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Der Vollstrecker

Der Vollstrecker

Titel: Der Vollstrecker
Autoren: Chris Carter
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erspähte Hunter einen Wasserkessel.
    Â»Soll ich dir noch eine Tasse machen? Die da sieht so aus, als wäre sie schon kalt«, fragte er freundlich, sobald der Officer gegangen war.
    Jetzt endlich sah der Junge auf. Seine Augen waren weit aufgerissen und angsterfüllt.
    Â»Nein, Sir, ist schon gut«, flüsterte er so leise, dass Hunter ihn kaum verstand.
    Â»Hast du was dagegen, wenn ich mich setze?«, fragte Hunter und trat einen Schritt näher.
    Ein unmerkliches Kopfschütteln.
    Er setzte sich neben dem Jungen aufs Bett. Garcia zog es vor, stehen zu bleiben.
    Â»Ich heiße Robert Hunter. Ich bin Detective beim Morddezernat. Der hässliche Troll da drüben ist mein Partner Carlos Garcia.«
    Das Gespenst eines Lächelns zuckte über die Lippen des Jungen, als sein Blick ganz kurz zu Garcia huschte. Dann stellte er sich selbst mit dünner Stimme als Her­mano Cordobes vor.
    Â»Wäre es dir lieber, wenn wir uns auf Spanisch unterhalten, muchacho ?«, fragte Hunter, während er sich in Nachahmung von Hermanos Sitzposition nach vorn lehnte und die Ellbogen auf den Knien abstützte.
    Â»Nein, Sir. Englisch ist schon in Ordnung.«
    Hunter stieß erleichtert die Luft aus. »Da bin ich aber froh. Muchacho ist nämlich so ziemlich das einzige spanische Wort, das ich kenne.«
    Damit war es ihm gelungen, das Eis zu brechen. Der Junge schenkte ihnen ein scheues Lächeln.
    Die ersten paar Minuten sprachen sie über Hermano und darüber, wie er zu seinem Posten als Ministrant an der Kirche der Sieben Heiligen gekommen war. Vater Fabian hatte ihn als Elfjährigen von der Straße aufgelesen. Er hatte gebettelt, seit er mit zehn von zu Hause und seinem gewalttätigen Vater weggelaufen war. Vor zwei Wochen sei er vierzehn geworden, teilte er den Detectives mit.
    Mittlerweile kamen die ersten Strahlen Tageslicht durch die dicken Vorhänge hereingekrochen, die vor dem Fenster über Hermanos Bett hingen. Hunter beschloss, dass der Junge jetzt entspannt genug war. Es wurde Zeit, die unangenehmen Fragen zu stellen.
    9
    K annst du uns erzählen, was heute Morgen passiert ist?«, fragte Hunter mit sanfter Stimme.
    Hermano blickte zu ihm auf, und seine Unterlippe begann zu zittern. »Ich bin um Viertel nach vier aufgestanden. Ich hab geduscht und dann meine Gebete aufgesagt, und dann bin ich um Viertel vor fünf rübergegangen in die Kirche. Ich muss immer dafür sorgen, dass für die erste Messe um halb sieben alles vorbereitet ist.«
    Hunter schenkte ihm ein freundliches Lächeln und erlaubte ihm, in seinem eigenen Tempo fortzufahren.
    Â»Gleich als ich reingekommen bin, hab ich gewusst, dass was nicht stimmt.«
    Â»Wieso?«
    Hermano hob die rechte Hand an den Mund und kaute an den kläglichen Überresten eines Fingernagels. »Ein paar Kerzen haben noch gebrannt. Vater Fabian achtet immer drauf, dass alle aus sind, wenn er abends die Kirche zumacht.«
    Â»Hat Vater Fabian die Kirche immer selbst abgeschlossen?«
    Â»Ja.« Hermano ließ von dem Nagel ab und nahm sich einen anderen vor. »Das war die einzige Zeit, in der er die Kirche ganz für sich allein hatte. Das war ihm wichtig.« Hermanos Stimme geriet ins Stocken, Tränen rannen ihm die Wangen hinab.
    Hunter fischte ein Papiertaschentuch aus seiner Jackentasche.
    Â»Danke, Sir. Tut mir leid …«
    Â»Das muss dir nicht leidtun«, sagte Hunter besänftigend. »Lass dir ruhig Zeit. Ich weiß, wie schwer das für dich sein muss.«
    Hermano wischte sich die Tränen weg und holte zitternd Luft. »Ich hab gleich gesehen, dass der Altar in Unordnung war. Die Kerzenständer haben auf dem Boden gelegen. Der Kelch war umgekippt, und das Altartuch sah ganz fleckig aus. Als hätte jemand irgendwas draufgeschmiert.«
    Â»Ist dir aufgefallen, ob sonst noch jemand in der Kirche war?«
    Â»Nein, Sir. Ich glaub nicht. Es war ganz still, so wie immer um die Zeit. Die Tür war noch abgeschlossen.«
    Â»Okay, und was hast du dann gemacht?«, fragte Hunter weiter. Sein hellwacher Blick registrierte jede noch so kleine Regung des Jungen.
    Â»Ich bin zum Altar, um nachzusehen, was los ist. Ich dachte, vielleicht ist jemand eingebrochen und hat rumgesprayt. Graffiti. Die Gegend hier ist nicht gerade die beste. Manche der Gangs hier haben keinen Respekt vor irgendwas. Nicht mal vor unserem Herrn Jesus Christus.«
    Â»Hattet ihr schon mal
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