Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Teufel von Garmisch

Der Teufel von Garmisch

Titel: Der Teufel von Garmisch
Autoren: Martin Schueller
Vom Netzwerk:
dann ging er in den ersten Stock
hinauf.
    Oben waren zwei Türen, beide geschlossen. Noch einmal rief er
»Hallo?«, dann klopfte er an die rechte Tür.
    Keine Antwort. Er versuchte die Klinke. Die Tür war unverschlossen.
Es war das Bad, es war leer.
    Als er an die linke Tür klopfte, bemerkte er, dass sie nur angelehnt
war. Das Wohnzimmer. Das Licht brannte. Aber auch hier war niemand. Er trat
ein.
    Die Stereoanlage war an, aber es lief keine Musik. Es war still. Ein
großer Flachbildschirm hing an der Wand. Daneben stand ein alter Sekretär,
darauf ein Mac. Er zeigte als Bildschirmschoner das Logo ihrer Firma, GAP -Data. Daneben lagen ein iPad und ihr Handy.
    Auf dem niedrigen Glastisch vor der Ledercouch standen eine Flasche
Pernod und ein Wasserkännchen. Daneben ein Glas. Es war umgefallen.
    Eine kleine Lache stand auf dem Glastisch. Er tupfte den Finger
hinein und roch daran. Anis.
    Pernod hatte sie auch vor dem Ende ihres einen gemeinsamen Abends
getrunken. Als die Stimmung noch gut gewesen war zwischen ihnen.
    Als sie noch nicht ahnte, was er für sie fühlte.
    Aber das ahnte sie ja immer noch nicht. Er lächelte traurig und
stellte das Glas auf. Neben dem Fernseher war eine weitere Tür. Er nahm an,
dass sie ins Schlafzimmer führte.
    Sollte er sie tatsächlich öffnen?
    Zögernd ging er im Raum umher. In dem großen Bücherregal standen ein
paar gerahmte Fotografien. Er griff nach der erstbesten. Sanne am Strand unter
Palmen. Mit einem durchtrainierten dunkelhäutigen Mann, der seinen Arm
besitzergreifend um sie gelegt hatte. Ihr Bikini war so winzig, dass Sebastian
ihn erst auf den zweiten Blick entdeckte.
    Er nahm das nächste Bild. Sanne auf einem Pferd. Daneben, auch auf
einem Pferd, ein blonder Mann. Sportlich. Gut aussehend. Elegant gekleidet,
soweit Sebastian das beurteilen konnte. Er wusste nicht wirklich, was beim
Reiten so zu tragen war. Der Mann auf dem Foto hatte auf jeden Fall eine andere
Kragenweite als er. Er hatte Stil. Er hatte Geld. Er hatte Sanne.
    Sebastian stellte das Bild ins Regal zurück. Unschlüssig sah er zur
Schlafzimmertür. Wahrscheinlich war sie einfach ins Bett gegangen und hatte
vergessen, das Licht auszumachen. Wenn er jetzt dort hineinging, würde er sie
nur wecken.
    Aber da war dieser scharfe Schlag gewesen, den er gehört hatte. Der
ihn überhaupt erst veranlasst hatte, das Haus zu betreten. Wenn nun wirklich
etwas passiert war? Er räusperte sich.
    »Hallo …? Sanne?«, rief er und hoffte, die richtige Lautstärke
getroffen zu haben. »Ich bin’s. Der Sebastian. Sebastian Polz. Der Milli … aus
dem Büro …«
    Hinter der Tür rührte sich nichts. Noch einmal rief er. Wieder ohne
Reaktion.
    Es half nichts. Er trat an die Tür und klopfte leise.
    * * *
    In Burgls Blick stand eine Mischung aus Mitleid und Ärger.
    »Hausl, es ist bald fünfunddreißig Jahre her. Ich hatte wirklich
gedacht …« Mit einem Kopfschütteln brach sie den Satz ab und trank von ihrem
Whisky.
    »Es ist mir nie egal gewesen«, murmelte Schwemmer.
    Die Bedienung hatte sich diskret zurückgezogen. Wahrscheinlich war
der Wechsel der Schwingungen zwischen ihnen im ganzen Raum spürbar.
    »Ich dachte, wir sind nicht eifersüchtig?« Sie lächelte, aber es
klang ernst.
    »War ich auch nie. Außer auf diese Sportskanone.«
    »Ich bitt dich! Fünfunddreißig Jahre! Ferdi ist auch nicht mehr der
Jüngste.«
    »Soll das heißen, bei einem Jüngeren müsst ich mir Sorgen machen?«
    »Vielleicht …« Sie lachte. »Aber das darf doch heute alles keine
Rolle mehr spielen, Hausl.«
    »Nein, darf es nicht«, brummte Schwemmer in sein Glas.
    »Ich trau mich gar nicht, weiterzuerzählen«, sagte Burgl.
    Schwemmers Augenbrauen schossen in die Höhe. Wie, weiter? Was würde
da denn noch kommen?
    »Vielleicht sollte ich es dir gar nicht sagen …«
    »Kommt nicht in Frage«, sagte Schwemmer. »Raus damit.«
    »Tja … er hat mich gefragt, ob ich nicht Partnerin in seiner Praxis
werden will.«
    Schwemmer sah sie verwirrt an. »Heißt das, du willst wieder
arbeiten?«
    »Ich hab’s noch nicht entschieden. Wär halt eine schöne
Gelegenheit.«
    »Brauchen wir denn Geld?«
    »Nein …«
    »Eben«, sagte Schwemmer.
    »Eben was? Ich hab die Gelegenheit, mit minimalem Aufwand
selbstständig zu arbeiten. Ohne Risiko, ohne Investitionen. Wenn ich keine Lust
mehr hab, lass ich es wieder.«
    »Wieso willst du wieder arbeiten? Du hast doch immer gesagt –«
    »Ja, ja. Stimmte ja auch. Es hat mich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher