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Der Teufel und die Lady

Der Teufel und die Lady

Titel: Der Teufel und die Lady
Autoren: Jessica Trapp
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…“
    Brenna schnalzte mit der Zunge. Sie fasste Gwyneth an den Schultern, führte sie zu dem großen Himmelbett und setzte sich mit ihr darauf. Sie nahm ihre Schwester fest in den Arm, während Gwyneth Unzusammenhängendes vor sich hinstammelte. Ihre Augenbrauen waren frisch gezupft, und die typischen Hochzeitsdüfte hafteten ihr an – frischer Lavendel, der Geruch von Seide und Wildblumen.
    Tief im Herzen empfand Brenna einen Stich der Eifersucht. Sie beide hatten sich geweigert zu heiraten. Doch ihr Vater hatte sie deswegen zur Strafe eingesperrt, während er zu Gwyneths Verteidigung einen Krieg angezettelt hatte!
    Entschlossen verdrängte sie das unangenehme Gefühl und betrachtete die Vase mit dem dunkelroten Fingerhutstrauß auf ihrem Maltisch. Alle anderen hatten sie vergessen, nur Gwyneth brachte ihr immer wieder Blumen mit. Es war nicht die Schuld ihrer Schwester, dass ihr Vater sie Brenna gegenüber bevorzugte.
    Gwyneth schniefte und rieb sich die Augen. Vom Bett aus spähte Brenna durch die offene Tür und drückte ihre Schwester noch heftiger an sich. Jetzt war die perfekte Gelegenheit zu fliehen. Sie war vorbereitet – Gold und Lebensmittel befanden sich in einem Bündel unter ihrem Bett, dazu Tontöpfe mit Farben und ihr Lieblingspinsel, der winzige aus Schweineborsten. Sie besaß einen Brief von Mutter Isabella, der Äbtissin von La Signora del Lago, einem Nonnenkloster in Italien irgendwo am Meer.
    Bruder Giffard, der Wanderprediger, hatte für sie die Passage auf einem Schiff gebucht, das Ende der Woche in See stechen sollte. Es war eine Reise voller Gefahren, aber es war eine Eskorte für sie bereitgestellt worden. Brenna hatte vor, bei ihrem Bruder Zuflucht zu suchen, bis sie nach Italien aufbrechen konnte. Wenn Nathan gewusst hätte, dass sie kommen wollte, hätte er sicher versucht, sie daran zu hindern. Aber er würde sie niemals abweisen, wenn sie plötzlich vor seiner Tür stand. Außerdem hatte sie monatelang den Umgang mit einem Messer geübt, um sich notfalls selbst verteidigen zu können. Es würde ein Leichtes sein, ihr Bündel zu nehmen und zu fliehen, solange die Tür offen stand und Chaos in der Burg herrschte. Ihre Schwester würde Montgomery heiraten, ihr Vater die Freiheit wiedererlangen, und sie, Brenna, würde bereits weit fort sein, ehe überhaupt jemand bemerkte, was geschehen war.
    Gwyneth schien sich ein wenig zu beruhigen. Sie wandte ihr tränenüberströmtes Gesicht Brenna zu und begann, an den Perlmuttknöpfen ihrer Houppelande zu nesteln.
    „Gwyneth! Was tust du da?“
    „Montgomery will Vater bei Sonnenuntergang hängen lassen, wenn ich nicht einwillige, ihn zu heiraten. Aber das kann ich nicht. Du musst mir helfen.“
    Ach, du liebe Güte. Brenna löste Gwyneths Finger von den Knöpfen und strich beruhigend über ihre Hand. „Ruhig, Schwester. Montgomery ist ein Earl, ein sehr wohlhabender noch dazu. Es ist kein Opfer, ihn zu heiraten.“
    „Brenna“, stieß Gwyneth schluchzend hervor, „ich … ich habe ihn auf dem Jahrmarkt gesehen. Er ist eine Ausgeburt der Hölle. Beinahe hätte er mit bloßen Händen einen Mann totgeschlagen! Er ist riesengroß und stark. Es bedurfte dreier kräftiger Männer, ihn von dem Unglücklichen wegzuzerren.“
    „Er wird gewiss einen Grund gehabt haben.“
    „Nein, Schwester, den hatte er nicht. Der Mann hatte nur ein paar Tropfen Ale auf sein neues Wams verschüttet. Adele und ich waren ihm vom Turnierplatz aus gefolgt, weil wir ihn einmal ohne Rüstung und Helm sehen wollten. Er ist ein abstoßendes, narbiges Ungeheuer, sein Gesicht ist voller weißer, wulstiger Narben. Kinder laufen schreiend weg, wenn sie ihn sehen.“ Mit einem Ruck zog Gwyneth einen gefährlich aussehenden Dolch aus dem Mieder ihres üppigen Gewandes. Die Klinge war kurz, nicht länger als die Handfläche einer Frau, wirkte aber außerordentlich scharf. Ein Rubin schimmerte auf dem Heft. „Unsere Familie wird nie in Sicherheit sein, wenn ich ihn heirate. Er muss sterben!“
    Ihre Schwester hatte den Verstand verloren. „Beruhige dich, Gwyneth. Das ist doch albern. Du kannst gar keinen Menschen ermorden.“
    „Nein, Schwester, ich nicht – aber du!“
    „Ich?“
    Gwyneth schwenkte den Dolch und zeigte mit seiner Spitze auf eine hölzerne Zielscheibe, die halb verdeckt wurde von einer großen Leinwand, auf der ein strahlender auferstandener Christus inmitten seiner ihn anbetenden Jünger zu sehen war. Leinwand – ein Geschenk von Bruder Giffard –
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