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Des Teufels Kardinal

Des Teufels Kardinal

Titel: Des Teufels Kardinal
Autoren: Allan Folsom
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hier war, sonst hätten sie ihn nicht abgeholt. »Um den Leichnam meines Bruders heimzuholen… Und mit den Ermittlern zu reden.«
    »Wann haben Sie geplant, nach Rom zu kommen?«
    »Das ist nie geplant gewesen.«
    »Beantworten Sie bitte meine Frage.«
    »Samstag abend.«
    »Nicht schon vorher?«
    »Vorher? Nein, natürlich nicht.«
    »Sie haben Flug und Hotel selbst gebucht?« Das waren Pios erste Worte. Sein amerikanisch gefärbtes Englisch war nahezu akzentfrei, als sei er selbst Amerikaner oder habe lange in den Vereinigten Staaten gelebt.
    »Ja.«
    »Vorgestern?«

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    »Samstag abend. Das habe ich Ihnen schon gesagt.« Harry sah von einem zum anderen. »Ich verstehe Ihre Fragen nicht. Sie haben ge-wußt, daß ich komme. Ich habe unsere Botschaft gebeten, einen Gesprächstermin mit Ihnen zu vereinbaren.«
    Roscani ließ Harrys Reisepaß in seine Jackentasche gleiten. »Wir möchten Sie bitten, mit uns auf das Präsidium zu kommen, Mr. Addison.«
    »Wir können auch gleich hier miteinander reden. Viel zu erzählen habe ich ohnehin nicht.« Irgend etwas stimmte hier nicht.
    »Vielleicht sollten Sie das uns entscheiden lassen, Mr. Addison.«
    Harry sah nochmals von einem zum anderen. »Was geht hier vor?
    Was verschweigen Sie mir?«
    »Wir möchten uns nur eingehender mit Ihnen unterhalten, Mr. Addison.«
    »Worüber?«
    »Über die Ermordung des Kardinalvikars von Rom.«

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    Sie stellten Harrys Gepäck in den Kofferraum und fuhren eine Dreiviertelstunde lang schweigend nach Rom hinein, ohne einen Blick oder ein Wort mit ihm zu wechseln.
    Die Questura, das römische Polizeipräsidium, war ein altes, vierstöckiges Gebäude aus Sandstein und Granit in der Via di San Vitale, einer schmalen Pflasterstraße, die im Stadtzentrum von der Via Na-zionale abzweigte. Zum Haupteingang ging es unter einem Torbogen hindurch, der von bewaffneten Polizeibeamten bewacht und mit Überwachungskameras gesichert war. Die Uniformierten grüßten, als Pio mit dem Dienstwagen unter dem großen Torbogen hindurch auf den Innenhof fuhr.
    Pio stieg als erster aus und führte sie in das Gebäude und an einem Glaskasten vorbei, in dem zwei Uniformierte nicht nur den Eingang, sondern auch eine Reihe von Videomonitoren überwachten. Dann gingen sie einen hellerleuchteten Korridor entlang zum Aufzug.
    Während sie nach oben fuhren, sah Harry die beiden Männer an, bevor er den Kabinenboden musterte. Die Fahrt vom Flughafen in die Stadt hatte er nur undeutlich wahrgenommen, und das Schweigen seiner Begleiter hatte alles noch schlimmer gemacht. Aber er hatte unterwegs Zeit gehabt, sich in Ruhe zu überlegen, was hier vorging und warum er so empfangen worden war.
    Harry wußte, daß der Kardinalvikar von Rom vor acht Tagen von einem Attentäter ermordet worden war. Der Mörder hatte aus dem Fenster einer Wohnung geschossen, und es war ein Verbrechen, das nach amerikanischen Maßstäben einem Anschlag auf den Präsidenten oder eine ausgesprochene Berühmtheit gleichkam. Harrys Wissen darüber beschränkte sich jedoch auf das, was er im Fernsehen mitbekommen oder in der Zeitung überflogen hatte, nicht anders als Millionen seiner Landsleute. Daß Danny wenig später bei einem Bombenanschlag auf einen Bus umgekommen war, mußte die Polizei logischerweise interessieren. Vor allem wegen des Tenors von Dannys Anruf bei Harry. Er war ein Vatikanpriester gewesen; der ermordete Kardinal hatte innerhalb der Kirche eine wichtige Rolle gespielt.
    Und die Polizei versuchte herauszubekommen, ob es eine Verbin-24
    dung zwischen dem Mörder des Kardinals und den Busattentätern gab. Vielleicht existierte sogar eine. Aber was sollte Harry darüber wissen?

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    »Wann sind Sie Mitglied der kommunistischen Partei geworden, Mr.
    Addison?« Roscani, der einen Notizblock neben sich liegen hatte, beugte sich leicht nach vorn. »Der kommunistischen Partei?«
    »Ja.«
    »Ich bin kein Mitglied der kommunistischen Partei.«
    »Wie lange hat Ihr Bruder ihr angehört?«
    »Ich habe nie gewußt, daß er dort Mitglied ist.«
    »Sie leugnen also, daß er ein Kommunist gewesen ist?«
    »Ich leugne überhaupt nichts. Aber als Geistlicher wäre er exkom-muniziert worden.«
    Harry wollte seinen Ohren nicht trauen. Was sollte dieser Unsinn?
    Vor ihm standen zwei Schreibtische in rechtem Winkel zueinander.
    An dem einen saß Roscani, der ein gerahmtes Foto von seiner Frau und seinen drei halbwüchsigen Söhnen neben einem Computer stehen hatte, auf dem eine unglaubliche
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