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Die Affäre Mollath - kompakt: Der Mann, der zu viel wusste

Die Affäre Mollath - kompakt: Der Mann, der zu viel wusste

Titel: Die Affäre Mollath - kompakt: Der Mann, der zu viel wusste
Autoren: Uwe Ritzer , Olaf Przybilla
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Zügen dieses Falles zu tun. Auf viele Menschen wirkt die Affäre Mollath zutiefst bedrohlich. Dahinter steckt die diffuse Angst, dass es jeden treffen kann. Dass man sich plötzlich in einem Horrorfilm wiederfindet, der im schlimmsten Fall kein Ende hat. Dass man selbst in die Mühlen von Justiz und Psychiatrie gerät, weil einem ab irgendeinem Zeitpunkt niemand mehr glaubt. Dass man vollkommen machtlos ist, zur Marionette anderer wird. Dass auf einmal alles, was man sagt oder tut, gegen einen ausgelegt wird. Ein fataler Kreislauf, der nicht mehr durchbrochen werden kann. Man ist chancenlos. Der Fall Gustl Mollath berührt die Urängste vieler Menschen.
    Jahrelang hat Gustl Mollath Briefe an Gott und die Welt geschrieben. Er hat Strafanzeige um Strafanzeige erstattet, bei der Bank und der Staatsanwaltschaft Nürnberg Aufklärung eingefordert. Er hat Kopien von Überweisungsaufträgen beigelegt, wo Geld ganz offenkundig von einem anonymen Schweizer Konto auf ein anderes verschoben wurde. Jeder, der sich auch nur einmal mit der Schwarzgeldmaterie und der Praxis der Steueroase Schweiz beschäftigt hat, hätte hellhörig werden müssen.
    Mollath hat auch präzise geschildert, wie die Schwarzgeldtransfers abgewickelt wurden. Er nannte Namen, vor allem den eines Schweizer Kontaktmannes der Nürnberger Banker. Aber offenbar wollte niemand lesen und hören, was er zu sagen hatte.
    Je mehr Mollath auf Ignoranz und Ablehnung stieß, desto verschrobener, härter, bisweilen auch anklagender wurden seine Briefe. Manche Traktate gerieten ihm zu politisch-historisch-gesellschaftlichen Abhandlungen, eigenwilligen Interpretationen des Weltgeschehens und der Weltgeschichte unter besonderer Berücksichtigung der eigenen Biographie. Aus den Konstruktionen zog er für sich Schlüsse bisweilen jenseits des politischen Mainstreams.
    Gustl Mollath hat es seinem Umfeld nicht immer leicht gemacht. Er war für manche wohl eine Nervensäge. Nur: Entbindet das einen Staatsanwalt oder Richter von der Verpflichtung, seinen Job ordentlich zu machen? Und ist man deshalb gleich verrückt, gemeingefährlich gar?
    Wie es dazu kam, dass sich Mollath im bundesrepublikanischen Rechtssystem verhedderte, ist nicht einfach zu recherchieren. Der Fall ist vielschichtig und kompliziert. Mollaths Biographie ist voller Brüche. Ein Ferrari-Fan und Ökoaktivist – das ist nur ein Widerspruch. Um diese vielschichtige Persönlichkeit und ihre Geschichte zu verstehen, muss man auch in Privates eintauchen. Beispielsweise in den Rosenkrieg, in dem seine Ehe zu Ende ging und wo aus einer großen Liebe gnadenloser Hass wurde. Dabei ist es wie immer in solch privaten Angelegenheiten: Es gibt nicht nur eine Wahrheit. Nicht nur eine Sicht auf die Dinge und nicht nur einen der beiden Partner, der alle Schuld am Zerbrechen einer Ehe alleine trägt. Recherchen dieses Rosenkrieges führen schnell in die Tiefen einer Beziehung, die man als seriöser Journalist eigentlich nicht ergründen will.
    Nur: Der Fall Gustl Mollath ist nicht erklärbar ohne die Umstände, unter denen seine Ehe zerbrach. Die Ehefrau, die ein neues Leben mit einem neuen Partner beginnen will, behauptet, dass ihr Noch-Ehemann sie nicht nur verfolgt, sondern auch schwer misshandelt, getreten, geschlagen und gewürgt habe bis an den Rand der Bewusstlosigkeit. Sie wird zur Hauptbelastungszeugin gegen ihn vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft ist inzwischen überzeugt, dass die Frau unglaubwürdig war und ist und ihren Exmann mit hohem Eifer belastete.
    Es gibt einen Zeugen, den die Justiz und ihre Ministerin monatelang ignoriert haben, einen ehemaligen Freund des Ehepaares Mollath. Er versichert, Mollaths Frau habe ihm gegenüber angekündigt, Gustl fertigzumachen, ihn für verrückt erklären zu lassen, wenn er nicht bald Ruhe gäbe mit seinen Schwarzgeldvorwürfen gegen sie und die Hypovereinsbank. Sie habe gute Beziehungen.
    Die Wahrheitssuche ist nach so vielen Jahren schwierig, dabei hätte alles so einfach sein können. Die Hypovereinsbank hätte ihren Revisionsbericht vom 17. März 2003 der Staatsanwaltschaft übergeben können. Können, wohlgemerkt, nicht müssen. Der Paragraph 138 des Strafgesetzbuches schreibt eine gesetzliche Pflicht zur Strafanzeige nur für ganz wenige, schwere Delikte fest. Wer allerdings von möglichen Schwarzgeldgeschäften erfährt, von Steuerhinterziehung oder gar Steuerbetrug, von Verstößen gegen das Geldwäschegesetz oder verbotenem Insiderhandel mit Aktien, der ist nach
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