Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Stern des Untergangs

Titel: Der Stern des Untergangs
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
Vom Netzwerk:
gefällter und verbrannter Bäume wies ihnen einen geraden, obgleich schwierigen Weg zu dem Göttergeschenk.
    Gegen Mittnachmittag standen sie am Rande eines großen Kraters, größer noch als der Durchmesser ihrer Zikkurat. Es war nicht leicht, ihr Gleichgewicht auf den schwelenden Trümmern zerschmetterter Bäume zu halten, die auf dem noch heißen, vom Feuer des Himmels berührten Gestein lagen. Doch nur so vermochten sie in den Krater hinabzublicken. Und dort sahen sie einen Stein – nicht größer als ein stämmiger Mann, doch fast weißglühend und Rauch und Gas ausschickend.
    Während sie so standen und auf den wundersamen Stein starrten, begann der wolkenverhangene Himmel zu grollen. Ein kräftiger sandaufwirbelnder Wind peitschte ihnen entgegen, und dann fiel Regen, der die verschwitzten Gesichter wusch und dampfend im Krater aufschlug.
    Mit dem Stab in der Hand kletterte Thotas ein paar Fuß die Kraterwand hinab. Ein paar Mal stolperte er auf dem ascheüberzogenen Geröll und wäre fast gefallen, doch das Ding im Krater zog ihn unwiderstehlich an. Und während er es betrachtete, freute er sich, dass seine inbrünstigen Gebete und jene seiner Vorgänger endlich erhört worden waren …
    Nach einer Weile hielt er inne und wandte sich den Begleitern zu. »Seht zu, dass ein paar von euch herunterklettern und den Stein hochschaffen! Benutzt die Seile und Stangen, die wir mitbrachten! Macht schon! Der Regen wird ihn ausreichend abkühlen.«
    Zögernd und nicht sicher, ob sie den Stern im Krater oder des Zauberers Zorn mehr fürchten sollten, kletterten zwei Dutzend junge Akoluthen die Kraterwand hinab, vorbei an Thotas, und plagten sich mit den langen Eichenstangen und den schweren Seidenseilen, die sie den Berg hinaufgeschleppt hatten.
    Thotas stieg wieder zum Kraterrand und beobachtete erregt die Anstrengungen seiner Jungpriester. Auf seinem kahlen Schädel schimmerte Schweiß, und er fuhr sich mit den Fingern immer wieder durch die zwei Spitzen seines dunklen Bartes. Er flüsterte dem neben ihm stehenden Akoluthen zu: »Spürst du es? Fühlst du es?«
    Der Mann starrte Thotas verständnislos an. »Was soll ich spüren, Meister?«
    Thotas’ schweres Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. Er blickte den Akoluthen nicht mehr an, sondern starrte gebannt auf den Stern im Krater. »Die Macht«, wisperte er mehr zu sich selbst denn als Antwort auf die Frage. »Diese Kraft! Meine Antwort von den Göttern …«
    Im Nieselregen des Nachmittags näherten sich Bo-ugan, die vier anderen Hetmane und vierhundert ihrer stärksten Krieger der Zikkurat, gefolgt von dreihundert weiteren Männern. Wohlüberlegt, hatte Bo-ugan seine Mannen aufgeteilt.
    Sie waren zwischen ihren Feldern hindurchmarschiert, hatten den Fluss überquert, der sie vom Land um die Zikkurat trennte, und nun marschierten sie entschlossen weiter. Während sie durch die leicht hügeligen Wiesen nördlich des Stufenbauwerks kamen, sangen sie ihre alten Kampflieder, um den Mut zu stärken.
    »Böses! Böses!« murmelte Bo-ugan fast unentwegt vor sich hin, während er marschierte, so als könnten seine festen Schritte die Herren der Zikkurat erschrecken. »Böses! Man hätte die Halunken schon zu meines Großvaters Tagen auslöschen sollen! Aber nun werden wir sie vernichten, sie und das Böse, das sie auf uns herabbringen wollen! Ich werde jeden dieser Hundesöhne töten!«
    Je näher sie der Zikkurat kamen, desto stärker regnete es. Trotz ihrer Furcht und ihrer Wut waren Bo-ugan und seine Männer von der Größe des Bauwerks beeindruckt. Ihr Leben lang hatten sie es bloß von der anderen Fluss-Seite aus gesehen, und nun erkannten sie, dass es selbst wie ein Berg aus behauenem Stein war oder wie eine kleine Stadt. Es hatte die Form einer stufenförmigen Pyramide, und von seinen vielen mächtigen Stufen erhoben sich leicht schräge Mauern um den gesamten Bau, bis ganz nach oben, wo ein kleiner Tempel (zumindest wirkte er aus der Ferne klein) ihn krönte. Die Zikkurat schien in verschiedenen Abschnitten erbaut zu sein, denn das unterste Stück war aus dem schwärzesten Basalt, gefolgt von braunem und grauem, ja selbst grünlichem Stein, während sie sich nach oben verjüngte.
    Als Bo-ugan noch näher kam, erkannte er, dass jeder einzelne Quader zumindest so hoch wie er selbst war. Die Zikkurat war gigantisch und warf einen ungeheuerlichen Schatten auf die Wiese. So klein sie gegen den Berg wirkte, an dem sie kauerte, so klein wirkte die sich nähernde
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher