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Die Achte Suende

Die Achte Suende

Titel: Die Achte Suende
Autoren: Philipp Vandenberg
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der dickliche Studiosus von hinten an sie herantrat und sie mit Bärenkräften in die Polster drückte.
    Gleichzeitig trat der Dottore auf sie zu. Sie sah die Injektionsspritze in seiner Hand. Wie von Sinnen begann sie um sich zu schlagen. Aber jede Gegenwehr war vergebens. Sie spürte den Einstich an ihrem rechten Oberschenkel. Die Zimmerdecke begann zu schwanken. Dann setzte eine wohlige Benommenheit ein.
    Mit einem Gefühl von Gleichgültigkeit nahm sie wahr, wie der Studiosus ihre Beine an den Fesseln zusammenband und Spanngurte um ihre Handgelenke legte. Auch als er sie aufhob und mit kräftigen Armen in das Schlafzimmer nebenan trug, sah sie keinen Anlass mehr, sich zu wehren.
    Auf dem Bett, über dem sich ein duftiger Baldachin wölbte, zurrte der Studiosus die Fessel fest, indem er die Spannbänder unter dem Bett hindurchschob und miteinander verknotete.
    Mit der rechten Hand an ihrer Halsschlagader zählte der Doktor den Puls. »Sechsundvierzig Puls«, meinte er und zog die Augenbrauen hoch. »Es ist schwierig, einem Patienten ohne Indikation die richtige Dosis zu verabreichen.«
    »Das ist Isaacaron, der von ihr Besitz ergriffen hat«, rief Don Anselmo mit leuchtenden Augen. »Aber ich werde ihn austreiben aus dem schönen Leib dieses Weibes.« Ein teuflisches Grinsen huschte über das Gesicht des Exorzisten. Er sah seine Stunde gekommen.
    Hektisch warf er sich die violette Stola über. Dann öffnete er die Schraubverschlüsse der beiden Wasserflaschen. Aus der ersten goss er ein wenig Wasser in die hohle Hand und besprengte damit die schöne Signora.
    Diese zeigte keine Reaktion. Erst als er die Prozedur mit Wasser aus der zweiten Flasche wiederholte, begann die schöne Signora den Kopf nach links und rechts zu werfen. Ihr Körper bäumte sich auf, und mit matter Stimme sagte sie: »Was macht ihr mit mir, ihr Schweine? Bindet mich los! Drei Kerle gegen eine schwache Frau! Schämt ihr euch nicht?«
    Der Studiosus zuckte zurück, als habe ihn der Blitz des Heiligen Geistes getroffen. Er kniff die Augen zusammen, als fühlte er Schmerz wegen der unflätigen Worte. Gespannt sah der Doktor den Padre an, wie er wohl reagieren würde. Doch Don Anselmo zeigte keine Regung.
    »Es ist der Dämon, der aus ihr spricht und solche Worte gebraucht«, zischte er. Und an den Neurologen gewandt: »Sie wundern sich vielleicht, warum ich verschiedenes Wasser verspritzt habe. Ich wollte ganz sicher gehen, dass wir es in dem Fall nicht mit Hysterie zu tun haben. Im Zustand der Hysterie reagieren manche nur so, als ob sie besessen wären, zum Beispiel, um sich interessant zu machen. Dann wäre die Signora ein Fall für Sie, Dottore, kein Fall für den Exorzisten. Also habe ich mit dem
Exorzismus probativus
begonnen. Ich habe die Signora zuerst mit gewöhnlichem Wasser besprengt, wie Sie gesehen haben, zeigte sie keine Reaktion. Das Wasser aus der zweiten Flasche war jedoch Weihwasser. Sie konnten selbst erleben, wie der Dämon darauf reagiert hat.«
    »Don Anselmo …«, unterbrach der Studiosus seinen Lehrmeister, »Don Anselmo …«
    »Er schweige gefälligst«, herrschte der Padre den Studiosus an und nahm das rote
Rituale Romanum
zur Hand. Mit sicherem Griff schlug er die gewünschte Seite auf. Dann nahm er das Kruzifix in die Rechte und begann, wobei er das Knie vor der zitternden Signora beugte, den Ritus:
    »Allmächtiger Vater, einziger Gott, eile herbei, damit du den Menschen, den du nach deinem Ebenbild geschaffen hast, vom Untergang errettest. Richte, o Herr, deinen Zorn gegen das Tier, das deinen Weinberg abweist. Deine mächtige Rechte möge ihn bedrängen, von deiner Dienerin zu weichen, damit er nicht länger wage, die gefangen zu halten, die du für würdig erachtet hast, nach deinem Ebenbild erschaffen zu werden.«
    Die schöne Signora zerrte an den Gurten, die sie an ihr Bett fesselten. Die Riemen schmerzten und verursachten dunkelrote Spuren. Soweit es ihre Haltung zuließ, warf sie sich von einer Seite auf die andere, und dabei entblößte sie ihren makellosen Körper vor den Blicken der Männer. Sie rang nach Luft.
    Selbst der Ohnmacht nahe, öffnete der Studiosus seinen weißen durchgeschwitzten Priesterkragen. Seit seiner Entwöhnung von der Mutterbrust im Alter von eineinhalb Jahren hatte er kein sekundäres Geschlechtsmerkmal aus solcher Nähe betrachtet. Nachdem er das erregend schändliche Bild mit Wollust in sich aufgesogen hatte, warf er Don Anselmo einen vorwurfsvollen Blick zu.
    Der Neurologe, von
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