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Die 2 Chance

Titel: Die 2 Chance
Autoren: James Patterson Andrew Gross
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hierher gegangen«, erklärte Jacobi.
    Ich ging hinüber und hockte mich neben den zweiten Haufen leerer Patronenhülsen. Irgendetwas ergab keinen Sinn. Von hier konnte ich die Fassade der Kirche sehen, auch die Treppenstufen, auf denen Tasha Catchings gelegen hatte – aber nur mit Mühe.
    Ich blickte durch ein imaginäres Zielfernrohr auf die Stelle, wo Tasha gewesen sein musste, als sie getroffen wurde. Man konnte sie kaum klar erkennen. Auf gar keinen Fall konnte er die Kleine absichtlich aufs Korn genommen haben. Sie war aus einem höchst ungewöhnlichen Winkel getroffen worden.
    »Ein Zufallstreffer«, meinte Jacobi. »Ein Querschläger?«
    »Was liegt dahinter?«, fragte ich und blickte auf die Büsche. Dann bahnte ich mir einen Weg, von der Kirche weg, durchs Gebüsch. Niemand hatte den Schützen gesehen, daher war er offensichtlich nicht über die Harrow Street entkommen. Das Gebüsch war ungefähr sieben Meter tief.
    Am Ende stand ich vor einem ein Meter fünfzig hohen Maschendrahtzaun, der Begrenzung des Kirchengrundstücks. Der Zaun war nicht hoch. Ich kletterte mühelos darüber.
    Ich befand mich vor den eingezäunten Gärten hinter kleinen Reihenhäusern. Einige Menschen hatten sich dort versammelt und schauten neugierig zu mir herüber. Rechts von mir war der Spielplatz der Whitney-Young-Siedlung.
    Jacobi hatte mich inzwischen eingeholt. »Nicht so schnell, Lou«, sagte er keuchend. »Da steht Publikum. Du lässt mich schlecht aussehen.«
    »Warren, so muss der Kerl entkommen sein.« Wir blickten in beide Richtungen. Die eine führte zu einer schmalen Seitenstraße, die andere zu Reihenhäusern.
    »Hat von Ihnen jemand irgendwas gesehen?«, rief ich einer Gruppe Schaulustiger auf einer Terrasse zu. Keine Antwort.
    »Jemand hat auf die Kirche geschossen«, brüllte ich. »Ein kleines Mädchen wurde getötet. Bitte, helfen Sie uns. Wir brauchen Ihre Hilfe.«
    Alle standen da und hüllten sich in das abweisende Schweigen von Menschen, die nicht mit der Polizei reden wollen.
    Dann trat langsam eine Frau vor. Sie war um die dreißig und schob einen Jungen vor sich her. »Bernard hat was gesehen«, sagte sie mit gepresster Stimme.
    Bernard schien ungefähr sechs Jahre alt zu sein. Er hatte runde misstrauische Augen und trug ein gold-lilafarbenes Kobe-Bryant-Sweatshirt.
    »Es war ein Van«, erklärte er. »Wie der von Onkel Reggie.« Er deutete auf den Weg, der zur Seitenstraße führte. »Da unten hat er geparkt.«
    Ich kniete mich hin und schaute dem verängstigten Jungen in die Augen. »Welche Farbe hatte der Van, Bernard?«
    »Weiß.«
    »Mein Bruder hat einen weißen Dodge Minivan«, sagte Bernards Mutter.
    »Und er hat wie der von deinem Onkel ausgesehen, Bernard?«, fragte ich.
    »So ähnlich. Aber eigentlich nicht.«
    »Hast du den Mann gesehen, der ihn gefahren hat?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich hab den Müll rausgetragen. Ich hab nur gesehen, wie er weggefahren ist.«
    »Meinst du, du würdest das Auto wieder erkennen, wenn du es noch mal siehst?«
    Bernard nickte.
    »Weil es so wie das von deinem Onkel ausgesehen hat?«
    Er zögerte. »Nein, weil hinten ein Bild drauf ist.«
    »Ein Bild? Du meinst wie eine Reklame?«
    »Nein.« Er schüttelte den Kopf. Die Vollmondaugen blickten suchend umher. Dann leuchteten sie auf. »Wie das da!« Er deutete auf den Pick-up in der Einfahrt des Nachbarn. Auf dessen hinterer Stoßstange klebte ein Band mit der Aufschrift: »Cal Golden Bear.«
    »Du meinst so ein Aufkleber?«, bohrte ich nach.
    »Ja, aber auf der Tür.«
    Ich legte dem Jungen die Hände auf die Schultern. »Wie hat dieser Aufkleber ausgesehen, Bernard?«
    »Wie Mufasa, der König der Löwen.«
    »Ein Löwe?« In Gedanken ging ich sämtliche Möglichkeiten durch, die mir auf die Schnelle einfielen: Sportclubs, College Logos, Firmen…
    »Ja, wie Mufasa«, wiederholte Bernard. »Nur, dass er zwei Köpfe gehabt hat.«
    Weniger als eine Stunde später drängte ich mich durch die Menge, die sich vor dem Polizeipräsidium, der Hall of Justice, versammelt hatte. Ich war erschöpft und grauenvoll traurig, aber ich wusste, hier durfte ich das nicht zeigen.
    In der Eingangshalle des mausoleumartigen grauen Granitbaus, wo ich arbeitete, wimmelte es von Reportern und Fernsehleuten, die jedem, der irgendein Abzeichen trug, ein Mikrofon vors Gesicht hielten. Die meisten Polizeireporter kannten mich, doch ich winkte ab und ging die Treppe nach oben.
    Aber da packte mich jemand an der Schulter, und eine
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