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Die Achte Suende

Die Achte Suende

Titel: Die Achte Suende
Autoren: Philipp Vandenberg
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eine Klimaanlage, und das wäre in Ihrer Situation gewiss von Vorteil.«
    »Das brauchen Sie mir nicht zu sagen«, herrschte Gonzaga den Chauffeur an.
    Jetzt mischte sich auch der Monsignore ein: »Ja, eine schwarze Limousine mit Vatikan-Kennzeichen! Am besten noch eine Polizeieskorte mit Blaulicht und die Ankündigung in den Nachrichten: Heute Nacht transportiert auf der Autostrada von Florenz nach Bologna Seine Excellenz Kurienkardinal Philippo Gonzaga …«
    »Schweigen Sie!«, unterbrach der Kardinal den Redefluss seines Sekretärs. »Kein Wort mehr. Ich habe mich nicht beklagt. Wir haben uns entschieden, dass es am unverfänglichsten ist, wenn drei Männer bei Nacht in einem unscheinbaren Fiat von Rom in Richtung Brenner fahren.
Basta

    »War nur gut gemeint, Excellenza«, entschuldigte sich Alberto. Dann fielen die drei Männer erneut in angespanntes Schweigen.
    Alberto hielt die Geschwindigkeit des Wagens konstant bei hundertsechzig Stundenkilometern. Der Kardinal auf dem Rücksitz starrte angestrengt durch die Windschutzscheibe nach vorne, wo die abgeblendeten Scheinwerfer sich mühsam einen Weg bahnten.
    Soffici, ein drahtiger Vierziger mit Bürstenhaarschnitt und einer Brille mit Goldrand, bewegte in kurzen Abständen die Lippen, als ob er betete. Dabei verursachte er ein Geräusch wie ein tropfender Wasserhahn.
    »Können Sie Ihre Gebete nicht stumm verrichten?«, sagte der Kardinal genervt. Devot wie ein gemaßregeltes Kind stellte der Monsignore seine Lippenbewegungen ein.
    Hinter Modena, wo die A 1 weiter nach Westen, in Richtung Milano, führt, und die A 22 nach Norden abzweigt, wurde das Dröhnen des Motors von Händels
Halleluja
unterbrochen. Die Melodie kam aus der Innentasche von Sofficis Sakko. Nervös fingerte der Sekretär sein Mobiltelefon hervor und blickte auf das Display. Mit einer Verrenkung reichte er das kleine Gerät nach hinten: »Für Sie, Excellenza!«
    Gonzaga, mit seinen Gedanken ganz woanders, streckte die Linke aus, ohne seinen Sekretär anzusehen: »Geben Sie her!« Schließlich presste er das Telefon an sein Ohr.
    »Pronto!«
    Eine Weile lauschte er wortlos, dann sagte der Kardinal knapp: »Ich habe das Codewort verstanden. Hoffentlich können wir die Zeit einhalten. Im Übrigen fühle ich mich wie eine ägyptische Mumie, wie dieser ...« Er stockte.
    »Tut-ench-Amun!«, kam Soffici auf dem Vordersitz zu Hilfe.
    »Genau. Wie dieser Tut-ench-Amun. Gott zum Gruß.«
    Kardinal Gonzaga reichte das Mobiltelefon zurück. »Wenn es schiefgeht, können Sie sich bald eine neue Melodie auf Ihr Handy herunterladen«, meinte er mit einem sarkastischen Unterton.
    Der Sekretär wandte sich um: »Was sollte jetzt noch schiefgehen, Excellenza?«
    Gonzaga hob theatralisch beide Arme, als wollte er das
Tedeum
anstimmen; aber seine Worte klangen eher blasphemisch: »Ein bisschen viel, was uns unser Herr Jesus in letzter Zeit zumutet. Würde mich nicht wundern, wenn unser Vorhaben noch in letzter Minute scheitert.«
    Eine Weile herrschte nachdenkliches Schweigen. Schließlich sagte Gonzaga im Flüsterton, als könnte jemand ihr Gespräch belauschen: »Das Codewort lautet ›Apokalypse 20‹. Alberto, haben Sie mich verstanden?«
    »Apokalypse 20,7«, wiederholte der Fahrer und nickte geflissentlich. »Wann werden wir erwartet?«
    »Drei Uhr dreißig. Auf jeden Fall noch vor dem Morgengrauen.«
    »Madonna mia,
wie soll ich das schaffen?«
    »Mit Gottes Hilfe und Vollgas!«
    Schier endlos und schnurgerade führte die Autobahn durch die Poebene. Bei Nacht und mit erhöhtem Tempo verführt diese Straße zum Sekundenschlaf. Auch Alberto hatte mit der Müdigkeit zu kämpfen.
    Aber dann ging ihm der Zweck der Reise durch den Kopf.
    Ein absurdes Unternehmen, in das nur der Kardinalstaatssekretär, Monsignor Soffici und er eingeweiht waren.
    An Soffici gewandt, begann der Kardinal erneut nach einer längeren Strecke des Schweigens: »Wirklich sinnreich dieses Codewort. Sie kennen den Text der Geheimen Offenbarung?«
    »Natürlich, Excellenza.«
    »Auch Kapitel zwanzig, Vers sieben?«
    Soffici kam ins Stottern: »Ausgerechnet dieser Vers ist mir gerade nicht gegenwärtig; aber alle anderen vermag ich durchaus aus dem Gedächtnis zu zitieren.«
    »Schon gut, Soffici, jetzt wissen Sie, warum Sie es bisher nur zum Monsignore gebracht haben und nicht weiter.«
    »Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, Excellenza, ich verneige mich in Demut vor dem Titel, den mir mein Amt einbrachte!«
    Gonzaga verstand es
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