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Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Titel: Der Südstern oder Das Land der Diamanten
Autoren: Jules Verne
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Alice verzichten sollte, bemerkte er plötzlich desto deutlicher, wie lieb und werth ihm diese während der verflossenen drei Monate geworden war. In der That kannte Cyprien Méré das junge Mädchen seit kaum drei Monaten, d. h. seit seiner Ankunft im Griqualand.
    Wie fern lag ihm das jetzt schon Alles! Er sah sich noch, nach einer durch Hitze und Staub höchst beschwerlichen Landreise, am Ziele seiner langen Fahrt von einer Erdhalbkugel zur andern eintreffen.
    Nachdem er mit seinem Freunde Pharamond Barthès – einem alten Studiengenossen, der nun schon zum dritten Male einen Jagdausflug nach dem südlichen Afrika unternahm – gelandet, hatte sich Cyprien bereits am Cap von diesem getrennt. Pharamond Barthès war nach dem Lande der Basutos aufgebrochen, um dort eine kleine Zahl bewaffneter Neger anzuwerben, die ihn bei seinen cygenetischen Zügen begleiten sollten. Cyprien dagegen hatte in dem mit sieben Paar Pferden bespannten schwerfälligen Wagen Platz genommen, der auf den Straßen des Veld als Postomnibus dient, und war nach dem eigentlichen Diamantengebiete gereist.
    Fünf oder sechs große Kisten und Koffer – ein vollständiges chemisches und mineralogisches Laboratorium bergend, von dem er sich nicht gern hatte trennen wollen – bildeten das Reisegepäck des jungen Gelehrten. Die Postkutsche gestattete jedem Reisenden aber nicht mehr als fünfzig Kilo an Effecten mit sich zu führen, und so war er gezwungen gewesen, seine kostbaren Koffer einem Büffelfuhrwerk anzuvertrauen, das dieselben jedenfalls mit ganz merovingischer Langsamkeit nach dem Griqualande befördern sollte.
    Der Postwagen, wie gesagt eine Art zwölfsitziger Omnibus mit Leinwandplane, war auf einem rohen Gestell mit vier ungeheuren Rädern aufgebaut, welche immer von dem Wasser der Flußläufe, die durch eine Furth passirt wurden, naß blieben. Die paarweise vorgespannten Pferde, welche im Nothfall noch durch Maulthiere Unterstützung fanden, wurden von zwei, auf dem Bocke neben einander sitzenden Kutschern mit großer Geschicklichkeit geleitet; der eine Kutscher führt dabei die Zügel, während der andere mit Hilfe einer sehr langen, mehr einer Angelruthe mit Schnur gleichenden Bambuspeitsche das Gespann nicht nur nachhaltig antreibt, sondern es auch gleichzeitig mit lenken hilft.
    Die Straße verläuft über Beaufort, eine hübsche, am Fuße der Nieuweld-Berge erbaute Stadt, über den Kamm der letzteren, wendet sich dann nach Victoria und führt endlich nach Hopetown – der Stadt der Hoffnung – am Ufer des Oranjeflusses, und von da nach Kimberley und nach den bedeutendsten Diamantenfundstätten, welche nur wenige Meilen davon entfernt sind.
    Durch den öden Veld hat man eine traurige, höchst einförmige Fahrt von acht bis neun Tagen. Die Landschaft bietet überall einen nahezu trostlosen Anblick – röthliche Ebenen, mit ähnlich wie Moränen darauf verstreuten Steinen, graue Felsmassen im Niveau des Erdbodens, gelbliches spärliches Gras und halbverhungerte Gesträuche, das ist Alles! Nirgends eine Spur von Cultur oder natürlichem Reiz. In weiteren Zwischenräumen eine elende Farm, deren Inhaber, wenn er von der Regierung die Landesconcession erhält, auch die Verpflichtung übernimmt, Reisende zu verpflegen. Das geschieht freilich nur in der primitivsten Weise. In diesen eigenthümlichen Herbergen gibt es weder Betten für die Menschen, noch Lagerstätten für die Pferde; höchstens einige Büchsen mit conservirten Nahrungsmitteln, die womöglich schon ein paar Mal die Fahrt um die Erde mitgemacht haben, und die man fast mit Gold aufwiegen muß.
    In Folge dessen werden die Zugthiere in den Ebenen freigelassen, um sich selbst Futter zu suchen, wovon sie indeß nur magere Grasbüschel zwischen den Feldsteinen finden. Wenn die Fahrt dann weiter gehen soll, macht es nicht geringe und mit ziemlichem Zeitverlust verknüpfte Mühe, jene wieder einzufangen
    Und welche Stöße gibt es in dem höchst primitiven Wagen auf den noch primitiveren Wegen! Die Sitze werden einfach von den Kastendecken gebildet, welche zur Unterbringung der Gepäckstücke dienen und auf denen der unglückliche Insasse eine endlos lange Woche lang die Rolle einer Mörserkeule spielt Wie zur Wiedervergeltung rauchen die Reisenden Tag und Nacht wie Fabriksschlote, trinken unmäßig und speien nach Belieben aus. An ein erquickendes Schlafen ist unter solchen Umständen natürlich nicht zu denken.
    Cyprien Méré befand sich also hier in Gesellschaft einer
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