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Der Zauberfinger

Der Zauberfinger

Titel: Der Zauberfinger
Autoren: Roald Dahl
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ich. „K-a-z-e.“

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    „Du dummes kleines Mädchen!“ sagte Frau Winter.
    „Ich bin kein dummes kleines Mädchen!“ rief ich.
    „Ich bin ein sehr nettes kleines Mädchen!“
    „Geh und stell dich in die Ecke“, sagte Frau Winter.
    Da kriegte ich die Wut, und ich sah rot, und ich zeigte mit dem Zauberfinger so fest, wie es ging, auf Frau Winter, und beinahe sofort...
    Na, was wohl?
    Wuchsen ihr Barthaare aus dem Gesicht!
    Es waren lange schwarze Barthaare, wie eine Katze sie hat, nur viel dicker und länger. Und wie fix die gewachsen sind!
    Ehe wir überhaupt nachdenken konnten, standen sie schon bis an die Ohren!
    Natürlich schrie die ganze Klasse vor Lachen, und da sagte Frau Winter: „Würdet ihr mir mal gefälligst sagen, was hier so irrsinnig komisch ist?“
    Und als sie sich umdrehte, um irgend etwas an die Tafel zu schreiben, sahen wir, daß ihr auch ein Schwanz gewachsen war! Jawohl, EIN RIESIGER BUSCHIGER SCHWANZ!

    11

    Ich kann nun unmöglich noch erzählen, wie es weiterging, aber falls jemand vielleicht wissen 12
    möchte, ob Frau Winter jetzt wieder ganz die alte ist, so muß ich NEIN darauf antworten.
    Und sie wird’s auch nie wieder. Meinen Zauberfinger habe ich schon, so lange ich lebe.
    Ich kann euch nicht erklären, wie ich damit zaubere, weil ich’s selber auch nicht genau weiß.
    Aber es passiert immer, wenn ich wütend werde, wenn ich rot sehe...
    Dann wird mir ganz heiß am ganzen Körper...
    Dann fängt’s in der Spitze meines rechten Zeigefingers ganz schrecklich an zu prickeln...
    Und plötzlich schießt eine Art Blitz aus mir, ein schneller weißer Blitz, wie etwas Elektrisches.
    Er springt raus und berührt denjenigen, der mich wütend gemacht hat...
    Und von nun an ist er oder sie unterm Zauber des Zauberfingers, und es tut sich was...

    Hm, der Zauber war nun also auf der ganzen Familie Hei und konnte nicht mehr von ihr genommen werden.
    Ich rannte nach Hause und wartete darauf, daß sich etwas tat.
    Und ob sich etwas tat! Oje!
    Ich erzähle euch jetzt, was sich tat. Ich habe es am nächsten Morgen von Philipp und Willi erfahren, als alles vorbei war.
    Gleich am Nachmittag desselben Tages, an dem ich die Familie Hei mit meinem Zauberfinger 13
    verhext habe, gingen Herr Hei und Philipp und Willi schon wieder auf die Jagd. Diesmal wollten sie Wildenten schießen, also machten sie sich auf den Weg zum See. In der ersten Stunde erwischten sie zehn Enten.
    In der nächsten Stunde erwischten sie noch sechs.
    „Toller Tag!“ rief Herr Hei. „So toll war’s noch nie!“ Er war außer sich vor Freude.
    In dem Augenblick flogen noch vier andere Wildenten über sie weg.
    Sie flogen sehr niedrig. Sie waren leicht zutreffen.
    PENG! PENG! PENG! PENG! machten die
    Flinten. Die Enten flogen weiter.
    „Alle vier Schuß daneben!“ sagte Herr Hei. „Wie komisch.“
    Da machten die vier Enten zu ihrer
    Überraschung kehrt und kamen noch einmal genau auf die Flinten zugeflogen.
    „Mensch!“ sagte Herr Hei. „Das ist doch nicht zu glauben! Diesmal sind sie aber wirklich selber schuld!“ Er schoß wieder auf die Enten, die Jungen auch. Und wieder schossen alle daneben!

    14

    Herr Hei wurde hochrot im Gesicht.

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    „Muß das Licht sein“, sagte er. „Kein Büchsenlicht mehr. Kommt, wir gehen nach Hause.“
    Also beluden sie sich mit den sechzehn Vögeln, die sie geschossen hatten, und machten sich auf den Heimweg.
    Aber die vier Enten ließen sie nicht in Ruhe Sie fingen jetzt an, immer im Kreis um die Jäger herumzufliegen.
    Herrn Hei gefiel das überhaupt nicht.
    „Weg mit euch!“ rief er und schoß noch so manches Mal nach ihnen, aber es nützte nichts.
    Er konnte sie einfach nicht treffen.
    Den ganzen Heimweg über kreisten diese vier Enten über ihnen am Himmel, und nichts konnte sie dazu bewegen abzuschwirren.
    Spätabends, als Philipp und Willi schon im Bett waren, ging Herr Hei noch einmal nach draußen, um Feuerholz für den Kamin zu holen.
    Er überquerte gerade den Hof, da hörte er hoch über sich eine Wildente schreien.
    Er blieb stehen und guckte nach oben.
    Die Nacht war sehr still. Eine dünne gelbe Mondsichel stand über den Bäumen auf dem Berg, und der Himmel funkelte von Sternen. Jetzt hörte Herr Hei Flügelrauschen dicht über seinem Kopf, und er sah die vier Enten, die sich, eng beieinander fliegend, dunkel vom Nachthimmel abhoben. Sie flogen immerzu ums Haus.

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    Herr Hei vergaß Kamin und Feuerholz und rannte schleunigst ins Haus zurück.
    Nun hatte
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