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Der Trick der alten Tante

Der Trick der alten Tante

Titel: Der Trick der alten Tante
Autoren: Wolfgang Ecke
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Bluse ..War ihre Stimme bis hierhin gehässig, so wurde sie jetzt wieder kühl und sachlich: „Ich habe die Schüssel auf den Balkon gestellt neben die Kartoffeln. Es steht nichts davon im Mietvertrag, daß Sie Wäsche waschen dürfen. Mein Bad ist ein Bad und keine Wäscherei, Fräulein Dürer.“
    Erika, ohne jede Erfahrung mit bösartigen Vermieterinnen, schluckte krampfhaft, während ihr Herz vor Erregung bis zum Hals schlug. Leise und mühsam beherrscht sagte sie: „Sie machen es einem höflichen Menschen schwer, höflich zu bleiben.“
    Alwine wippte auf den Fußballen. Und sie flötete mit essigsaurem Lächeln: „Soll das eine Drohung sein?“
    „Eine Feststellung, Frau Stengel. Und da will ich gleich noch etwas feststellen: Es stört mich, wenn Sie nachts gegen meine Wand trommeln! Und sagen Sie jetzt nicht, ich hätte geschnarcht! Da ich letzte Nacht kaum geschlafen habe, konnte ich auch nicht schnarchen!“
    „Sie hatten das Radio mit einer Lautstärke laufen, daß ich nicht mal mehr mein eigenes Schnaufen hören konnte.“
    „Oh, Frau Stengel, Sie sind eine wahre Meisterin in der Kunst der Übertreibung. Außerdem war es das Radio in der Wohnung über mir!“

    20. Mai, 16 Uhr.
    „Liebes Fräulein Dürer, ich möchte Sie höflichst bitten, entweder weniger oder aber ein anderes Parfüm zu benutzen. Seit neuestem stinkt meine Wohnung wie eine seit drei Jahren nicht gelüftete Parfümerie!“ Dabei schnüffelte Alwine wie ein schnupfenkranker Pavian. Und wieder war es ihr gelungen, bei ihrer Mieterin einen weiteren Volltreffer zu landen.
    Erikas Erwiderung kam einer Entschuldigung gleich: „Mein Parfüm ist eine der teuersten Pariser Kreationen, Frau Stengel.“
    „Na, wennschon.“ Bei diesem „na, wennschon“ ließ Alwine die Mundwinkel fast bis auf ihren Busen herunterrutschen. „Der teuerste Schmuck ist nicht immer der beste! Und noch was, Kindchen: Legen Sie bitte keine Zeitungen mehr auf den Tisch. Die Druckerschwärze färbt die Tischdecke!“

    21. Mai, 9 Uhr 40.
    „Guten Morgen, Frau Stengel. Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen!“ Es war Erikas verzweifelter Versuch, das Gute in ihrer Wirtin zu wecken. Das Versöhnliche und das Gütliche. „Guten Morgen? Wieso ,guten Morgen“, es ist fast Mittag!“ Weg war sie, die Hoffnung.
    Ein bißchen heftiger als gewollt sagte sie: „Du mein Gott, heute ist Sonntag, und sonntags schlafe ich nun mal ein bißchen länger. Im Mietvertrag steht nicht, daß das unerwünscht ist.“
    Alwine zog pfeifend die Luft ein, bevor sie zurückgab: „Es paßt mir nicht, daß Sie um diese Zeit noch im Bademantel herumlaufen. In Ihrem Zimmer können Sie das tun, aber nicht in der Wohnung!“
    „Das ist kein Bade-, sondern ein Hausmantel!“
    Wieder jenes eigentümliche Pfeifgeräusch, dazu ein gequälter Blick zur Decke: „Pah!! In meiner Jugend hat man so was nicht mal zum Karneval angezogen. Aber das ist Ihre Sache. Sagen Sie mal, Fräulein Dürer, was haben Sie denn vorhin im Badezimmer geröchelt?“
    „Geröchelt???“ Um ein Haar hätte sich Erika verschluckt. Sie sollte geröchelt haben?
    „Ja, so ..Alwine imitierte ein paar gurgelnde Geräusche, und der jungen Dame im Hausmantel verschlug es den Atem. Wäre es nicht so traurig, würde sie jetzt lachen. Womit hatte sie sich das verdient? Sie, einer der hilfsbereitesten Menschen. Ihr Gurgeln beim Zähneputzen mit Röcheln zu vergleichen, das war eine Unverschämtheit.
    „lch habe nicht geröchelt, Frau Stengel“, blitzte sie ihr Gegenüber an, „ich habe Zähne geputzt! Nur ganz schlicht Zähne geputzt.“
    Alwine schüttelte langsam und theatralisch den Kopf. „Was es nicht alles gibt... Putzen Sie sonntags Ihre Zähne gefälligst leiser. Das klingt ja, als würde man hier jemanden umbringen.“
    „Wundern würde das wahrscheinlich niemand!“ zischte Erika, und es klang so vielsagend, daß sich Alwine unwillkürlich an den Hals griff...

    14 Uhr 55.
    Erika setzte ihre kleine Reiseschreibmaschine auf den Tisch, spannte den ersten Bogen ein und überlegte, wie sie am besten beginnen sollte. Es sollte ein Brief an den Freund werden, der zur Zeit sein Praktikum in Frankreich absolvierte. „Lieber Norbert“, begann sie, „seit drei Tagen lebe ich in einer gespenstischen...“
    Es klopfte!
    „Herein!“ rief Erika, während sich ihr Körper versteifte. „Fräulein Dürer, es ist 14 Uhr 58!“ Es klang wie „Sie haben mich gebissen.“
    „Ja,und?“
    „Von 13 bis 15 Uhr ist
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