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Der Untergang der Telestadt

Der Untergang der Telestadt

Titel: Der Untergang der Telestadt
Autoren: Alexander Kröger
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mußten?«
    »Die Hermetik hätten sie wenigstens erhalten können«, murmelte Carlos.
    »Aus dem Weiteren geht’s nicht hervor?« fragte Bruno das Nächstliegende, das ich allerdings schon beantwortet hatte.
    »Dieser Pitt überblickte das nicht«, sagte ich. »Und Laura gleich gar
nicht.«
Die Gefährten blickten überrascht.
    »Wer ist denn Laura?« fragte Lisa. Das erstemal, daß sie sich in den Disput mischte.
    »Laura ist jene, die wir in der TELESALT gefunden haben, jene auf dem Lager in der Kuppel. Hast du vergessen, daß es das Skelett einer Frau war?« Ich hatte mich direkt an Lisa gewandt, und meine Frage klang unangemessen vorwurfsvoll, so jedenfalls empfand ich.
    Lisa zuckte mit den Schultern, warf mir jedoch einen Blick zu, der auch ausdrücken konnte, ich solle nicht so überheblich tun.
    »Laura war ein verstörtes, mit einem Gehfehler behaftetes Mädchen, das wohl ein Schattendasein führte, vielleicht, weil es dem Leistungsdruck nicht standhielt und aus ebendiesem Grund auch keine Aufnahme bei jenen widerständlerischen Gruppierungen fand. Pitt hat sie kurzerhand eines Tages von Seestadt mit in die TELESALT genommen…« »Ich vermute, das wirst du uns morgen der Reihe nach schildern?« fragte Bruno. »Selbstverständlich.« Ich nickte.
    »Gut, dann machen wir für heute Schluß!« Bruno erhob sich. »Gute Nacht!«
    Mir schien, als verliefe das Leben an Bord unseres Schiffes an diesem letzten Tag des gemeinsamen Wachseins vor dem Anflug auf die Erde anders als sonst, auf jeden Fall einsilbiger, geschäftiger. Bald hatte ich den Eindruck, als wolle sich jeder des notwendigen, lästigen Alltags entledigen, um möglichst viel Zeit für den Abend zu retten, was mir ein wenig schmeichelte. Und wenn es den anderen so erging wie mir – und warum sollte es nicht? –, dann mischte sich in die Stimmung dieses vorerst letzten Tages vor dem langen Schlaf auch ein wenig Bangen, einfach deshalb, weil man sich der Technik und dem nach eigenen Gesetzen funktionierenden Raum total auslieferte…
    Nun, diesmal berührte mich solches Empfinden weniger. Ich würde noch dreißig Tage mit Bruno gemeinsam, dann noch sechzig Tage allein wachen. Erst dann hatte auch ich mich auf dreihundert Tage Schlaf gefaßt zu machen, bis zu meiner nächsten Wache. Ich betrachtete also Regungen, die ich auf dieses Bevorstehende schob, gelassen und beinahe ein wenig amüsiert.
    Und dennoch haftete das historische Geschehen auf Neuerde in den Köpfen. Wenn sich eine Gelegenheit ergab, wurde ich von den Gefährten auf Details angesprochen. Carlos fragte mich: »Und du hast nicht den geringsten Hinweis auf einen zweiten Versuch der Kontaktnahme gefunden…?« Und als ich verneinte, fügte er, und es klang, als denke er laut, hinzu: »Wenn sie die Hermetik… Die Brücke hätte wahrscheinlich noch zu unserer Zeit hergestellt werden können…« »Und die Energie?«
    Carlos nickte. »Wie wir sie angetroffen haben, waren sie wohl zu keinem Zeitpunkt mehr in der Lage, sie zu erzeugen. Und, Sam, das eben will mir nicht so recht in den Kopf. Sie hatten stets die technischen Voraussetzungen und das Wissen.«
    »Die Technik wohl, das Wissen aber… Wie lange hat dieses vorgehalten?«
    »Die Fanny, Sam, hat das nicht objektiv widergespiegelt, sie war wohl zu sehr Lehrer und – verletzt, unfähig vielleicht auch, genau zu sehen…« »Zugegeben, Carlos. Wir aber sahen den vorläufigen Schlußteil dieser Tragödie, und er paßt wohl dramaturgisch – um im Bild zu bleiben – an Fannys Szenerie, oder?«
    Ohne Verabredung, aber in der Tat wie nach einer solchen versammelten wir uns an jenem letzten gemeinsamen Abend vor dem Schlaf wesentlich früher als sonst. Selbst Bruno erschien – wie zufällig – fünf Minuten nach dem letzten im Eßzimmer, fragte: »Na, alles geschafft?« Eine Antwort wartete er nicht ab, sondern ließ sich wie nach einer Anstrengung erleichtert in den Sessel fallen. »Hunger habe ich«, setzte er hinzu. Und indem er sich von den Platten, die Lisa als Diensthabende bereitet hatte, reichlich auftat, sagte er nebenbei: »Die Boxen sind fertig…« Außer bei mir löste er damit bei Carlos, Inge und Friedrun, ja selbst bei Lisa Gesten unernsten Resignierens aus. Wir aßen schnell, und der Dialog verlief einsilbig.
    Lisa räumte, unterstützt von allen anderen, ab, zuerst bei mir, und sie bemerkte: »Hier hast du Platz für deine Unterlagen.« Eine Aufforderung, mit meiner Mission nicht zu zögern.
    Ich begann dann auch alsbald:
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