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Der untröstliche Witwer von Montparnasse

Der untröstliche Witwer von Montparnasse

Titel: Der untröstliche Witwer von Montparnasse
Autoren: Fred Vargas
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gesagt, Marthe!« sagte Clement und schüttelte sie. »Ich habe die Frau nicht umgebracht!«
    »Wenn du's nicht warst, war es vielleicht der liebe Gott?«
    »Du mußt mir helfen«, fuhr Clement flüsternd fort und umklammerte Marthes Schultern, »sonst kriegen sie mich!«
    »Du lügst.«
    »Ich kann nicht lügen, das hast du auch immer gesagt! Du hast gesagt, man braucht zu viele Ideen, um zu lügen.«
    Ja, sie erinnerte sich. Clement war unfähig, etwas zu erfinden. Weder einen kleinen Witz noch einen Trick und erst recht keine Lüge. Marthe dachte wieder an diesen Dreckskerl von Vater Simon, der ständig auf den Boden spuckte, während er den Kleinen beschimpfte. »Sauberes Früchtchen ... aus dem wird noch ein Mörder ...« Tränen brannten ihr in den Augen. Sie löste Clements Hände von ihren Schultern, schneuzte sich geräuschvoll in die Papierserviette und atmete tief durch. Sie und Clement würden schließlich recht behalten, das konnte gar nicht anders sein. Sie oder der alte Simon, beides ging nicht.
    »Gut«, sagte sie und schniefte. »Fang noch mal an.«
    »Klein a«, begann Clement erschöpft von neuem, »ich habe das Mädchen überwacht. Das war nur für die Arbeit, die man von mir verlangt hat. Und der Rest ist nur ein ... ein ...«
    »Zufall?«
    »Zufall. Sie suchen mich, weil sie mich in ihrer Straße gesehen haben, was mich angeht. Ich habe gearbeitet. Nicht lang davor habe ich noch ein Mädchen überwacht. Genauso, für die Arbeit.«
    »Noch ein Mädchen?« fragte Marthe erschreckt. »Erinnerst du dich, wo?«
    »Warte«, sagte Clement und drückte mit dem Finger auf den Nasenflügel. »Ich suche.«
    Marthe stand abrupt auf und ging zu ihrem Zeitungsstapel unter der Spüle. Sie zog eine Zeitung aus dem Stoß heraus und überflog sie eilig.
    »Etwa am Square d'Aquitaine, Clement?«
    »Genau da«, sagte Clement und lächelte erleichtert. »Da hat das erste Mädchen gewohnt. Eine ganz kleine Straße, ganz am Rand von Paris.«
    »Mein armer Junge«, murmelte sie. »Mein armer Junge, weißt du denn nichts davon?«
    Clement, immer noch auf den Knien, sah Marthe mit offenem Mund an.
    »Das ist kein Zufall«, sagte Marthe leise. »Am Square d'Aquitaine ist vor zehn Tagen eine Frau ermordet worden.«
    »War da auch eine Topfpflanze?« fragte Clement, der wieder zu flüstern anfing.
    Marthe zuckte mit den Achseln.
    »Ein hübscher Farn«, murmelte Clement. »Den hab ich ausgesucht, persönlich. Das hat man mir als Auftrag gegeben.«
    »Von wem redest du?«
    »Der, der mich in Nevers angerufen hat, um Akkordeonspieler in seinem Restaurant in Paris zu sein. Aber das Restaurant war schließlich noch nicht fertig. Er hat mir gesagt, ich soll zwei Kellnerinnen überwachen, von denen, die er einstellen will, und man muß deshalb vorher wissen, ob sie anständig sind.«
    »Mein armer Clement ...«
    »Glaubst du, daß man mich am Square d'Aquitaine auch gesehen hat?«
    »Natürlich hat man dich da gesehen. Das ist sogar der Grund dafür, daß man dich dahin geschickt hat, mein armer Junge: damit man dich sieht. Verdammt, hättest du dir nicht denken können, daß das eine ziemlich merkwürdige Arbeit ist?«
    Clement starrte Marthe mit großen Augen an.
    »Ich bin ein Dummkopf, Marthe. Das weißt du doch.«
    »Aber nein, Clement, du bist kein Dummkopf. Und von dem ersten Mord hast du nichts in den Nachrichten gehört?«
    »Ich war im Hotel, ich hatte kein Radio.«
    »Und die Zeitung?«
    Clement senkte ein wenig den Kopf.
    »Na ja, wegen dem Lesen ..., ich hab bißchen was davon vergessen.«
    »Kannst du nicht mehr lesen?« rief Marthe.
    »Nicht so gut. Auf der Zeitung ist das so klein.«
    »Na bitte«, seufzte Marthe erregt. »Da siehst du, was passiert, wenn man mit dem Lernen einfach aufhört.«
    »Ich stecke in einer Mannschaft, Marthe, in einer schrecklichen Mannschaft.«
    »In einer schrecklichen Machenschaft ,Clement. Du hast recht. Und glaub mir, das ist zu groß für uns.«
    »Sind wir erledigt?«
    »Wir sind nicht erledigt. Denn weißt du, mein kleiner Mann, die alte Marthe kennt eine Menge Leute. Und ein paar ziemlich fähige. Zu so was ist die Bildung da, verstehst du?«
    Clement nickte.
    »Zunächst was anderes«, fuhr Marthe fort und stand auf. »Hast du irgend jemandem erzählt, daß du hierherkommst?«
    »Nein.«
    »Bist du sicher? Denk nach. Hast du niemandem von mir erzählt?«
    »Aber doch, den Mädchen. Ich hab vierzig Mädchen auf den Straßen gefragt, um dich zu finden. Ich kann das Telefonbuch
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