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Der Tod wartet im Netz (Die besten Einsendungen zum Agatha-Christie-Krimipreis 2011)

Titel: Der Tod wartet im Netz (Die besten Einsendungen zum Agatha-Christie-Krimipreis 2011)
Autoren: Cordelia Borchardt und Andreas Hoh
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werden verarscht und gehen dann einfach. Regen sich zwar vielleicht auf, schreien sogar oder werfen mit Sachen, aber irgendwann gehen sie.
    Ich bin nicht so. Sonst wäre das für Pappi damals ja auch anders ausgegangen.

    Jürgen Schenko blies die Backen auf.
    Verdammt, verdammt, verdammt! Musste sie ausgerechnet jetzt reinkommen! Dies hier war sein Arbeitszimmer, mit Bedacht unterm Dach gewählt, weitab von der Familie, sein Refugium. Hier durfte ihn keiner stören und schon gar nicht ohne anzuklopfen.
    Beim Wichsen vor dem Computer erwischt.
    Auch nach 24 Ehejahren eine echte Peinlichkeit. Er würde es heute Nacht wiedergutmachen müssen. Er wusste natürlich wie: unendlich viel Zärtlichkeit, stundenlanges Vorspiel, danach braver Sex. Todlangweilig eben. Aber er würde sich dieses geilste aller geilen Videos in Gedanken dabei ansehen. Wieder und wieder. Das Geilste, das er je bekommen hatte.
    Er hatte es schon mehrfach probiert, immer mal wieder angetippt, aber keiner hatte bisher angebissen, immer ignoriert. Bis letzte Woche.
    Jürgen Schenko war einiges gewöhnt, aber er war immer noch geschockt. Wegen der Sauerei? Wohl weniger. Eher wegen dieser Riesenüberraschung.
    Der Typ mit Codename Berlin hatte ja schon ganze Massen an Videos geliefert. Und dabei verdammt gutes Geld verdient. Und jetzt dieser Riesenauftritt, das Sahnehäubchen aller Videos. Ausgerechnet von Berlin! Von ihm hätte er es als Letztes erwartet.
    Jürgen hatte es in Auftrag gegeben und teuer bezahlt. Sauteuer übrigens. Ging alles ab vom Konto seiner Frau, die zum Glück keinen Überblick hatte über ihr ganzes Geld. Die auf der Dienststelle übernahmen diese Art Kosten ja leider nicht. Er grinste.
    Freunde sagten oft, das ist ja furchtbar so ein Job, und er nickte, ganz der verantwortungsbewusste geplagte Kriminalbeamte, Abteilung Internetkriminalität, Sektion Porno. Ja, ja, sagte er dann, so viel kann man gar nicht essen, wie man da kotzen möchte.
    Er hatte sich zwei Tage lang wie ein Kind gefreut auf das Video. Dann traf es ein von Berlin, dem Haremsbesitzer. Jürgen war sich sicher, dass die anderen es auch alle gekauft hatten. Es war der Hit des Jahres. Er nahm an, dass Berlin mit dem Video den ultimativen Deal machen und sich dann absetzen wollte. Haus auf den Malediven oder so.
    Jürgen lud es runter und klickte es mit zitternden Händen an.
    Es war von Anfang an nicht das, was er erwartet hatte.
    Berlin lag auf dem Bett mit verbundenen Augen. Alleine. Dann erst kam die Rote, Karla, dazu. Sie schien ein bisschen dünner als sonst. Gesicht verschleiert wie bei den orientalischen Nummern. Kurioserweise hatte sie dazu noch Gummihandschuhe an, die gelben, die er schon oft gesehen hatte. Sie setzte sich auf Berlin und rieb sich an ihm bis sein Schwanz erigiert war. Danach spielte sie mit ihm, ließ ihre Brüste drübergleiten, leckte ihn, stoppte aber immer rechtzeitig, bevor er kam. Schließlich fesselte sie ihn an Armen und Beinen mit Handschellen am Bett. Danach reizte sie ihn immer weiter.
    Jürgen starrte gebannt auf den Bildschirm. Sein Mund war trocken. Die Atmung ging flach und schnell. Wie würde Berlin es tun, gefesselt wie er war?
    Die Rote zog das Spiel schier unendlich in die Länge. Dann fasste sie nach oben und holte von irgendwo außerhalb der Reichweite der Kamera etwas Kleines hervor, Jürgen konnte es nicht genau erkennen.
    Sie nahm Berlin die Augenbinde ab, der sah sie an und wirkte überrascht. Seltsam. Er wollte wohl etwas fragen, aber sie legte ihren Zeigefinger beschwörend auf seine Lippen und machte Scht.
    Jetzt ging alles ganz schnell. Sie zeigte ihm das kleine Ding in ihrer Hand. Spezialauftrag, sagte sie und während er voll in die Kamera sah wie immer, nur diesmal mit einem umwerfend vollauthentisch panischen Gesichtsausdruck, zog sie mit einer kleinen schnellen Handbewegung die Rasierklinge über seine Halsschlagader.
    Wirklich geil! Das geilste aller geilen Videos, das er je bekommen hatte! Der Aston Martin unter den Videos. Perfekt inszeniert. So wie Jürgen Schenko, selbst Perfektionist, es liebte.
    Es gab eigentlich nur einen einzigen kleinen Makel: Das war der zweite Stoß. Nicht der Stoß seines Schwanzes, der war voll okay. Armer Kerl. Nein, es war das Herausschießen. Des Blutes. Es kam stoßweise. Der erste Stoß war nur vielleicht einen halben Meter hoch. Aber der zweite schoss so hoch, dass er ausgerechnet die blöde Linse traf und dann war es vorbei mit der Sicht.
    Eigentlich ein Fehlschlag.
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