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Der strahlende Tod

Der strahlende Tod

Titel: Der strahlende Tod
Autoren: Clark Darlton und Robert Artner
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keinen Menschen mehr gesehen habe. Aber ich habe auch kein großes Bedürfnis danach verspürt. Denn schließlich waren es ja auch Menschen, die… lassen wir das!«
    Er brach mitten im Satz ab.
    »Wollen wir nicht zusammen weitergehen?« fragte der Mann.
    Zimmermann sah ihm voll ins Gesicht.
    »Denken Sie mal daran, was Sie vorhin gesagt haben. Ich glaube nicht, daß Sie der Typ sind, der sich gern etwas sagen läßt. Sie wollen der Führer sein. Führer aber ist nur der, der die Waffe hat. Und die habe ich. Und ich werde sie auch nicht wieder hergeben. Damit müssen Sie sich abfinden. Können Sie das? Und wollen Sie das?«
    »Ich kann mich einer neuen Situation anpassen«, sagte der Mann.
    »Und warum sollten Sie mich jetzt zum Beispiel nicht anlügen, um Ihr Leben zu retten?«
    »Das ist Ihr Risiko«, sagte der Mann.
    Der Mann griff in die Tasche. Zimmermann hob die MPi.
    »Aber, aber«, sagte der Mann, »ich will Ihnen doch nur eine Zigarette anbieten. Seien Sie nicht so mißtrauisch.«
    Er warf ihm eine Zigarette zu. Zimmermann fing sie mit einer Hand auf und zündete sie an. Sie rauchten schweigend.
    Zimmermann trat die Zigarette auf dem Fußboden aus. Sein Gesicht spannte sich etwas, als er sagte:
    »Gut, ich nehme Sie mit. Wir gehen zusammen weiter. Sie kennen meine Bedingung.«
    »Okay«, sagte der Mann.
    Zimmermann drehte sich um und ging zum Fenster. Der Mann blieb ruhig auf seinem Stuhl sitzen. Zimmermann nahm etwas vom Fensterbrett auf und wandte sich zur Tür.
    »Kommen Sie«, sagte er. »Wir wollen gehen.«
    Der Mann versuchte es, als sie auf dem Flur waren. Er warf sich von hinten auf Zimmermann, der ihm den Rücken zugekehrt hatte. Seine Hände umklammerten seinen Hals. Aber er hatte nicht mehr mit dem Hund gerechnet.
    Der Hund kam von irgendwo aus dem Dunkel geschossen und verbiß sich in seinem Bein. Mit einem Schrei ließ er Zimmermann los. Der Hund sprang ihm an die Kehle und warf ihn nieder. Sie rollten die Treppe hinunter.
    »Walker!« schrie Zimmermann, »Walker, hör auf! Komm sofort her!«
    Er schaltete hastig die Flurbeleuchtung ein. Es war zu spät. Der Mann lag mit zerrissener Kehle am Fuß der Treppe. Zimmermann lief zu ihm. Der Mann lebte noch. Seine brechenden Augen sahen ihn flehend an.
    »Es tut mir leid«, sagte Zimmermann.
    Der Mann versuchte, seine Lippen zu bewegen.
    »Es tut mir leid«, sagte Zimmermann noch einmal.
    Und dann schoß er.

2
     
    Als die ersten blassen Sonnenstrahlen den neuen Tag ankündigten, verließ Robert Zimmermann die Stadt. Er hatte von den Sachen des Toten an sich genommen, was er gebrauchen konnte, die Maschinenpistole, die Munition und die Konserven. Sogar Zigaretten und ein Feuerzeug hatte er gefunden. Und er hatte das Tagebuch und den Bleistift mitgenommen.
    Er untersuchte das Magazin der Waffe und lud einen Schuß nach. Ich habe einen Menschen getötet, dachte er. Zimmermann haßte das Töten. Er haßte es in jeder Form. Und die Kaltblütigkeit, mit der er dem Mann gegenübergetreten war, war gespielt gewesen. Er war alles andere als kaltschnäuzig. Es war ein merkwürdiges Gefühl, das er empfand, wenn er an den Toten dachte; es war keine Reue. Das Unbehagen, das sich bei diesem Gedanken einstellte, war so stark, daß er es sogar körperlich empfand. Es war wie ein Knoten im Magen und in der Kehle. Er kam sich vor wie ein Kind, das bei etwas verbotenem ertappt worden ist. Aber er wußte genau, daß es niemanden mehr gab, der ihn dafür zur Rechenschaft ziehen konnte. Sooft er sich in Gedanken auch versicherte, daß es reine Notwehr gewesen war, und daß er den Kampf gar nicht hatte beeinflussen können – Walker war zu schnell gewesen – , er wurde dieses Unbehagen nicht los.
    Er steckte die Konserven in einen kleinen Rucksack. Das Magazin der MPi steckte er in die linke Hosentasche.
    Vorsichtig betrat er die Straße.
    Es war niemand zu sehen, und er hatte es auch nicht anders erwartet. Zimmermann machte sich auf den Weg, er kannte die Stadt schon lange. Genaugenommen hatte er sie kaum jemals verlassen. Im Sommer war er manchmal in Europa gewesen, zur Erholung und zum Schreiben, aber das hatte er sich nur leisten können, wenn eines seiner Bücher besonders gut gegangen war und er einen ordentlichen Vorschuß bekommen hatte. Zimmermann kannte diese Stadt. Er kannte sie wie seine Westentasche. Und er gehörte zu den Menschen, die mit dieser Stadt in einer Art Haßliebe verbunden waren.
    Der Krieg hatte alles verändert. Die Stadt war nicht mehr so
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