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Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Titel: Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)
Autoren: Barb J. C. Hendee
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dunkle Mantel breitete sich aus, schien an den Wänden der angrenzenden Häuser emporzuklettern. Elias hörte, wie Jeremy auf Holz klopfte, vielleicht die Tür eines Ladens. Und dann fröstelte er, noch bevor es um ihn herum kalt wurde.
    Staub nahm ihm den Atem, und hinzu kam ein überwältigender Geruch von Gewürzen.

1
    Wynn Hygeorht kniete auf dem schmalen Bett ihres steinernen Zimmers und sah aus dem Fenster. Sie beobachtete den quadratischen Innenhof des ersten Schlosses von Calm Seatt, der Heimat der Weisengilde.
    Im gelben Schein der Laternen und Fackeln an der Wand des Wachhauses konnte sie mehrere Mitglieder der Gilde erkennen. Die letzten von ihnen erreichten die große Doppeltür am Ende des Hofs und gerieten außer Sicht, als sie einen Raum betraten, der früher einmal ein Festsaal gewesen war.
    Wynn kletterte vom Bett herunter und setzte sich mit überkreuzten Beinen auf den Läufer, der den Boden bedeckte.
    Es konnte keine Rede davon sein, dass sie sich versteckte. Sie dachte in diesem Zusammenhang eher an »Zurückgezogenheit«.
    In den beiden Jahreszeiten – Sommer und Herbst – seit ihrer Rückkehr hatte sie sich mehr und mehr von den anderen Angehörigen der Gilde zurückgezogen. Manchmal wünschte sie sich sogar, noch immer auf der beschwerlichen, langen Reise zu sein, die sie nach Hause gebracht hatte, zur Königsstadt von Malourné. Und obwohl sie eine halbe Welt von den Fernländern trennte, waren ihre Erinnerungen an den östlichen Kontinent noch immer frisch.
    Auf dem Nachtschränkchen standen ein Teller mit grünen Trauben und ein Zinnbecher. Wynn seufzte und beschloss, nicht mehr in Vergangenem zu schwelgen, sondern sich auf konstruktivere Dinge zu konzentrieren.
    Sie schloss die Augen und dachte an das Wasser im Becher.
    Ihr erster Versuch eines kleinen thaumaturgischen Rituals lag inzwischen fast zwei Jahre zurück. Damals war sie bestrebt gewesen, mantische Sicht zu erlangen, um das Element des Geistes in allen seinen Manifestationen zu sehen – eine recht hochmütige Entscheidung, denn immerhin war sie keine Magierin. Ihre damaligen Gefährten Magiere, Leesil und Chap hatten einen Untoten verfolgt. Wynn war mit ihrem Ritual erfolgreich gewesen und hatte ihren Freunden geholfen ein Dorf zu retten, doch die Folgen setzten ihr immer noch zu.
    Als reisende Weise ohne neuen Auftrag und mit nur wenigen Pflichten hatte sie viel freie Zeit. Manche Abende verbrachte sie damit, den in ihr verbliebenen Schatten der mantischen Sicht zu erweitern. Bisher konnte sie kaum Erfolge vorweisen, dafür aber ein schmerzliches Missgeschick.
    Wynn hielt das geistige Bild von Wasser fest und weckte eine Erinnerung an Chap, den klugen, alten, feengeborenen Hund, der jetzt nicht mehr bei ihr weilte. Der Gedanke an ihn hatte ihr mehr als nur einmal dabei geholfen, die mantische Sicht zu beschwören. Sie dachte an seine glänzenden hellblauen Augen, sein silbergraues Fell und auch daran, wie er manchmal die Schnauze geleckt hatte, um freundschaftlichen Spott zum Ausdruck zu bringen. Als Feenwesen und somit ewige Entität der Elemente hatte Chap einst entschieden, in lebendem Fleisch geboren zu werden.
    Als Majay-hì – als einer der seltenen Wolfshunde, die das Reich der Elfen in den Fernländern durchstreiften – hatte er über Leesil, Magiere und auch Wynn gewacht. Und dann hatte er sie verlassen. Wynn vermisste ihn, auf mehr als nur eine Weise.
    Bisher war sie nur in seiner Gegenwart imstande gewesen, die Reste ihrer mantischen Sicht zu kontrollieren. Doch an diesem Abend suchte sie nicht das Element des Geistes.
    Bilder von Chap und dem Wasser imaginierend, öffnete Wynn ihre Augen und sah … nichts.
    Da war nur ihr Zimmer, mit einem kleinen Tisch, auf dem Bücher, Papier und Federkiele lagen; der Trauben-Teller und der Becher standen auf dem Nachtschränkchen. Alles wurde vom Licht des Kalt-Lampen-Kristalls erhellt.
    Wynn sackte ein wenig in sich zusammen und stieß mit dem Rücken gegen das Bett.
    Wann immer sie ihre mantische Sicht weckte und auf das Element des Geistes richtete, zeigte es sich ihr als blauweißer Dunst, der alles durchdrang. Am stärksten war er dort, wo Leben existierte, und dünner an jenen Stellen, wo das Leben schwand oder fehlte. Die fünf Elemente steckten in allen Dingen, den lebenden wie den toten.
    Einige wenige Male hatte Wynn dunkle Bereiche in jenem Dunst gesehen.
    Orte, wo es keinen Geist gab, oder vielleicht sein unbekanntes Gegenteil. Der alles durchdringende Dunst
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