Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Trick der alten Tante

Der Trick der alten Tante

Titel: Der Trick der alten Tante
Autoren: Wolfgang Ecke
Vom Netzwerk:
brauchen sie eben das Zimmer. Was soll es denn kosten, Frau Stengel?“ Strahlend, als hätte sie vor, ein Vermögen zu verschenken, nannte Alwine den Preis und das, was inbegriffen war: „Mit Küchenbenutzung, Strom und Badbenutzung vierhundert im Monat. In der Heizperiode allerdings kommen noch fünfzig pro Monat dazu. Ich hoffe, es ist Ihnen nicht zu viel.“
    Heiter erwiderte Erika: „Nun, es ist nicht gerade billig, dafür aber sehr schön und seinen Preis wert. Wann könnte ich einziehen?“
    Alwine produzierte einen verschämten Augenaufschlag. „Da ich auf das Vermieten angewiesen bin, müßten Sie das Zimmer schon ab morgen nehmen. Ich würde dann die vier Wochen ab morgen berechnen. Andernfalls, Sie dürfen es mir nicht übelnehmen, wohnt ab morgen ein anderer Interessent hier.“
    „Aber nein. Ich ziehe noch heute ein, wenn es Ihnen recht ist.“
    „Einverstanden!“ stimmte Alwine zu. „Kommen Sie. Trinken wir eine Tasse Kaffee zusammen, dabei können Sie gleich den Mietvertrag unterschreiben. Ja, das sollte ich Ihnen noch sagen: Die Miete ist immer für vier Wochen im voraus zu entrichten.“
    „Das ist, glaube ich, üblich. Obwohl ich keinerlei persönliche Erfahrung besitze. Ich habe nämlich noch nie zur Untermiete gewohnt…“

    Kurz nach 20 Uhr war die Übersiedlung beendet, der Mietvertrag unterschrieben, und die Miete für die ersten vier Wochen hatte die Taschen gewechselt.
    Während Erika noch dabei war, den Inhalt von drei Koffern unterzubringen, balancierte Frau Stengel mit leutseliger Herzlichkeit ein Tablett mit zwei Gläsern herein.
    „Ein Willkommenstrunk und ein Schlaftrunk dafür, daß Sie in der ersten Nacht einen angenehmen Traum haben!“ sagte sie.
    Als sich Erika Dürer gegen 23 Uhr im Bett zu besagter erster Nacht ausstreckte, hatte sie das Empfinden, das Große Los gezogen zu haben. Sie fühlte sich rundherum geborgen. Und in diesem Gefühl schlief sie auch ein...

    18. Mai, 7 Uhr 15.
    Erika Dürer fühlte sich ausgeschlafen und beschwingt wie lange nicht.
    Durch das linke Fenster lugte die Sonne durch einen Spalt der nicht ganz zugezogenen Übergardine und teilte das Zimmer mit einem hellen Streifen in zwei Teile. Winzige Staubpartikelchen spielten in dem gleißenden Lichtbalken.
    Sie schlüpfte in ihren Morgenrock und machte sich auf den Weg zum Bad. Im Korridor duftete es nach frisch aufgebrühtem Kaffee.
    Und da stand sie plötzlich in der Küchentür, die liebe Frau Alwine, geborene Keckerle, verwitwete Stengel.
    Ihre Miene glich der eines Wesens, das gerade eine Gallenkolik überstanden hatte.
    „Guten Morgen, liebe Frau Stengel. Ich habe herrlich geschlafen!“ rief ihr Erika zu. Sicher lag es am Licht, daß sie nicht gleich sah, welche Gewitterstürme da über das Gesicht ihrer Vermieterin fegten.
    „Ich habe gehört, wie herrlich Sie geschlafen haben! Sie haben geschnarcht wie eine Baumsäge!“ Alwines Stimme glich klirrenden Eiswürfeln.
    Erika blieb wie festgenagelt stehen. Träumte sie das? War sie in Wirklichkeit vielleicht noch gar nicht aufgewacht? Das war doch nicht die Frau Stengel, die ihr das Zimmer vermietet, die ihr Kaffee und Wein angeboten hatte.
    „Geschnarcht???“ brachte sie endlich heraus.
    „Ich sagte es bereits: wie eine Baumsäge.“
    Erika schluckte die ersten Tränen hinunter. „Aber Frau Stengel, ich... ich... ich habe in meinem ganzen Leben noch nicht geschnarcht.“
    Alwine stützte die Arme in die Seiten. Sie stieß einen höhnischen Lacher aus, und sie giftete:

    „Daß ich nicht lache. Um drei Uhr in der Früh mußte ich aufstehen und mir Watte in die Ohren stopfen, Fräulein Dürer. Ich hoffe doch sehr, daß es ein einmaliges Schnarchen war..
    Peng!!!
    Die Tür war zu. Trotzdem starrte Erika noch immer auf denselben Fleck. Endlich setzte sie ihren Weg ins Badezimmer fort. Genauer ausgedrückt: Sie wankte ihren Weg fort.
    Minutenlang hockte sie auf dem Wannenrand und dachte nach. Sie war kein Typ, dem hastige und unüberlegte Entschlüsse lagen. Sie mußte in aller Ruhe über diese ungewöhnliche Situation nachdenken. Allein! Am besten wäre es, sie ginge in das kleine Café am Ende der Straße. Dort könnte sie frühstücken und überlegen. Selbst in die Küche zu gehen und sich einen Kaffee zuzubereiten, dazu würden sie jetzt keine... ach was, nicht mal zwanzig Pferde bringen.
    Die Idee mit dem Café war genau das richtige. Vielleicht traf sie dort auch Isolde von der Registratur. Es wäre gut zu wissen, was ein anderer
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher