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Der Wunsch des Re

Der Wunsch des Re

Titel: Der Wunsch des Re
Autoren: Anke Dietrich
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–, das wusste auch sie nicht mehr zu sagen und konnte es auch nicht erahnen. So wie die anderen der kleinen Gruppe, ausgenommen vielleicht Ramose, hatte auch sie nicht nur ihr Zeitgefühl verloren, sondern auch jeglichen Sinn für Richtung und Höhenlage.
    Manche Gänge waren nur roh aus dem Felsen gehauen, andere kunstfertig mit rotem Granit ausgekleidet. Einmal hatte Satra vermeint, das Plätschern von Wasser gehört zu haben, aber sicher war sie sich nicht. Vielleicht hatte sie es sich auch nur eingebildet. Sie wusste es nicht.
    Was sie sich allerdings nicht einbildete, war das Vorhandensein von Etwas, das sie nicht beschreiben konnte. Ihr war, als ob sie manchmal ein kalter Hauch streifen würde und etwas sich ihr zu nähern versuchte, etwas, das ihr nicht freundlich gesonnen war.
    »O Großer Gott Osiris, bitte beschütze mich vor dem, was auch immer es sein mag, und ich verspreche, endlich meine Zweifel fallen zu lassen«, flüsterte sie leise vor sich hin in der Hoffnung, dass, sollte es Osiris und die übrigen Götter geben, er ihr beistehen würde.
    Als sie vor neun weiteren Türen standen, kam diese bedrohliche Präsenz ganz nah an sie heran.
    Kalter Schweiß brach ihr aus allen Poren, und zitternd vor Angst trat sie unwillkürlich dichter an Amunhotep heran, der direkt vor ihr stand.
    Missmutig warf ihr der Priester einen Blick über die Schulter zu.
    »Vergib mir, Herr«, wisperte sie, »aber da ist irgendwas!« Ihre Stimme bebte, als sie sprach, doch Amunhotep äußerte sich nicht dazu, denn Ramose öffnete die nächste Tür.
    Diese führte zu einer riesigen Halle, die so groß war, dass das Licht der Öllampen sie nicht zu erhellen vermochte. Dann geschah etwas, worauf zumindest Satra nicht gefasst gewesen war. Der Hohepriester des Re griff links neben dem Eingang in eine Vertiefung, und die gesamte Halle erstrahlte in einem warmen Licht.
    Verblüfft starrte Satra nach oben und sah, dass die Decke lichtdurchflutet war. Es sah beinahe aus wie künstliches Licht, aber wie war das nur möglich? Unterlag sie einer Sinnestäuschung? Sie wusste es nicht und war einfach nur überrascht.
    Nachdem sie sich wieder gefangen hatte, begannen sich ihre Gedanken zu überschlagen.
    Sollte es in dieser Zeit schon so etwas wie elektrisches Licht gegeben haben?
    Ein ungläubiges, doch leicht amüsiertes Lächeln huschte über ihr Gesicht.
    Warum auch nicht?, sagte sie sich. Wenn diese gigantische Halle tatsächlich von übernatürlichen, von göttlichen Wesen erbaut worden war, hatten diese selbstverständlich auch für eine standesgemäße Beleuchtung gesorgt.
    Ihr Grinsen wurde immer breiter. Diese Vorstellung war einfach zu grotesk!
    Irgendwann konnte sie nicht mehr an sich halten und begann zu kichern, erst leise, dann immer lauter, und ihr Lachen wurde von der Decke und den Wänden des riesigen Saals zurückgeworfen. Der König und die Priester mussten sie für verrückt halten, schoss es ihr durch den Kopf, aber das war ihr im Moment einerlei.
    Der Hohepriester des Ptah warf dem des Re einen vielsagenden Blick zu und schmunzelte überheblich. Es war nicht anders zu erwarten gewesen, als dass ein schlichtes Gemüt dem Wahnsinn anheimfiel, wenn man es mit Dingen konfrontierte, welche nur den ersten Dienern der Götter zu sehen erlaubt war.
    Ramose nickte bestätigend, während sein Blick weiter zu Ramses und Amunhotep schwenkte, die beide ziemlich ratlos wirkten. Anscheinend wussten sie nicht so recht, was sie von der Reaktion der Dienerin halten sollten. Dennoch unternahmen sie nichts dagegen.
    »Mäßige dich!«, herrschte Ramose sie schließlich an. »Das hier ist ein heiliger Ort, und deine Anwesenheit ist schon eine Entweihung! Also störe nicht auch noch die Ruhe!« Wütend war er auf sie zugetreten, hatte sie an den Schultern gepackt und schüttelte sie. »Weißt du überhaupt, was das hier ist?«
    Schlagartig verstummte Satras Lachen. Herausfordernd sah sie den kleinen, dünnen Mann von oben herab an. »Weißt du es denn?«
    Über diese Frechheit verblüfft, ließ der Ptah-Hohepriester die Schultern der Dienerin los.
    Satra hingegen trat an ihm vorbei in die Mitte der Halle.
    Sie schätzte, dass die Größe des Saals mindestens fünfunddreißig auf fünfundvierzig Ellen betrug und die Höhe mit dreißig Ellen nicht zu groß bemessen sein konnte. Es war gewaltig, was sie sah.
    Der gesamte Raum war mit rotem Granit ausgekleidet. Der Boden erstrahlte in Gold mit farbigen Einlagen aus Fayence und Glasfluss,
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