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Der Todeskanal

Der Todeskanal

Titel: Der Todeskanal
Autoren: Isaac Asimov
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getan.«
    »Wie kannst du das wissen?«
    »Du hast es doch gesehen.«
    »Ich habe eine lächerliche Spielerei von – sagen wir Hypnose gesehen.« Seine Stimme wurde immer lauter vor Zorn. Er fuhr zu dem kleinen Mann herum. »Hinaus mit Ihnen, Mr. Wenn, oder wie immer Sie auch heißen mögen. Verschwinden Sie, bevor ich Sie mitsamt Ihrer Trickkiste aus dem Fenster werfe.«
    Livvy hielt ihn am Ellbogen zurück.
    »Hör auf! Du bist doch in einem vollbesetzten Zug.«
    Der kleine Mann wich in die äußerste Ecke seines Sitzes zurück und versteckte seine schwarze Schachtel samt der Glastafel hinter dem Rücken. Norman sah ihn an, dann Livvy, dann die ältliche Dame, die auf der anderen Seite des Ganges saß und ihn mißbilligend musterte.
    Er lief rot an und unterdrückte eine vulgäre Bemerkung. In frostigem Schweigen fuhren sie durch New London. Fünf Minuten nach der Station sagte Norman: Livvy!«
    Sie sagte nichts, blickte aus dem Fenster, starrte das Glas an.
    Wieder drängte er: »Livvy, Livvy! So antworte doch!«
    »Was willst du?« fragte sie dumpf.
    »Sieh mal, Livvy, das ist doch alles Blödsinn. Ich weiß nicht, wie der Kerl das macht. Aber selbst, wenn es gesetzlich erlaubt ist, was er da treibt, so bist du unfair. Warum hast du dir das ›Was, wenn‹ denn nicht weiter ausgemalt? Angenommen, ich hätte Georgette geheiratet, so wärst du doch auch nicht allein geblieben. Vielleicht wärst du bei meiner Hochzeit schon verheiratet gewesen. Vielleicht habe ich deshalb Georgette genommen.«
    »Ich war nicht verheiratet.«
    »Wie kannst du das wissen?«
    »Ich hätte es genau wissen müssen. Ich wußte doch, was ich bei deiner Hochzeit dachte.«
    »Dann wärst du eben ein Jahr später verheiratet gewesen.«
    Livvy wurde zornig. Der Gedanke irgendwo im Hintergrund ihres Gehirns, daß ihre Wut ganz irrational war, beruhigte sie nicht, sondern stachelte ihren Zorn noch mehr an.
    »Und wenn ich geheiratet hätte! Das wäre ganz sicher nicht deine Angelegenheit gewesen«, zischte sie.
    »Oh, doch! Aber das Wesentliche ist doch, daß wir in der realen Welt nicht für das verantwortlich gemacht werden können, was wir getan hätten, wenn …«
    Livvys Nasenflügel bebten. Sie sagte nichts.
    »Sieh mal«, begann Norman wieder. »Kannst du dich an die Neujahrsparty bei Winnie letztes Jahr erinnern?«
    »Sicher. Du hast Wein über mein Kleid geschüttet.«
    »Darauf kommt es jetzt nicht an, abgesehen davon, daß es ein Cocktail war. Aber was ich sagen will – Winnie war doch schon jahrelang mit dir befreundet, schon lange bevor du mich geheiratet hast.«
    »Und?«
    »Auch Georgette ist eine gute Freundin von ihr, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Also gut. Du und Georgette, ihr wärt zu der Party gegangen, egal, welche von euch beiden ich geheiratet hätte. Ich hätte gar nichts damit zu tun gehabt. Er soll uns einmal die Party zeigen, wie sie verlaufen wäre, wenn ich Georgette geheiratet hätte, und ich wette, du bist mit deinem Mann oder Verlobten da.«
    Livvy zögerte. Sie war sich nicht mehr so sicher.
    »Hast du etwa Angst vor der Wahrheit?« fragte er.
    Das gab den Ausschlag. Wütend funkelte sie ihn an.
    »Keineswegs! Ich hoffe, daß ich verheiratet bin. Warum hätte ich mich denn ausgerechnet auf dich festlegen sollen? Und außerdem möchte ich gern sehen, wie du den Cocktail über Georgettes Kleid schüttest. Sie wird dir beide Ohren ausreißen, ich kenne sie. Vielleicht siehst du dann dein berühmtes Puzzle-Spiel etwas anders.« Sie blickte zornbebend vor sich hin und verschränkte die Arme vor der Brust.
    Norman sah zu dem kleinen Mann hinüber, aber es war nicht nötig, irgend etwas zu sagen. Die Glasplatte stand bereits wieder im Schoß des Mannes, die Sonne traf sie von Westen, und der weiße Haarkranz, der seinen Kopf umfloß, war in zartes Rosa getaucht.
    »Fertig?« fragte Norman angespannt. Livvy nickte, und die Geräusche des Zuges glitten davon.
     
    Livvy stand in der Tür. Ihr Gesicht war noch von der Kälte gerötet. Sie hatte gerade ihren Mantel mit den schmelzenden Schneeflocken abgelegt, und ihre bloßen Arme zitterten.
    Sie erwiderte die ›Frohes Neujahr‹-Rufe und erhob ihre Stimme, um die laute Musik zu übertönen. Das erste, was sie bei ihrem Eintritt vernommen hatte, war Georgettes schrilles Lachen gewesen, und jetzt stand sie ihr gegenüber. Sie hatte Georgette und Norman seit Wochen nicht mehr gesehen.
    Georgette hob eine Braue, eine Manier, die sie in letzter Zeit kultiviert hatte, und
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