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Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition)

Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition)

Titel: Der viktorianische Vibrator: Törichte bis tödliche Erfindungen aus dem Zeitalter der Technik (German Edition)
Autoren: Frank Patalong
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Anwendungsreife kamen, muss das Tempo des Fortschritts atemberaubend gewesen sein. Auch in dem hier vorliegenden Buch spielt diese Epoche die Hauptrolle: Zu keiner Zeit kochte die Technik-Euphorie höher. Zu keiner Zeit erfanden und erdachten die Menschen gewagtere – oder auch unsinnigere, aberwitzigere und gefährlichere – Dinge.
    Technik-Begeisterung schreiben wir heute generell eher den jüngeren Generationen zu. Kennen wir nicht, hatten wir nicht, wollen wir nicht – lautet so das Motto der Senioren-Generation?
    Wenn frühere Generationen aus technikfeindlichen Skeptikern bestanden hätten, wären wir nicht da, wo wir heute sind.
    Die Wahrheit ist: Alles Neue, das verfügbar und erschwinglich war, das wurde mit Begeisterung aufgenommen. Neben all den Geschichten über Kriegstage und Handwäsche, Bügeln mit Kohleneisen, schlechte Heizung und dem dazugehörigen »Und wir waren auch zufrieden!« scheint es nur leider keine einzige zu geben, die davon erzählt, wie irgendjemand freiwillig auf die technischen Lösungen für die Härten des Alltags verzichtet hat. Selbst die härtesten Grummler und Meckerer der »Bleib-mir-weg-mit-dem-neumodischen-Zeug!«-Fraktion waren allesamt zu ihrer Zeit Early Adopters. Sobald man sich eine Technologie leisten konnte, wurde sie auch gekauft. So schnell wie möglich – und zwar nicht nur Dinge, die man wirklich brauchte. Meine Großeltern hingen sich in den 70ern einen Luftkompressor neben die Badewanne, der das Wasser schön zum Blubbern brachte. Stereoanlagen, Filmprojektoren und immer größere, bald bunte Fernseher waren für diese Generation das, was für uns heute iPods, Beamer und Flachbildfernseher sind: Innovationen, die sehr, sehr bald schon Teil des Alltagslebens werden.
    In Wahrheit sind wir alle Technik-Freaks und waren das schon immer. Es gehört zu unseren Urerfahrungen, dass technologische Innovationen uns das Leben erleichtern – seit im Neolithikum irgendein Steinzeit-Edison Speerschleuder, Pfeil und Bogen und später den Pflug erfand.
    Immer wieder hat es dabei Phasen gegeben, in denen diese Neuerungen ganz besonders schnell und mächtig unser Leben und unseren Alltag umgekrempelt haben. Wir haben selbst gerade eine solche Phase erlebt, mit der sogenannten »digitalen Revolution«, die Anfang der 80er begann und seit 1990 die Welt verwandelt hat. Von vielen wurde sie trotzdem noch nicht einmal wahrgenommen und erst viel später im Rückblick erkannt. Schließlich befinden wir uns lange schon in einer weitestgehend technisierten Welt, deren von technischen Innovationen angeschobene Veränderungen folglich eher qualitativer als grundsätzlicher Natur sind.
    Für die Menschen, die am Anfang dieser Entwicklung standen, muss das völlig anders gewesen sein. In den 120 Jahren ab circa 1800 wurden die meisten der Dinge erfunden, die unser Leben heute prägen. Wie kamen diese wundersamen Erfindungen bei ihnen an, was konnte sie begeistern – und wie gingen sie damit um? Neben all dem Nützlichen, das damals entstand: Was dachten sich unsere Vorfahren sonst noch aus? Entstanden manche Techniken vielleicht nur deshalb, weil sie Spaß machten und Geld einbrachten? Welchen Blödsinn haben wir verdrängt, was davon scheiterte mit Kawumm?
    Wenn es um Geschichte geht, neigen wir dazu, nur an die Erfindungen zu denken, die sich im Nachhinein als Meilensteine herausgestellt haben. Sieht man sich die Sache jedoch genauer an, so findet man heraus: Bei vielen Entdeckungen hatte man zunächst keinen blassen Schimmer davon, was man Sinnvolles damit anfangen sollte, jahrzehntelang teilweise nicht. Dass sie trotzdem nicht in Vergessenheit gerieten und bereitstanden, als man sich endlich sinnvolle Anwendungen dafür ausgedacht hatte, ist dem Phänomen Greg Packer nicht unähnlich: Schon 1660 gab es Nerds, die bereit waren, Innovationen mit atemberaubendem Enthusiasmus anzunehmen, aus Überzeugung, Lust am Experimentieren oder – wie bei Herrn Packer – aus Prestigegründen.
    Für viele der Technologien, die heute zu den Grundpfeilern unserer technisierten Welt gehören, fiel den Menschen als Erstes eine Spaßanwendung ein. Insbesondere der Blick aufs 19. Jahrhundert, als die neuen technologischen Möglichkeiten regelrecht ins Kraut schossen, offenbart eine oft kindlich anmutende Experimentierfreude. Mit scheinbar grenzenlosem Optimismus umarmte man Möglichkeiten, von denen man einfach annahm, dass sie sich vorteilhaft entwickeln würden.
    Alles wurde ausprobiert – in
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