten Leute, die sich um diese Zeit im Bahnhof Zoo herumtrieben, genauso müde waren wie er selbst, trotz des Lärms, den sie veranstalteten. Er hatte zwei Tassen schwarzen Kaffee getrunken, doch immer noch fühlte er sich, als sei er nicht in seinem Körper, sondern schwebe irgendwo darüber und beobachte sich selbst: einen groß gewachsenen, dunkelhaarigen Mann im hellgrauen Sommeranzug und mit dazu passendem Hut, in der einen Hand eine Bahnsteigkarte, in der anderen einen Blumenstrauß und eine rote Hundeleine. Ein müder Mann, der gerade durch die Sperre ging, einen ebenso verschlafenen schwarzen Hund im Schlepptau.
    Die Blumen hätte er beinahe vergessen, erst als er den Bahnhof Zoo betreten hatte, war ihm das eingefallen. Und dann hatte er im Blumenladen unten in der Halle schon Licht gesehen und an die Scheibe geklopft. Das Mädchen, das gerade die frisch eingetroffenen Blumen in die Vasen sortierte, hatte ein Einsehen gehabt und den Laden aufgeschlossen und ihm – gegen Aufpreis – einen Strauß gebunden. So standen sie also nun auf dem Bahnsteig wie bestellt und nicht abgeholt: ein Mann, ein Hund, ein Blumenstrauß.
    Rath reckte sich und stellte sich auf die Zehenspitzen, um seinen Kreislauf in Schwung zu bringen, dann zog er das Zigarettenetui aus der Innentasche, klemmte die Blumen unter den Arm und zündete sich eine Overstolz an. Eigentlich hätte er gar nicht hier
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