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Der Stern des Untergangs

Titel: Der Stern des Untergangs
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
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Streitkraft ihr gegenüber.
    Kein Zeichen von Leben umgab sie – keine Vögel, kein Getier auf den Wiesen, nicht einmal eine Schlange, ja selbst Maulwurfshügel fehlten. Nichts war an Feldfrüchten angebaut, es gab keine Straße, keinen Pfad, kein niedergetrampeltes Gras, das auf vereinzelte Karawanen hindeuten mochte – nur den Berg, die Zikkurat und das windbewegte Wiesenland.
    Als die Krieger schon dicht davorstanden, fragten sie sich plötzlich, wie sie dieses Bauwerk stürmen oder erklimmen sollten. Ihre Generation hatte keinerlei Erfahrung in Belagerung. Während sie vorsichtig herantraten und fragend murmelten, schwang einer der gewaltigen Quader nach innen, und ein gähnender Eingang lag vor ihnen.
    Erschrocken ließ Bo-ugan seine Truppen anhalten. Er und seine Krieger starrten das bleiche Gesicht eines hageren Mannes in langem blauen Gewand an. Eine kurze Weile flüsterte nur der Wind der Steppe, doch kein Wort wurde laut. Dann brach der Blaugewandete das Schweigen.
    »Was wollt ihr?« fragte er mit ruhiger, doch mächtiger Stimme. Er hatte die Hände unter den Ärmeln seines Gewandes gefaltet, und sein eindringlicher Blick schien sich in die Augen der Dorfbewohner zu brennen.
    Vom zornigen Murmeln der Männer hinter ihm gedrängt, trat Bo-ugan vorwärts, das alte Schwert blank in der Hand. »Dieser gefallene Stern – was hat das zu bedeuten?«
    Der Priester funkelte ihn an, als wäre eine solche Frage eine Unverschämtheit. »Fürchtest du den Stern, Barbar? Fürchtest du ihn etwa gar mehr als den Schatten dieses Tempels?«
    »Ich bin kein Barbar!« brüllte Bo-ugan. »Ihr Hunde, die ihr euch hinter Stein verkriecht, was beabsichtigt ihr damit, einen solchen Stein auf das Land herabzuholen?«
    »Narr!« schnaubte der Priester. »Hebt euch alle hinweg. Kehrt über den Fluss zurück, dann wird euch nichts geschehen …«
    Doch nun übertönten zahlreiche Stimmen, wütend und doch voll Furcht, die letzten Worte des Blaugewandeten. Ehe Bo-ugan Ruhe herstellen konnte, legte jemand einen Pfeil an die Sehne und schoss auf den Priester.
    Der Pfeil verfehlte ihn, entweder weil er schlecht gezielt war oder weil der Blaugewandete ihn durch eine geheime Macht ablenkte. Die Stahlspitze schlug funkensprühend gegen den harten Basalt und brach.
    »Narren!« schrillte der Zauberer.
    Hätten Bo-ugans Leute einen klaren Kopf behalten, hätten sie bemerkt, dass der Mann aus dem Tempel nicht weniger Angst vor ihnen hatte als sie vor dem Tempel und vor dem Stern. Doch mit dem abgeschossenen Pfeil schwand jegliche Gelegenheit, wieder Ordnung herzustellen. Weitere Pfeile sirrten – so viele, so rasch und auf gut Glück, dass Bo-ugan und andere in den vorderen Reihen sich tief duckten, um nicht von den eigenen Leuten getroffen zu werden.
    Unerschrocken trat der Zauberer aus der Tür. Hinter ihm eilten sechs weitere Blaugewandete waffenlos herbei, und ihre Haltung sprach von Stolz und Macht. Sie begannen etwas in einer unbekannten Zunge zu rufen und heftig zu gestikulieren, als wollten sie die streitbaren Dorfbewohner dadurch verscheuchen.
    Plötzlich traf ein Pfeil einen Priester. Er schrie und fiel auf die Knie. Hastig zog er sich den Pfeil aus der Seite und warf ihn verächtlich zu Boden, bevor er seitwärts kippte.
    Bo-ugan, der erkannte, dass dies die Wende bringen mochte, hob sein Schwert und führte seine Männer zum Sturm auf die Tür. Die Priester zogen sich, ohne ihren blutenden Kameraden mitzunehmen, eilig zurück, um die Steintür zu schließen, ehe weitere von ihnen verletzt wurden oder die Angreifer eindringen konnten. Als der mächtige Quader sich krachend schloss, ließen die erbosten Dorfbewohner ihre Wut an dem verwundeten Priester aus.
    Der Nachmittag wich allmählich dem Zwielicht. Der Regen hörte auf, und Bo-ugans Truppen begannen auf den Wiesen vor dem Zikkurat ihr Lager aufzuschlagen, in der Überzeugung, sie hätten sich bereits ihr Recht auf dieses Gebiet gesichert. Viele waren der Meinung, dass die Zauberer nichts weiter als Irre waren und dass es dumm von den Stämmen gewesen war, sich so viele Generationen lang vor diesem Tempel und seinen Bewohnern zu fürchten. Der Priester, den sie getötet hatten, war jedenfalls nicht sonderlich geschickt darin gewesen, sich mit Zauber oder sonst wie am Leben zu halten.
    Doch als die Sonne unterging und tiefe Schatten über die Wiesen warf, zeigte sich ein hochgewachsener Mann an einem offenen Fenster über der ersten Zikkuratstufe. Bo-ugan, die anderen Hetmane
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