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Der Tigermann

Der Tigermann

Titel: Der Tigermann
Autoren: Lecale ERrol
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Vielleicht hat auch der Mond keine Rückseite, weil sie sie noch nicht gesehen haben?«
    Verächtlich warf er das Schreiben zur Seite Es war eine Ablehnung seines Angebots, eine Vorlesung über Lykanthropie zu halten
    »Ins Feuer mit ihm, Hugo “
    Ohne eine Miene zu verziehen, bückte sich der riesige Diener und hob den Brief, der auf den Boden gefallen war, mit seinen weißbehandschuhten Fingern auf Er trug ihn zu dem offenen Kamin, in dem trotz des warmen Frühlingstags die Flammen loderten – Eli Podgram hatte viele Jahre in den Tropen verbracht und brauchte mehr Wärme als seine Landsleute – und ließ ihn mit einer Geringschätzung, die der seines Herrn nicht nachstand, in das Feuer fallen
    Eli war ein schmächtiger Mann, unscheinbar auf den ersten Blick Das einzige, das an ihm sofort auffiel, war das merkwürdig weiße Haarbüschel m seinem sonst dunklen gewellten Haar Die weiße Färbung hatte die Form eines mit einem breiten Pinsel gezeichneten Kreuzes Ihm schrieb Eli, wie er häufig versicherte, seine Immunität vor den Kreaturen der Schattenwelt zu
    »Ich stehe immer unter dem Schutz des Kreuzes«, pflegte er zu sagen
    Noch leicht verärgert, schritt er zum Fenster und blickte hinunter auf den Russell Square.  Hugo räumte den Frühstückstisch auf, obwohl das eigentlich nicht zu den Pflichten eines Butlers gehörte Aber niemand anderer durfte Eli Podgram bedienen, als dieser Riese aus der Camargue mit ihrem Marschland und den Stierkämpfen – ein Landstrich des Nebels und der Geheimnisse, dessen Söhne wortkarg sind und sich in der Abgeschiedenheit wohler fühlen als in den übervölkerten Städten
    »Ich werde eine Monographie verfassen und sie veröffentlichen Diese Narren müssen sich noch damit beschäftigen, ob sie es wollen oder nicht«
    Elis Stimme klang leicht verdrossen Es war eineungewöhnliche Stimme mit amerikanischen Obertönen im kultivierten Akzent des Engländers der besseren Gesellschaft. Seine Mutter war eine der Bostoner Cabots gewesen, von denen man sagte: »Die Lowells sprechen nur mit den Cabots, und die Cabots nur mit Gott.«
    Eli gehörten immer noch einige Besitztümer auf Long Island und in Marthas Vineyard, und auch dieses Haus hier in London war sein Eigentum, genau wie ein etwas kleineres in Paris.
    Sein Vater war Brite durch Adoption gewesen, sein Großvater jedoch ein Graf aus Transsylvanien. Von ihm hatte er seine aristokratische Haltung, ohne daß er je auf seine adelige Abstammung zu sprechen kam. Er hatte nicht viel übrig für die sogenannte bessere Gesellschaft. Fast alles, was er über Lykanthropie erfahren hatte, verdankte er einfachen Leuten, denen es nicht eingefallen wäre, die Existenz des Werwolfs oder Vampirs als abergläubisches Hirngespinst abzutun. Und unter ihnen fanden sich auch die Opfer dieser schrecklichen Kreaturen, nicht unter den Adeligen auf den Burgen.
    Eli starrte immer noch auf den Platz hinunter. »Ich glaube, wir bekommen Besuch«, rief er Hugo zu.
    Ein Vierspänner war vorgefahren, aus dem gerade ein kleiner braunhäutiger Mann stieg, der mit kurzsichtigen Augen das Haus musterte. Er trug eine Brille mit Metallfassung, einen rosafarbigen Seidenturban und einen offensichtlich neuen Cutaway, der faltig über seinen schmächtigen Schultern hin.
    Kurz darauf brachte ein Bediensteter eine Visitenkarte auf silbernem Tablett.
    »Der Diwan von Terrahpur«, las Eli. »Führen Sie Seine Exzellenz ins Herrenzimmer«, befahl er dem Diener.
    Eli stand am offenen Kamin, als der Inder eintrat, die Hände zum Gruß gefaltet.
    » Namaste. Habe ich die Ehre mit Podgram Sahib? Ich bin Ram Dass Mansur, Diwan, oder in Ihrer Sprache Premierminister des indischen Staates Terrahpur.«
    Seine Stimme klang hoch, aber er beherrschte Englisch perfekt.
    » Namaste, Hoheit. Es ist mir eine große Ehre. Bitte nehmen Sie Platz. Ich bin während einer längeren Reise durch Ihr Land gekommen. Man hört nur Gutes über Seine Hoheit den Maharadscha und seine Regierung.«
    Der Diwan schien über das Lob sehr erfreut. Seine braunen Augen hinter den Brillengläsern verrieten eine hohe Intelligenz. Er ließ sich in dem angebotenen Sessel nieder und betrachtete mit unverhohlener Neugier die vielen Bücher hinter den Glasscheiben der Wandschränke. Auch die unzähligen Reiseandenken interessierten ihn, die Eli aus aller Welt mitgebracht hatte. Masken aus Afrika standen auf Regalen neben merkwürdigen gebleichten Knochen, Waffen und Gefäßen.
    Andere Gegenstände aus fernen
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