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Der Zauberfinger

Der Zauberfinger

Titel: Der Zauberfinger
Autoren: Roald Dahl
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Vogel, der lacht.
    Ich legte schleunigst den Hörer auf.
    „Oh, dieser Zauberfinger!“ rief ich. „Was hat er bloß mit meinen Freunden gemacht?“
    In der Nacht, während Herr und Frau Hei und Philipp und Willi in ihrem hohen Nest ein bißchen zu schlafen versuchten, erhob sich ein gewaltiger Wind. Der Baum schwankte hin und her, und alle, sogar Herr Hei, hatten Angst, das Nest könne herunterfallen. Dann kam der Regen. Es regnete und regnete, und das Wasser lief ins Nest, und alle wurden durch und durch naß –
    und, ach! es war eine ganz, ganz schreckliche Nacht!
    Endlich kam der Morgen und mit ihm die warme Sonne.
    „So!“ sagte Frau Hei. „Das ist ja nun zum Glück vorbei! Ich möchte nie wieder in einem Nest schlafen!“ Sie richtete sich auf und guckte über den Rand...
    „Hilfe!“ schrie sie. „Da! Guckt mal da unten!“
    „Was ist denn, meine Liebe?“ fragte Herr Hei. Er stand auf und linste vorsichtig über den Nestrand. Und kriegte den größten Schreck seines Lebens!

    29

    Unten auf der Erde standen die vier
    Riesenenten, so groß wie Menschen, und drei 30
    von ihnen hielten eine Flinte im Anschlag. Eine hatte Herrn Heis Flinte, eine hatte Philipps Flinte und eine hatte Willis Flinte.
    Alle drei Flinten zeigten genau auf das Nest.
    „Nein! Nein! Nein!“ riefen Herr und Frau Hei gleichzeitig. „Nicht schießen! Bitte nicht schießen!“
    „Warum nicht?“ fragte eine von den Enten. Es war die, die keine Flinte hielt. „Ihr schießt doch auch immer auf uns.“
    „Oh, das ist aber nicht dasselbe!“ sagte Herr Hei.
    „Wir dürfen Enten schießen!“
    „Wer hat gesagt, daß ihr es dürft?“ fragte die Ente.
    „Einer sagt’s dem anderen. Wir erlauben es uns gegenseitig“, antwortete Herr Hei.
    „Na, prima“, sagte die Ente. „Und jetzt erlauben wir es uns gegenseitig, euch zu schießen.“

    (Für mein Leben gern hätte ich Herrn Heis Gesicht in dem Augenblick gesehen!)

    „Oh, bitte !“ rief Frau Hei. „Unsere beiden kleinen Kinder sind hier oben bei uns! Ihr wollt doch sicher nicht meine Kinder totschießen!“
    „Gestern habt ihr meine Kinder totgeschossen“, sagte die Ente. „Alle sechs habt ihr mir totgeschossen.“

    31
    „Ich will’s nie wieder tun!“ rief Herr Hei. „Nie, nie, nie!“
    „Ehrlich?“ fragte die Ente.
    „O ja, ehrlich!“ sagte Herr Hei. „In meinem ganzen Leben will ich nie wieder eine Ente schießen!“
    „Das genügt nicht“, sagte die Ente. „Nämlich zum Beispiel die Rehe?“
    „Ich tu alles, was ihr von mir wollt, wenn ihr nur endlich die Flinten herunternehmt!“ rief Herr Hei.
    „Ich schieße bis an mein Lebensende keine Ente mehr und kein Reh mehr und überhaupt nichts mehr!“
    „Gibst du mir dein Wort darauf?“ fragte die Ente.
    „Ja! Ja!“ sagte Herr Hei.
    „Wirfst du deine Flinten weg?“ fragte die Ente.
    „Ich zerbreche sie in tausend winzige Stücke!“
    sagte Herr Hei. „Und ihr braucht nie wieder Angst vor mir oder meinen Kindern zu haben.“
    „Gut“, sagte die Ente. „Dann dürft ihr jetzt runterkommen.“
    „Und darf ich Ihnen übrigens zu Ihrem Nest gratulieren? Gar nicht schlecht für einen ersten Versuch!“
    Herr und Frau Hei und Philipp und Willi hüpften aus dem Nest und flogen nach unten. Da wurde ihnen plötzlich schwarz vor Augen, und sie konnten nichts mehr sehen. Gleichzeitig überfiel 32
    alle vier ein komisches Gefühl, und es brauste in ihren Ohren wie ein mächtiger Sturm.
    Dann wurde das Schwarz vor ihren Augen zu BLAU

    zu
    GRÜN

    zu ROT

    und
    dann
    zu
    GOLD

    und plötzlich standen sie im schönsten hellen Sonnenschein auf ihrem eigenen Hof, dicht beim Haus, und alles war wieder ganz genauso wie vorher.
    „Unsere Flügel sind weg!“ rief Herr Hei.
    „Und unsere Arme sind wieder da!“
    „Und wir sind nicht mehr winzig!“ lachte Frau Hei.
    „Ach, wie bin ich froh!“
    Philipp und Willi fingen vor Freude an zu tanzen.
    Da hörten sie hoch über sich den Ruf einer Wildente. Alle schauten nach oben, und sie sahen die vier Vögel, die, dicht beieinander und wunderschön anzuschauen vor dem blauen Himmel, zum See im Wald zurückflogen.
    Ungefähr eine halbe Stunde darauf muß es gewesen sein, als ich zu Heis auf den Hof kam.
    Ich war hingegangen, um herauszufinden, wie es 33
    um sie stand, und ich muß zugeben, ich rechnete mit dem Schlimmsten. Am Tor blieb ich stehen und riß die Augen weit auf. Es war solch ein merkwürdiger Anblick.
    In einer Ecke zertrümmerte Herr Hei gerade alle drei
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