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Dhana - Im Reich der Götter

Dhana - Im Reich der Götter

Titel: Dhana - Im Reich der Götter
Autoren: Tamora Pierce
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über
verteidigen, besonders wenn es gelang, wenigstens eine Straße offen zu halten.
    Sie kreiste hoch in der Luft und blickte nach Osten.
Zwanzig Meilen von der Stadt entfernt, erstreckte sich ein breiter, fahlbrauner,
schwarzer und grauer Streifen ohne jegliches Grün zu beiden Seiten der
Oststraße. Entlaubte Bäume ohne Borken ragten in die Luft wie Zahnstocher. Als
sie näher kam, sah und roch sie Leichen, meist von Tieren, aufgebläht von der
Hitze und stinkend. Alle Größen waren vertreten, von der kleinsten Maus bis zu
Kühen und Schafen. Je näher Dhana an diese Zone des Todes herankam, umso
weniger Tierstimmen hörte sie. Die meisten Tiere waren geflohen, sofern sie
dazu fähig gewesen waren.
    Als sie über die letzte Gruppe grüner Bäume glitt,
entdeckte sie die Abhäuter. Es waren insgesamt fünf: nasse, fleischfarbene,
zweibeinige Monsterwesen. Sie hatten keine Augen, keine Ohren, Nasen oder
Münder, aber das schienen sie auch gar nicht zu brauchen. Blindlings bewegten
sie sich rasch vorwärts. Sobald sie etwas Lebendes berührten, wurden glänzend
grüne Pflanzen stumpf, die Borke der Bäume verschwand. Innerhalb von Sekunden
wurde die Vegetation dunkel, dürr, tot. Wenn diese Wesen Dinge berührten,
wechselten Teile ihres eigenen Fleisches die Farbe, wurden braun, grün oder
rötlich, ganz wie die Strukturen von Borke oder Blättern. Jene Flecken auf den
Monsterwesen wuchsen, schrumpften und verschwanden dann rasch. Dhana war auf
die Abhäuter gestoßen, als diese sich ihren Weg durch ein Dorf bahnten. Sie
kümmerten sich nicht um kleine Gegenstände wie weggeworfene Eimer oder einen
Sack mit Lebensmitteln, der auf der Straße zurückgeblieben war. War der
Gegenstand groß, wie zum Beispiel ein Brunnen oder ein verlassener Wagen,
teilten sie sich auf, gingen darum herum und vereinigten sich wieder, um erneut
vorwärts zu streben. Hoch über ihnen griff Dhana in das Kupferfeld ihrer wilden
Magie. Sie packte es und warf es aus wie ein Netz und ließ ihre Macht sanft auf
die Abhäuter fallen. Sie erwartete nicht sie damit aufzuhalten. Wilde Magie
half ihr nur ihre Gestalt zu verändern und mit den Tieren zu sprechen. War
wilde Magie jedoch etwas, was sie mit diesen Dingen gemeinsam hatte, konnten
sie vielleicht miteinander reden. Vielleicht konnte sie diese Wesen dazu
bringen, ihre hirnlose, tödliche Wanderung abzubrechen. Ihr Netz berührte etwas
- und plötzlich klaffte ein Loch im Zentrum ihrer Magie. Sie spürte die Nähe
von Dingen, die sie nicht benennen konnte. Sie bewegten sich im äußersten
Winkel ihres geistigen Wahrnehmungsvermögens. Geschöpfe, die nicht existieren
sollten, jammerten mit Stimmen, die ihre Ohren bluten ließen. Schreckliche
Gerüche erreichten ihre Nase und zerrten an den empfindlichen Schleimhäuten.
Dhana verlor die Kontrolle über ihren Adlerkörper und fiel.
    Sowie sie ihre Tiergestalt verlor, zerbrach der Halt
ihrer Magie. In rasender Schnelligkeit verwandelte sich Dhana in das erste
Geschöpf, das ihr in den Sinn kam. Kurz bevor sie am Boden aufschlug,
peitschten Krähenflügel die Luft und trugen sie empor. Als sie in der neuen
Gestalt in Sicherheit und außer Reichweite war, blickte sie nach unten.
    Die Abhäuter hatten einen Kreis gebildet. Ihre
augenlosen Köpfe waren nach oben gerichtet, als könnten sie Dhana sehen. Dhana
beschimpfte sie mit der Erregung der Angst, verfluchte sie mit dem wundervoll
abscheulichen Wortschatz einer Krähe. Ihre Gegner waren unbeeindruckt. Sie
formierten sich wieder zu einer Reihe und marschierten vorwärts. Dhana
schauderte. Was hatte sie gespürt? Woraus bestanden diese Monster? Sie musste
Numair fragen. Vorerst aber verwandelte sie sich langsam wieder in einen
Adler. Ein Raubvogel war ein besserer Gleiter als eine Krähe und sie brauchte
die scharfen Augen des Adlers. Unter ihr schlurften die Monster weiter vorwärts.
Der am äußersten Rand gehende Abhäuter war soeben dabei über einen kleinen
Stall zu steigen, als er stehen blieb. Er bückte sich, packte die kleine Tür
und riss sie aus den Angeln. Ein Kaninchen raste an ihm vorbei auf dem Weg in
die Freiheit. Noch ehe Dhana überhaupt ahnen konnte, was passierte, schnappte
sich der Abhäuter sein Opfer und hielt seine Beute an den Ohren in die Höhe.
    Der Hase zuckte. Sein Fell und seine Haut
verschwanden, wurden mit der Schnelligkeit eines Wimpernschlages abgestreift. Fellfetzen
erschienen überall auf dem Abhäuter, zeichneten sich stumpf ab gegen die
glänzende
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