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Der Strand von Falesa

Der Strand von Falesa

Titel: Der Strand von Falesa
Autoren: Robert Louis Stevenson
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niemals nötig gehabt haben, sondern ich hätte mir so viele Weiber nehmen können, wie ich gewollt hätte und hätte sie fortgeschickt, sooft es mir beliebt hätte, und dabei ein reines Gewissen gehabt.
    Je mehr ich mich schämte, desto eiliger hatte ich es, fortzukommen; und da die Händler denselben Wunsch hatten, so achtete ich nicht sehr auf eine Veränderung in ihrem Benehmen. Case war voll Eifers gewesen, mich in seinem Haus zu behalten; jetzt schien er ebenso eifrig zu sein, daß ich nur fortginge, wie wenn er einen Zweck erreicht hätte. Uma, sagte er, könnte mir den Weg nach meinem Hause zeigen, und die drei verabschiedeten sich von uns drinnen im Zimmer.
    Die Nacht war beinahe schon angebrochen; das Dorf duftete von Bäumen und Blumen, man roch die salzige Seeluft und die Brotfrucht in den Kochtöpfen. Vom Riff her kam ein schönes Brausen der Brandung, und aus der Ferne, aus Wäldern und Häusern, erklangen angenehme Stimmen von Männern und Frauen und Kindern. Es tat mir wohl, freie Luft zu atmen; es tat mir wohl, mit dem Kapitän fertig zu sein und statt seiner das Geschöpf an meiner Seite zu sehen. Mir war zumute, als wäre sie ein Mädel daheim im alten Lande; ich vergaß mich einen Augenblick, nahm ihre Hand in die meinige und ging so weiter. Ihre Finger verschlangen sich mit den meinen, ich hörte sie tief und schnell atmen, und plötzlich führte sie meine Hand an ihr Gesicht empor und preßte es dagegen. »Ihr gut!« rief sie, und dann lief sie voraus und stand still und sah sich um und lächelte und lief dann wieder voraus; und so führte sie mich durch den Rand des Waldes auf einem stillen Pfad nach meinem Haus.
    Der wahre Grund dafür war der, daß Case als Freiwerber für mich ganz großartig aufgetreten war – er hatte ihr gesagt, ich sei ganz verrückt nach ihr, und es käme mir gar nicht darauf an, was danach käme. Und das arme Ding, obwohl es wußte, was mir noch unbekannt war, glaubte daran, glaubte jedes Wort, und ihr war beinah der Kopf verdreht vor Eitelkeit und Dankbarkeit. Nun, von alledem hatte ich keine Ahnung. Gerade ich war ein Feind von all dem Unsinn, der wegen eingeborener Weiber gemacht wird; denn ich hatte gesehen, wie so mancher Weiße von den Verwandten seines Weibes aufgefressen wurde, ich meine sein Hab und Gut, und wie sie sich dabei noch über ihn lustig machten; und ich sagte zu mir selber: »Da muß ich ihr sofort zeigen, wer ich bin, und muß sie zur Vernunft bringen.« Aber sie sah so drollig und so hübsch aus, wie sie so voraus lief und dann auf mich wartete, und sie machte es so wie ein Kind oder wie ein spielender junger Hund, daß ich nichts Besseres tun konnte, als ihr einfach nachzugehen, auf die Tritte ihrer nackten Füße zu lauschen und durch die Dämmerung nach ihrer schönen Gestalt zu spähen. Und dann schoß mir noch ein anderer Gedanke durch den Kopf: Jetzt, da wir allein waren, spielte sie das Kätzchen mit mir; aber im Hause hatte sie eine Haltung gehabt, wie eine Gräfin sie nur haben könnte – so stolz und so bescheiden. Und dann ihr Anzug – so wenig sie auch anhatte und noch dazu kanakisch genug –, ihre schöne Tapa und die schönen Wohlgerüche und ihre roten Blumen und die Schmuckbohnen, die so glänzend waren wie Juwelen, nur viel größer –, ja, da war's mir so, als sei sie wirklich eine Art von Gräfin im Gesellschaftsanzug, um große Sänger in einem Konzert anzuhören, und keine Frau für einen armen Händler wie mich.
    Sie war die erste im Hause; und als ich noch draußen war, sah ich ein Zündholz aufflammen, und Lampenlicht schien durch die Fensterscheiben. Das Stationsgebäude war ein wunderschönes Haus, aus Korallen erbaut, mit einer herrlichen, breiten Veranda, und der Hauptraum war hoch und geräumig. Meine Kisten und Kästen waren übereinander getürmt, kunterbunt durcheinander; und da, in all dem Wirrwarr, stand Uma am Tisch und wartete auf mich. Ihr Schatten ging bis zur Wölbung des Wellblechdachs hinauf; sie aber stand im Hellen, und das Lampenlicht glänzte auf ihrer Haut. Ich blieb in der Tür stehen, und sie sah mich an, ohne ein Wort zu sprechen, mit Augen, die lebhaft und doch sanft blickten. Dann berührte sie mit ihrem Finger ihre Brust und sagte:
    »Ich Eure Frau.«
    So hatte es mich noch niemals gepackt; das Verlangen nach ihr ergriff und schüttelte mich, wie der Wind ein Segel.
    Ich konnte nicht sprechen, selbst wenn ich es gewollt hätte; und wenn ich's gekonnt hätte, so hätte ich nicht gewollt. Ich
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