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Der Zementgarten

Der Zementgarten

Titel: Der Zementgarten
Autoren: Ian McEwan
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davon war sich so ähnlich wie unsere zwei Nabel, mit dem gleichen schmalen Schlitz im Wirbel, der nach einer Seite gequetscht war, und denselben Fältchen in der Vertiefung. Es ging weiter, bis ich schließlich die Finger in Julies Mund hatte und ihre Zähne zählte und wir über unser Treiben zu lachen anfingen.
    Ich wälzte mich auf den Rücken, und Julie setzte sich, noch immer lachend, rittlings auf mich, faßte nach meinem Penis und zog ihn zu sich hinein. Es geschah sehr schnell, und plötzlich waren wir still und konnten einander nicht mehr ansehen. Julie hielt den Atem an. Etwas Weiches war mir im Weg, und wie ich in ihr größer wurde, teilte es sich und ich war tief in ihr. Sie stieß einen kleinen Seufzer aus, kniete sich nach vorn und küßte mich zart auf die Lippen. Sie hob sich leicht und ließ sich sinken. Ein kühler Schauer schlängelte sich meinen Bauch hinauf und ich seufzte auch. Schließlich sahen wir einander an. Julie lächelte und sagte, »Es ist einfach.« Ich setzte mich ein wenig auf und drückte das Gesicht an ihre Brüste. Sie nahm wieder eine Brustwarze in die Finger und suchte damit meinen Mund. Wie ich daran saugte, und derselbe Schauer den Leib meiner Schwester durchlief, hörte und spürte ich einen tiefen, regelmäßigen Pulsschlag, ein gewaltiges, dumpfes langsames Pochen, das aus dem Haus aufzusteigen und es zu schütteln schien. Ich ließ mich nach hinten fallen und Julie beugte sich nach vorn. Wir bewegten uns langsam im Takt des Geräuschs, bis es uns zu bewegen und weiterzustoßen schien. Einmal warf ich einen Blick zur Seite und sah Toms Gesicht durch die Stäbe des Gitterbetts. Ich dachte, er würde uns zuschauen, aber als ich nochmal hinsah, waren seine Augen zu. Ich schloß auch meine. Etwas später entschied Julie, es wäre Zeit, daß wir uns umdrehten. Das war nicht leicht zu machen. Mein Bein wurde unter ihrem eingeklemmt. Das Bettzeug war uns im Weg. Wir wollten uns nach einer Seite wälzen, fielen aber fast vom Bett und mußten wieder zurück. Ich klemmte Julies Haare zwischen dem Ellbogen und dem Kissen ein, und sie sagte sehr laut »Aua!« Wir fingen an zu kichern und zu vergessen, was wir vorhatten. Bald lagen wir wieder nebeneinander und hörten dem gewaltigen, rhythmischen Dröhnen zu, das sich jetzt etwas verlangsamt hatte.
    Dann hörten wir Sue Julies Namen rufen und wie sie gegen die Tür rempelte. Als Julie aufmachte, warf Sue ihr die Arme um den Hals und drückte sie an sich. Julie führte Sue zum Bett, und dort setzte sie sich, zitternd und die Lippen zusammenpressend, zwischen uns. Ich hielt ihr die Hand.
    »Er schlägt es kaputt«, sagte sie schließlich, »er hat den Vorschlaghammer da entdeckt und schlägt es kaputt.« Wir horchten. Die Schläge waren jetzt nicht mehr so laut, und manchmal gab es Pausen dazwischen. Julie stand auf, versperrte die Tür und stellte sich daneben. Eine Weile hörten wir nichts. Dann waren Schritte auf dem Weg zur Eingangstür. Julie ging ans Fenster.
    »Er steigt ins Auto.« Es war wieder eine lange Stille, bis wir den Motor anspringen und den Wagen wegfahren hörten. Das scharfe Geräusch der Reifen auf der Straße war wie ein Schrei. Julie zog die Vorhänge zu, kam zurück und setzte sich neben Sue und hielt ihr die andere Hand. So saßen wir, drei in einer Reihe, auf der Bettkante. Lange Zeit sprach niemand. Dann schienen wir aufzuwachen und flüsternd von Mammi zu reden. Wir sprachen über ihre Krankheit und wie es war, als wir sie die Treppe hinuntertrugen, und als Tom zu ihr ins Bett hineinwollte. Ich erinnerte sie an den Tag mit der Kissenschlacht, als wir allein im Haus geblieben waren. Sue und Julie hatten ihn vollständig vergessen. Wir erinnerten uns an Ferien auf dem Land, bevor Tom auf die Welt gekommen war, und besprachen, was Mammi von Derek gehalten hätte. Wir waren uns einig, daß sie ihn fortgejagt hätte. Wir waren nicht traurig, wir waren aufgeregt und eingeschüchtert. Wir kamen immer wieder aus dem Flüstern heraus, bis einer von uns »Schsch!« machte. Wir sprachen von der Geburtstagsfeier an Mammis Bett, und von Julies Handstand. Wir wollten, daß sie ihn noch einmal machte. Sie räumte sich mit Fußtritten ein paar Kleider aus dem Weg und warf sich kopfüber in die Luft. Ihre dunklen, braunen Glieder gerieten kaum ins Zittern, und als sie wieder unten war, klatschten Sue und ich leise. Erst das Geräusch von zwei oder drei anhaltenden Wagen, von zuschlagenden Türen und den eiligen Schritten
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