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Der Tod des Zauberers

Der Tod des Zauberers

Titel: Der Tod des Zauberers
Autoren: Horst Biernath
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die Polizei hier dauernd herumtreibt.«
    »Hm...« machte ich. Die Geschichte, die Alexander mir erzählt hatte, war als Anfang für einen Kriminalroman durchaus zu verwenden. Ich hatte schon schlechtere Ausgangspositionen erfunden. Ein Mord in solch einem winzigen Nest wie Achenreuth, wo im Grunde nie etwas Ungewöhnliches passierte...
    »Du machst ein Gesicht, als ob du Blut leckst, Onkel Paul«, sagte Alex ein wenig belustigt. Er gehörte übrigens zu meinen dankbarsten Lesern und besaß meine gesammelten Werke. »Ein ermordeter Zauberkünstler — das ist doch ein Stoff, aus dem sich was machen läßt, wie?«
    »Mein lieber Junge, Polizeiakten ergeben noch lange keinen Kriminalroman. Reale Morde sind nicht interessant, sondern scheußlich. Und ihre Aufklärung erfolgt weder durch die grauen Zellen von Monsieur Poirot noch durch die eleganten Schlüsse eines Sherlock Holmes. Sie erfolgt durch eine zähe und sehr unromantische Arbeit, die alles andere als unterhaltsam und kurzweilig ist. Laß also die Pflaumen auf dem Baum und erzähl weiter!«
    »Da gibt es nicht viel zu erzählen, Onkel Paul, oder ich bin nicht die richtige Quelle. Was ich weiß, habe ich aus dem Altenbrucker Stadtanzeiger, und das übrige ist Dorfgeschwätz. Der Hausl (er meinte damit den Hausknecht von >Botenwirt<) hat Manueli also gefunden und Lärm geschlagen, und dann hat man den Oberwachtmeister Veitl von der Gendarmerie geholt, und der hat die Staatsanwaltschaft Altenbruck alarmiert...« Er sah mich etwas unglücklich an, machte mit der Hand eine Bewegung, als schlüge er Rahm, und murmelte abschließend: »Na und so weiter und so weiter...«
    »Es ist wirklich ungemein beruhigend, daß ich in dir keinen Konkurrenten zu befürchten habe«, sagte ich mit einem kleinen Seufzer. »Hoffentlich ist deine Mutter ein wenig gesprächiger als du. Übrigens, was sollte deine Erwähnung des Dorfgeschwätzes? Was erzählt man sich in Achenreuth?«
    Er schnüffelte wie ein Kaninchen und rieb sich die Nase. Es schien ihm schwerzufallen, die passenden Worte zu finden.
    »Nun ja«, murmelte er schließlich und schob sich die Zigarette, die er so lange ans Ohr geklemmt hatte, zwischen die Lippen, »man erzählt im Dorf, daß in der Dunkelheit ein Wagen mit völlig verdreckten Nummernschildern in der Nähe des >Botenwirts< geparkt hätte...«
    Er zögerte, und ich ließ mein Feuerzeug aufspringen.
    »...und daß dieser Wagen genauso ausgesehen hätte wie unser alter, mit dem Vimmy oder Hansi immer zum Einkäufen nach Achenreuth und Altenbruck fahren, wenn Paps mit dem Mercedes unterwegs ist.«
    »Lieber Gott!« stieß ich hervor, »und jetzt sage nur noch, daß die Leute sich erzählen, deine Mutter hätte Herrn Manueli umgebracht!«
    Alexander Textor starrte düster in die Glut seiner Zigarette.
    »Heute morgen war der Bürgermeister hier. Du kennst doch den alten Voggenreiter. Ich glaube, er raucht noch immer Eigenbau. Das Haus stinkt jetzt noch danach. Er wollte Vimmy sprechen. Ich war nicht dabei, ich habe nur noch den Schluß mitbekommen: Mei’, Frau Textor, de Leut redn vui, wann der Tag lang is, da brauchen S’Eahna net drum z’sch... Es ist japfeigrad zum Lachen! Wo der Herr Gemahl unsa besta Steuerzahler is!« Alexander hatte den alten Voggenreiter in Mimik und Sprache ganz ausgezeichnet kopiert.
    »Das klingt tröstlich, wie?« knurrte er.
    »Täusch dich nicht, mein Junge«, sagte ich, »Voggenreiters Standpunkt besitzt eine messerscharfe Logik: Feine Leute morden nicht, denn sie haben es nicht nötig. Und genauso wie der Bürgermeister werden auch die anderen Bauern von Achenreuth denken. Die Geschichte mit dem Wagen ist natürlich ein blödsinniger Zufall, der sich ganz gewiß völlig harmlos aufklären wird.« Ich sah in der offenen Scheune, die sich rechtwinklig ans Haus anschloß, das alte Kabrio stehen, von dem die Rede war.
    »Jedenfalls sind die Nummernschilder nicht verdreckt!«
    »Weil ich den Wagen gestern gewaschen habe! Sie waren völlig lehmverschmiert und unleserlich. Kein Wunder bei dem Weg nach Achenreuth. Und außerdem hatte es in den letzten Tagen geregnet...«
    »Und wenn schon!« meinte ich und gab ihm einen kleinen Rippenstoß. »Oder glaubst du, daß deine Mutter Herrn Manueli erschossen hat? Na also! Dann mach dir auch keine dummen Gedanken und benimm dich anständig, wenn die Polizei an euch noch einmal eine Frage zu stellen hat. Und jetzt werde ich deine Mutter aufsuchen...«
    Ich ließ ihn stehen und wollte ins Haus,
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