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Der Tote am Steinkreuz

Der Tote am Steinkreuz

Titel: Der Tote am Steinkreuz
Autoren: Peter Tremayne
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Ton.
    »So bestimmt es das Gesetz«, entgegnete Muadnat selbstgefällig. »Das Land hatte Suanach gehört. Als Ausländer besaß ihr Mann kein Land. Als Suanach starb, fiel ihr Land an die Familie zurück, und in dieser Familie bin ich ihr nächster Verwandter. So lautet das Gesetz.«
    »Er nahm sich alles«, beklagte sich der junge Mann empört.
    »Ich hatte das Recht dazu. Im übrigen warst du noch nicht im Alter der Wahl.«
    »Das stimmt«, erklärte Fidelma. »In diesem letzten Jahr war Muadnat als ältestes Mitglied der Familie nach dem Gesetz dein Vormund, Archú.«
    »Vormund? Sklavenhalter meinst du«, knurrte der junge Mann. »Ich mußte auf meinem eigenen Land arbeiten und bekam nur meinen Lebensunterhalt. Ich wurde schlechter behandelt als ein Tagelöhner und mußte in den Rinderställen essen und schlafen. Die Familie meiner Mutter sorgte nicht einmal so gut für mich wie für ihre Landarbeiter.«
    »Diese Tatsachen habe ich bereits registriert«, seufzte Fidelma geduldig.
    »Wir haben keine gesetzliche Verpflichtung dem Jungen gegenüber«, brummte Muadnat. »Wir geben ihm seinen Lebensunterhalt. Dafür sollte er uns dankbar sein.«
    »Dazu äußere ich mich nicht«, antwortete Fidelma kühl. »Die Forderung Archús an dich, Muadnat, richtet sich darauf, daß er einen Teil des Landes, das seiner Mutter gehörte, erben sollte. Ist das so?«
    »Das Land seiner Mutter fällt an ihre Familie zurück. Er kann nur das erben, was seinem Vater gehörte, und als Ausländer besaß sein Vater kein Land, das er ihm vererben konnte. Soll er doch in die Heimat seines Vaters gehen, wenn er Land haben will.«
    Fidelma lehnte sich in ihren Sessel zurück, streckte die Hände aus und richtete ihren Blick nun fest auf Muadnat. Ihre feurigen Augen verschleierten sich leicht, ihr Gesicht blieb ausdruckslos.
    »Wenn ein Kleinbauer, ein ocáire, stirbt, dann fällt ein Siebentel seines Landes als Steuer an den Fürsten zum Erhalt des Stammesgebiets. Ist das eingetreten?«
    »Ja«, warf der Gerichtsschreiber ein und blickte von seinen Protokollnotizen auf. »Die Bestätigung des Fürsten Eber von Araglin liegt vor, Schwester.«
    »Gut. Dann ist die Entscheidung, die dieses Gericht zu treffen hat, klar.«
    Fidelma wandte sich langsam Archú zu.
    »Deine Mutter war die Tochter und das einzige Kind eines Kleinbauern, eines ocáire. Bei seinem Tode war sie die weibliche Erbin und besaß ein lebenslanges Nutzungsrecht an dem Land ihres Vaters. Normalerweise kann sie dieses Land nicht ihrem Ehemann oder ihren Söhnen vererben, sondern es fällt bei ihrem Tode an die nächsten Verwandten innerhalb ihrer Sippe zurück.«
    Muadnat richtete sich auf, und zum ersten Mal lockerte sich seine finstere Miene und wich einem zufriedenen Ausdruck. Triumphierend sah er den jüngeren Mann an.
    »Aber«, fuhr Fidelmas Stimme plötzlich in eisigem Ton durch die Halle, »wenn ihr Ehemann ein Ausländer war, und in diesem Fall war er ein Brite, dann besaß er kein Land im Stammesgebiet. Deshalb konnte er seinem Sohn nichts vererben. Unter diesen Umständen ist das Gesetz eindeutig, und es war unser großer Richter Bríg Briugaid, der das Urteil fällte, auf das sich das Gesetz gründet. Es lautet, daß unter diesen Umständen die Mutter das Land ihrem Sohn vererben kann, allerdings mit einer Einschränkung. Von ihrem Land kann sie ihm nur soviel vererben, wie der Gegenwert von sieben cumals beträgt, der die Mindestgröße an Land darstellt, von der an jemand als ocáire oder Kleinbauer gilt.«
    Es trat ein Schweigen ein, in dem Kläger und Beklagter versuchten, das Urteil zu begreifen. Fidelma hatte Mitleid mit ihren ratlosen Gesichtern.
    »Das Urteil fällt zu deinen Gunsten aus, Archú«, lächelte sie dem jungen Mann zu. »Dein Vetter hat das Land zu Unrecht inne, da du nun das Alter der Wahl erreicht hast. Er muß dir Land im Gegenwert von sieben cumals abtreten.«
    Muadnat zog ein langes Gesicht.
    »Aber … aber das Land, um das es geht, ist ja kaum größer als sieben cumals. Wenn er sieben cumals bekommt, bleibt nichts davon für mich übrig.«
    Fidelma redete mit ihm wie eine Lehrerin mit einem Schüler.
    »Nach dem alten Gesetz Críth Gablach bilden sieben cumals den Grundbesitz eines ocáire, auf den Archú Anspruch hat«, belehrte sie ihn. »Da du insoweit gegen das Gesetz verstoßen hast, als Archú keine andere Wahl blieb, als seinen Anspruch hier vor Gericht vorzubringen, mußt du diesem Gericht eine Gebühr von einem cumal
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