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Der Untergang der Telestadt

Der Untergang der Telestadt

Titel: Der Untergang der Telestadt
Autoren: Alexander Kröger
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nachhinein gewahrte. Und es schien mir sicher: Carlos würde Wertvolles zu diesem Bericht beitragen. In seiner zurückhaltenden Art hat er seinerzeit bestimmt eine Menge von den Ereignissen aufge nommen, in ihnen gesehen, worüber er nicht gesprochen, sich nicht ausgetauscht hatte. Nicht einmal mit Inge. Insofern auch fand ich an diesem Projekt immer mehr Gefallen.
    Ich verabschiedete mich von Inge, nicht ohne daß ich ihr zusagen mußte, sie bei Gelegenheit zu besuchen, dann, wenn Carlos wieder zurück sein würde. Ich solle ja Sefa mitbringen. Sie wolle sie unbedingt kennenlernen, eine Frau, die gleich zwei andere, und so prachtvolle, ausgestochen hätte…
    Eigenartig empfand ich, daß uns, die wir nach der Expedition auseinandergelaufen waren – ich zum Beispiel hatte mich seitdem mit keinem der alten Crew je getroffen –, nun diese Geschichte einander wieder näher brachte und – erging es den anderen so wie mir – in einer eigenartigen Spannung band.
    Noch am selben Tag sagte ich dem Verlag meine Mitarbeit an diesem sonderbaren Bericht zu.

    Über eine Woche benötigte ich, um das heranzuschaffen, was ich glaubte, für diese Unternehmung zu brauchen. Zunächst besorgte ich das eigentlich Nebensächliche: Mit Bedacht wählte ich die anscheinend beste Diktatschreibmaschine mit Endlosspeicher und Schirm, Umbrecher und Vorleser und natürlich mit einem Schnelldrucker.
    Für einige dieser nicht unkomplizierten Geräte mußte ich Leistungsbons herausrücken, von denen ich aber – wegen der hohen Raumprämie – ohnehin genügend besaß. Sogar Sefa brummelte deswegen nicht. Im Prinzip schwärmte sie mehr fürs Praktische. Haushaltsluxus zum Beispiel lockte sie stets aus der Reserve.
    Der Magaziner nähme, wie er mir versicherte, die Geräte, wenn ich sie pfleglich behandle, wieder zurück nach dem Gebrauch.
    Dann begann ich mir das Wesentliche zu besorgen: Konzept und Ergebnisbericht unserer Reise, eine Kopie des Bordjournals. Diese war nicht so einfach zu erlangen. Obwohl ich der letzte war, der mit dieser Arbeit begann, brauchte ich – wie die anderen vorher – eine Sondergenehmigung, die ich aber glücklicherweise videophonisch einholen konnte. Was im allgemeinen noch fehlte und worüber zum Beispiel Lisa arg klagte – sie rief mich deswegen sogar noch zweimal an –, waren die alten Unterlagen zur TELESALT-Unternehmung, die ich mir ja, aus einem allgemeinen Interesse heraus, bereits beschafft hatte, und ich überstellte sie – was ich wahrscheinlich nicht gedurft hätte – auf Lisas Telespeicher. Dabei probierte ich gleich meinen neuen Vorleser aus.
    An einem sonnigen Frühherbsttag, Sefa verpflanzte in unserem kleinen Gewächshaus Orchideen, saß ich vor all meinen Gerätschaften und einem Berg Schriften in der löblichen Absicht, das Werk zu beginnen…

    1. Teil

    Zu Zeiten, als sozusagen die Steinzeit der Raumfahrt anbrach, wurden Tausende und aber Tausende sogenannter utopischer Romane geschrieben, die das, was noch nicht war, gleichsam einer fernen Zukunft vorwegnahmen, vorausphantasierten. Dem Leser mehr oder weniger geschickt die Welt von morgen, die Errungenschaften der weiteren Menschheitsevolution, vorzuspekulieren war das geschworene Ziel. Und natürlich spielte da eine perfekte Raumfahrt die große Rolle. Mit Geschwindigkeiten unterhalb der des Lichts gab man sich meist nicht mehr ab… Nun, auch heute werden solche Romane verfaßt und nach wie vor gern gelesen. Sie gehen weiter, knüpfen an die kühnsten von damals an, operieren mit Hyperräumen, Verwandlungen von Raum in Zeit und umgekehrt, kurzum, prophezeien ebenfalls – genau wie jene früheren Schriften – die Welt von morgen. So wurden unsere heutigen Photonenschiffe, die ja in der Tat mit nahezu Lichtgeschwindigkeit fahren, im Prinzip schon im Jahre 1960 beschrieben, als ihre Verwirklichung in den Sternen stand. Würde ein damaliger Leser, gesetzt den Fall, es gäbe einen Zeitsprung, meinen Bericht – zumindest den ersten Teil desselben – lesen, er könnte schon glauben, an einen solchen Zukunftsroman geraten zu sein.

    Die FOTRANS 12 war ein gewöhnliches Schiff der Großserie 12, und wir waren mit ihm – wie viele andere Mannschaften vor uns – auf einer planmäßigen, einer Routine-Expedition. Weder die Auswahl der Mannschaft mit dem Computer noch die paritätische Geschlechtermischung und erst recht nicht die Anabiose bedeuteten für uns etwas Neues. Das war Raumalltag, gehörte zu dem von uns gewählten Beruf. Ich führe
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