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Der Untergang der Götter - Die Rückkehr (German Edition)

Der Untergang der Götter - Die Rückkehr (German Edition)

Titel: Der Untergang der Götter - Die Rückkehr (German Edition)
Autoren: Stefan M. Ritter
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in dem sich sein Gesicht spiegelte. Seine Hände tasteten nach seinen Augen und wie in Trance fuhr er sich über sie. Schwarz. Vollkommen schwarz!
    Mela beobachtete ihn fasziniert; es wollte ihr erscheinen, als hätte der Fremde gar nicht gewusst, was mit seinen Augen war. Ein merkwürdiges Gefühl durchschoss sie und sie bereute, überhaupt davon gesprochen zu haben. Dann, als die Stille unangenehm wurde, wies sie mit der Hand durch den Raum.
    »Ich weiß«, sagte sie leise, »das Zimmer ist nichts Besonderes. Aber es ist noch das beste von allen Zimmern. Ich habe es selber sauber gemacht!« Es klang, als wollte sie sich entschuldigen.
    Der Fremde nickte knapp und wandte sich ruckartig vom Fenster weg. Er griff in die Tasche und streckte ihr ein paar Münzen zu. »Es ist gut so wie es ist.« Seine Stimme war dunkel und hart, aber keineswegs unfreundlich. Allerdings schien es, als hätte er lange nicht mehr gesprochen, denn seinen Worten fehlte es an Natürlichkeit.
    Er bemerkte ihre Blicke, die über seinen Körper glitten, und als er verstand, schaute auch er an sich hinab. »Ich benötige neue Sachen«, stellte er nach kurzem Überlegen fest. »Und natürlich das Bad!«
    Mela nickte und ein scheues Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Das ist wirklich nicht zu übersehen«, deutete sie auf seinen Umhang, der kaum mehr von einem Fetzen zu unterscheiden war. »Ich kann mich darum kümmern, wenn du es möchtest. Es würde nicht lange dauern.«
    Er nickte und betrachtete Mela einige Augenblicke lang. Sie war noch jung, mit großen, unschuldig blickenden Augen, und doch hatte das raue Leben in der Schenke sie bereits gezeichnet. Er konnte es in ihren Augen sehen, in denen für ihn ihr ganzes Leben abzulesen war; ein Leben, das alles andere als beneidenswert war. Einen Augenblick lang fühlte er so etwas wie Mitleid mit ihr in sich aufwallen.
    »Hier, das ist für dich, wenn du mir neue Kleidung besorgst!« Er reichte ihr eine golden schimmernde Münze.
    Mela schreckte zusammen als sie erkannte, was er ihr geben wollte. »Aber ... das ist viel zu viel!«
    »Es ist gut so. Besorge mir nur neue Kleidung, dann bin ich zufrieden. Und erzähle dem Wirt nichts von dieser Münze, sonst wird er sie dir abnehmen.«
    Für sie war es viel, doch er besaß genug Münzen, die er aus seinem Gefängnis mitgebracht hatte, denn dort hatte niemand ihm etwas abgenommen. Wozu auch? An jenem Ort hatte er mit Münzen nichts kaufen können, sie waren genauso viel wert gewesen wie eine Hand voller Staub.
    Dennoch hatte er sie stets bei sich getragen, denn sie hatten ihn an sein altes, für immer verloren geglaubtes Leben erinnert.
    Dankbarkeit überzog Melas Gesicht beim Anblick der Münze, dann fragte sie vorsichtig: »Brauchst du vielleicht ... sonst noch etwas?«
    Er schaute fragend in ihr noch röter gewordenes Gesicht. Ihre Augen zeigten deutlich, was sie mit ihrer Frage gemeint hatte, und früher hätte er ihr Angebot vielleicht angenommen. Aber deswegen war er nicht hier. »Nein, nur die Kleidung und das Bad. Mehr brauche ich für jetzt nicht.«
    »Du wirst morgen früh die Sachen bekommen, um das heiße Wasser kümmere ich mich gleich!«, antwortete Mela und eine gewisse Enttäuschung schien in ihrer Stimme mitzuschwingen. Sie deutete auf sein Gesicht, das an einer Stelle rot schimmerte.
    »Du bist verletzt. Möchtest du, dass ich die Wunden versorge? Sie könnten sich sonst entzünden.«
    Er fühlte unwillkürlich nach der Verletzung, ein letztes Geschenk der hinter ihm liegenden Dunkelheit, doch dann winkte er ab. »Das ist nicht wichtig, nur eine Kleinigkeit. Ich kümmere mich selber darum.«
    Mela schaute zweifelnd, denn ihr erschien die Wunde alles andere als eine Kleinigkeit, doch sie nickte nur und verließ das Zimmer. Er wollte allein sein, das spürte sie, und sie hatte schon viel zu viel Zeit hier bei ihm verbracht. Frerin würde sicher bereits auf sie warten, und er war alles andere als ein geduldiger Mann. Doch zuvor musste sie sich noch um das heiße Wasser kümmern.
    Als das Mädchen fort war, trat er ans Fenster und ließ seinen Blick nach draußen schweifen. Er sah ein Häusermeer und dahinter den Serapis . Seine schwarzen Augen verengten sich und schienen Feuer zu fangen, das in wilder, unbezähmbarer Glut loderte, doch dann wandte er sich mit einer wütenden Geste ab. Wieder befühlte er seine Augen. Ihre Schwärze war ein letztes Geschenk der Dunkelheit, als wollte sie ihm zeigen, dass sie ihn niemals würde
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