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Der Strand von Falesa

Der Strand von Falesa

Titel: Der Strand von Falesa
Autoren: Robert Louis Stevenson
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Art von Gesang aus.
    »Wer zum Teufel ist das?« rief ich; denn mir wurde sonderbar dabei zumute.
    »'s ist Fa'avao«, sagte Randall, und ich sah, daß er auf dem Fußboden bis in die entfernteste Ecke gerutscht war.
    »Sie haben doch keine Angst vor ihr?« rief ich.
    »Ich, Angst!« schrie der Kapitän. »Mein lieber Freund, sie soll nur kommen! Ich lasse sie aber nicht zu mir hereinkommen; bloß heute, da wird es wohl was anderes sein – wegen der Heirat, 's ist Umas Mutter.«
    »Na, meinetwegen soll sie's sein; was hat sie hier zu plappern?« fragte ich, ärgerlicher und vielleicht furchtsamer, als ich mir anmerken lassen wollte; und der Kapitän sagte mir, sie sänge einen Haufen Verse zu meinem Preis, weil ich Uma heiraten wollte.
    »Na schön, alte Dame!« sagte ich mit einem ziemlich verunglückten Lachen. »Sehr verbunden! Aber wenn Sie meine Hand nicht mehr brauchen, können Sie's mir sagen.«
    Sie tat, wie wenn sie mich verstände; der Gesang erhob sich zu einem lauten Schrei, und dann war's aus. Das Weib kroch zum Haus hinaus in derselben Weise, wie es hereingekommen war; und dann muß sie mit einem Satz in den Busch gesprungen sein, denn als ich ihr an die Tür nachging, war sie bereits verschwunden.
    »Das sind ja närrische Manieren!« sagte ich.
    »'s ist 'ne närrische Bande«, sagte der Kapitän und machte dabei zu meiner Überraschung das Zeichen des Kreuzes auf seine nackte Brust.
    »Hallo!« rief ich. »Sind Sie Papist?«
    Diesen Gedanken wies er mit Verachtung von sich: »Durch und durch Baptist! Aber, mein lieber Freund, die Papisten haben auch ein paar gute Ideen; und das ist eine davon. Lassen Sie sich von mir raten: Wenn Sie Uma begegnen oder Fa'avao oder Vigours oder sonst einem von der Bande, dann machen Sie's den Pfaffen nach, und tun Sie, was ich tu'. Verstanden?« sagte er, wiederholte das Zeichen und blinzelte mich mit seinen blöden Augen an.
    »Nee, Herr!« brach er wieder los. »Nichts von Papisten hier!« Und dann unterhielt er mich lange mit seinen religiösen Ansichten.
    Uma muß es mir von Anfang an angetan haben, sonst wäre ich sicherlich aus diesem Hause gelaufen und hätte die reine Luft und die reine See aufgesucht oder auch nur ein reines Bächlein – trotz meiner Verabredung mit Case. Übrigens hätte ich auf der Insel keinem Menschen mehr ins Gesicht sehen können, wenn ich am Hochzeitstage einem Mädchen davongelaufen wäre.
    Die Sonne war untergegangen, der ganze Himmel stand in Feuer, und die Lampe brannte schon seit einiger Zeit, als Case mit Uma und dem Neger nach Hause kam. Sie war geputzt und mit duftenden Salben eingerieben; ihr Hüftenkleid war aus schöner Tapa, deren Falten wie die herrlichste Seide glänzten; ihre Brüste, die braun wie dunkler Honig waren, trug sie bloß, nur mit einem halben Dutzend Schnüren von bunten Bohnen und Blumen; hinter ihren Ohren und in ihrem Haar trug sie die scharlachroten Blüten des Hibiskus. Sie benahm sich ganz und gar wie eine Braut: ernst und still; und ich schämte mich, wie ich Hand in Hand mit ihr in dieser gemeinen Spelunke und vor dem grinsenden Neger stand. Ich schämte mich, sage ich, denn der Possenreißer hatte sich mit einem großen Papierkragen ausstaffiert; das Buch, aus dem er scheinbar seine Sprüche las, war ein Romanband, und seine geistlichen Worte waren so gemein, daß ich sie nicht wiederholen mag. Ich fühlte einen Stich in meinem Gewissen, als wir unsere Hände ineinander legten; und als sie ihren Trauschein bekam, hatte ich Lust, dem Handel ein Ende zu machen und ihr die Wahrheit zu gestehen. Hier ist das Dokument. Case schrieb es, mit Unterschriften und allem, auf ein Blatt, das er aus seinem Kassenbuch ausgerissen hatte:
    Hiermit wird bescheinigt, daß Uma, Tochter der Fa'avao in Falesa, auf der Insel –, ungesetzlich verheiratet ist mit Herrn John Wiltshire, für eine Woche, und Herr John Wiltshire hat das Recht, sie zum Teufel zu schicken, sobald er Lust hat.
    John Blackamoar, Schiffskaplan.
    Aus dem Register ausgezogen von William T. Randall, Marinemeister.
    Ein schöner Streich, ein solches Papier einem Mädchen in die Hand zu geben und zu sehen, wie sie es einsteckt, als ob es kostbares Gold sei! Ein Mann kann sich wohl wegen geringerer Dinge schämen! Aber es war in der Gegend so Sitte und – so sagte ich mir selber zur Entschuldigung – durchaus nicht die Schuld von uns Weißen, sondern von den Missionaren. Hätten sie die Eingeborenen in Ruhe gelassen, so würde ich solchen Betrug
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