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Der träumende Diamant 2 - Erdmagie

Titel: Der träumende Diamant 2 - Erdmagie
Autoren: Shana Abé
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an.
    »Ich bin nicht geflogen. Du weißt, dass ich das nicht kann. Und das ist nicht der Grund.«
    Zane gefiel dieser Blick nicht, mit dem sie ihn mit ihren braunen Augen unter den langen Wimpern hervor freimütig
bedachte. Er erinnerte ihn zu sehr an den ihrer Mutter. Sie starrten sich an, und Stille breitete sich aus. Amalias Lippen pressten sich langsam zu einer dünnen, störrischen Linie zusammen.
    Mit einem Seufzen gab er auf und ließ sich auf einen Stuhl ihr gegenüber sinken. Er sah hinab auf ihre kalte Schokolade und nahm dann einen Schluck, denn er spürte, wie sein Magen knurrte. Früher oder später würde die Hölle losbrechen, und er hatte bereits das Abendessen versäumt.
    Die Drákon nahmen es nicht auf die leichte Schulter, wenn sie einen der ihren verloren. Das wusste er verflucht gut.
    Der Schein der Kerzen brach sich silbrig auf der geschwungenen Kante eines Tabletts neben ihm. Den Heiligen sei Dank; Joseph hatte dem Mädchen etwas zu essen gebracht: zartes Teegebäck, Orangenkuchen, und eine Schale mit Honignüssen und getrockneten Früchten. Er beugte sich vor und nahm sich eine halbe Aprikose und ein Stück Kuchen.
    »Schlechte Träume, Löwenmäulchen?«
    »Ja.« Es war ein klägliches Flüstern.
    »Wie unschön. Ich bin mir sicher, sie sind es wert, dass du aus deinem Zuhause geflohen bist, ohne irgendjemandem gegenüber ein Wort zu verlieren - vor allem auch, wie ich mir sicher bin, ohne die Genehmigung deines allmächtigen Drákon -Rates - um hierherzukommen und mir davon zu berichten.«
    Doch noch immer senkte sie nicht ihren Blick. Sie wirkte nicht einmal so, als sei sie aus der Fassung gebracht. Ihre anfängliche, schlaftrunkene Verwirrung schien vollends verschwunden. Sie sah kühl und gefasst aus und viel älter, als sie den Jahren nach war, selbst in ihrem zerdrückten Kittelkleid.
Was immer es war, das sie zur Flucht quer durch das halbe Königreich genötigt hatte, lag nun gut verborgen hinter dieser Maske gleichgültiger Ruhe.
    Nun gut. Er konnte warten.
     
    Zane aß die Aprikose und zerkrümelte das Kuchenstück. Er ließ sich jeden Happen mit wohlüberlegter Langsamkeit auf der Zunge zergehen. Joseph war etwas schwer von Begriff, schlicht und so zuverlässig, wie seine nächste Gehaltszahlung sicher war, doch der wahre Grund, warum Zane ihn in seinen Diensten behielt, war dies: der Kuchen, Teegebäck, frische Beerentörtchen. Er war der beste Zuckerbäcker diesseits des Kanals, und das hungernde Kind, das Zane einst gewesen war, wusste diese Fähigkeit zu schätzen. Seine Tätigkeit zwang Zane dazu, gertenschlank zu bleiben, denn beleibte Männer waren keine guten Diebe. Er hatte auch schon mit wenigen Bissen, Wasser und becherweise bitterem Kaffee überlebt. Aber ehe sich Amalia erhoben hatte, um ihm ihre Schokolade wieder aus der Hand zu nehmen, hatte er bereits sein drittes Kuchenstück verspeist.
    Mit langsamen Schritten drehte sie eine Runde durch das Zimmer, ohne zu trinken. »Das sieht gar nicht aus wie das Zuhause eines berüchtigten Verbrechers.«
    »Nein. Das soll es auch nicht.«
    »Ist das der Grund, warum meine Mutter dir das Haus überlassen hat?«
    »Entschuldige mal?«, erwiderte er und bürstete sich die Krümel von der Weste. »Sie hat es mir nicht überlassen. Ich habe es von ihr erworben, und zwar zu einem wahrlich beträchtlichen Preis. Es war alles völlig rechtens.«
    »Oh.«

    »Ja, oh .«
    Sie setzte ihre Schokolade auf dem Fenstersims ab und griff mit der Hand nach dem Eisenriegel, der die Läden geschlossen hielt.
    »Bitte nicht, wenn du gestattest«, sagte er höflich, ohne sich zu bewegen. »Ich ziehe es vor, im Augenblick nicht deine gesamte Sippschaft hereinzubitten.«
    »Es ist nicht versiegelt?«
    »Die Leiste an einer Seite der Scheibe ist locker. Das habe ich vor zwei Tagen auf dem harten Weg erfahren müssen.«
    Ihre Finger zuckten zurück, als ob sie sich verbrannt hätte. Es war nur eine lockere Scheibe, die nicht sehr nützlich war und gewöhnlichen Männern und Halsabschneidern, wie sie üblicherweise hinter Zane her waren, nicht viel genutzt hätte. Es war kaum mehr als ein Hauch von Spalte zwischen dem Kitt und der Scheibe, und doch war dies alles, was Christoff Langford gebraucht hatte, um Zanes sorgfältige Verteidigung vollständig zu durchbrechen. Denn natürlich war Langford kein gewöhnlicher Mann. Er war nicht einmal ein Mensch.
    Ebenso wenig wie seine Tochter.
    »Du magst meine Familie«, entgegnete ihm Amalia nun, während sie
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