Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der tote Moench

Der tote Moench

Titel: Der tote Moench
Autoren: Marco Sonnleitner
Vom Netzwerk:
es.«
    Mrs Parton fuhr noch einige Meter weiter und hielt dann vor einem imposanten, schmiedeeisernen Tor. Links und rechts davon erstreckte sich eine hohe Kalksteinmauer, die augenscheinlich ein größeres Anwesen umschloss. Durch das Tor war ausschnittweise ein prächtiger, hier und da allerdings etwas verwilderter Garten zu erkennen, und weiter hinten schimmerte ein weiß getünchtes Haus durch eine blütenreiche Oleanderhecke.
    »34 Hillside Drive«, las Justus die Adresse von einem Schild ab.
    Mrs Parton stieg aus, ging zum Tor und klingelte an der Gegensprechanlage. Hier oben regnete es im Augenblick gar nicht, und die schwarzen Wolkenberge zogen auch tatsächlich nach Süden ab.
    »Geht die euch auch so auf die Nerven?«, raunte Peter. »Kreativ!«, säuselte er mit verstellter Stimme.
    »Ja, aber reiß dich zusammen«, ermahnte ihn Justus. »Schließlich hat sie uns hierher gefahren. Kommt, helfen wir Mister Wang aus dem Auto.«
    »Trotzdem«, murrte Peter und packte mit an.
    Sie bugsierten Herrn Wang vorsichtig aus dem Fond und stellten ihn auf die Füße. Dann gingen sie langsam mit ihm vor zum Tor.
    Ein Knacken drang aus dem Lautsprecher: »Ja, bitte?«
    »Halloho, Mrs Harkinson. Hier ist Mrs Parton!«
    Schweigen.
    »Wer?«
    »Mrs Parton, ihre Nachbarin.«
    Wieder vergingen einige Sekunden.
    »Meine Nachbarin?«
    »Na ja, ich wohne zwei Straßen weiter. In dem gelben Häuschen vor der Kreuzung.«
    Peter lächelte verächtlich. »So viel zur guten Freundin«, flüsterte er Bob zu.
    Die Stimme im Lautsprecher zögerte kurz. »Ja? Und worum geht es?«
    »Wir haben hier Ihren Gärtner. Er wurde vom Laster überfahren.«
    »Was?«, schrie es aus dem Lautsprecher.
    »Beinahe überfahren!«, rief Justus noch, aber es war schon zu spät. Über die Gegensprechanlage waren nur noch leise, schnelle Schritte zu hören.
    Keine zehn Sekunden später kam eine völlig aufgelöste Frau über einen Plattenweg auf das Tor zugelaufen. Sie war sicher schon an die sechzig Jahre alt, hatte mittellanges, graues Haar, trug einen fleckigen Arbeitskittel und hielt in einer Hand einen großen Meißel.
    »Lo!«, rief sie schon von Weitem. »Lo, um Gottes willen!«
    »Er wurde nicht überfahren!«, beeilte sich Justus noch einmal zu sagen. »Aber er steht unter Schock.«
    Mrs Harkinson schloss hektisch das Tor auf, trat auf die Straße und nahm sofort das Gesicht ihres Gärtners in die Hände. »Lo? Lo? Hörst du mich? Wie geht es dir?«
    »Entschuldigung, Misses«, hauchte Wang, der sich kaum auf den Beinen halten konnte. »Tut mir so leid.«
    »Hallo, Mrs Harkinson.« Mrs Parton schob sich zwischen Wang und Christine. »Ich bin Florence Parton. Wir haben uns auf dem letzten Weihnachtsbasar kennengelernt.« Sie lachte unbegründet und streckte Christine Harkinson die Hand hin.
    Christine ignorierte die Hand. »Sie meinten doch, er wäre vom Laster überfahren worden. Mich hätte fast der Schlag getroffen«, antwortete sie erbost, ohne sich von Lo abzuwenden. »Warum sagen Sie so etwas?«
    Peter stieß Bob unbemerkt in die Seite. Seine Vermutung, dass sich die beiden Damen kaum kannten, schien sich zu bestätigen. Mehr noch. Ganz offensichtlich konnte Christine Harkinson Mrs Parton nicht sonderlich leiden.
    »Äh, ja, also, ich«, druckste Mrs Parton herum und wurde rot. »Ähm ... ja, das haben mir die Jungs hier erzählt«, behauptete sie auf einmal im Brustton der Überzeugung.
    Christine Harkinson sah die drei Detektive misstrauisch an.
    »Das ist nicht richtig«, widersprach Justus bestimmt. »Von einem Unfall war nie die Rede.«
    In kurzen Worten schilderte er Christine, was geschehen war. Als er fertig war, straffte sich Christine und trat vor Mrs Parton. »Ich danke Ihnen, dass Sie Lo nach Hause gebracht haben«, sagte sie mit deutlich unterkühlter Stimme. »Vielen Dank.«
    »Nichts zu danken.« Mrs Parton lachte affektiert. »Wissen Sie, ich –«
    »Würdet ihr mir bitte helfen, Lo ins Haus zu bringen?« Christine drehte sich abrupt um und sah die drei ??? an.
    »Ja, gerne«, erwiderte Bob.
    »Auf Wiedersehen, Mrs Parton«, sagte sie, während sie durch das Tor ging. »Ich denke, wir müssen Sie nun nicht weiter bemühen. Nochmals danke und einen schönen Tag noch.«
    »Ja, aber ...« Mit verdattertem Gesicht sah Mrs Parton, wie Justus Herrn Wang unter die Achseln griff und mit ihm durch das Tor trat. Dann schloss sich der Eingang, und die kleine Gruppe entfernte sich Richtung Haus.
    Schweigend, aber sich vielsagende Blicke
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher