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Der sterbende Detektiv - Roman

Der sterbende Detektiv - Roman

Titel: Der sterbende Detektiv - Roman
Autoren: PeP eBooks
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zu weinen. Obwohl er nie weinte. Nicht, seit er ein kleines Kind gewesen war. Nicht, seit der Beerdigung seiner Mutter vor einigen Jahren und der seines Vaters, die noch länger zurücklag, aber da hatten schließlich alle geweint. Sogar Johanssons ältester Bruder hatte sich eine Träne aus dem Auge gewischt und sich eine Hand vors Gesicht gelegt. Aber sonst weinte Johansson nie. Erst jetzt und ohne dass er eigentlich begriff, warum. Du lebst doch noch, dachte er. Warum zum Teufel heulst du dann?
    Schließlich atmete er tief durch. Strich ihr mit seiner gesunden
Hand über den Rücken, legte ihr einen Arm um die Schultern und drückte sie an seine Brust.
    »Kannst du mir ein Taschentuch geben?«, fragte Johansson. Was zum Teufel ist hier eigentlich los?, dachte er.
    Dann hatte er sich wieder im Griff. Er schnäuzte sich einige Male gründlich, wehrte ihre Versuche ab, seine Tränen wegzuwischen, und strich sich stattdessen selbst mit dem Handrücken über das Gesicht. Dann versuchte er mit seinem schräg hängenden Mund zu lächeln. Seine Kopfschmerzen waren plötzlich verschwunden.
    »Pia, meine kleine Pia, meine Kleine«, sagte Johansson. »Jetzt ist alles gut. Ich fühle mich prima, alles paletti, bald werde ich wieder Luftsprünge machen.«
    Erst da lächelte sie ihn wieder an. Sowohl mit den Augen, als auch mit dem Mund, vorgebeugt auf dem Stuhl, auf dem sie mittlerweile saß.
    »Weißt du was?«, sagte Johansson. »Wenn ich etwas zur Seite rücke, kannst du dich dazulegen.«
    Pia schüttelte den Kopf. Sie drückte seine gesunde Hand und strich über jene, die nicht eingeschlafen war, sondern sich nur so anfühlte.
     
    Dann verließ sie ihn, und da sein Bedürfnis nach Alleinsein größer war denn je zuvor, musste sie ihm versprechen, nach Hause in ihre Wohnung in der Stadt zu fahren. Sie sollte mit allen sprechen, die sich Sorgen machten. Sie sollte ausschlafen und erst am Nachmittag des folgenden Tages wiederkommen.
    »Wenn die ganzen Weißbekittelten mit mir durch sind«, erklärte Johansson. »Damit wir in aller Ruhe miteinander reden können.«
    »Versprochen«, sagte Pia. Dann beugte sie sich vor, fasste ihn mit der Hand im Nacken, obwohl er das sonst immer tat, und küsste ihn. Nickte und ging.

    Du lebst noch, dachte Lars Martin Johansson, und obwohl seine Kopfschmerzen zurückgekehrt waren, war er auf einmal fröhlich, ohne zu verstehen, warum.
     
    Kurze Zeit später schlief er ein. Die Kopfschmerzen hatten nachgelassen, und jemand hatte seinen Arm berührt, eine Frau, die keinen Tag über dreißig sein konnte. Sie hatte mit dem Kinn auf das Tablett mit Essen gedeutet, das sie neben sein Bett gestellt hatte. Eine Frau, die ihn mit ihren dunklen Augen und vollen Lippen anlächelte.
    »Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen helfen«, sagte sie.
    »Kein Problem«, meinte Johansson. »Ich komme schon zurecht. Wenn Sie mir einfach einen Löffel geben würden.«
    Eine halbe Stunde später kam sie zurück. Währenddessen hatte Johansson den Kochfisch probiert, zwei Löffel, die weiße Sauce, ein halber Löffel, das Rhabarberkompott, drei Löffel, und ein ganzes Glas Wasser getrunken.
    Als sie wieder vor seinem Bett stand, tat er so, als schliefe er. Offenbar mit Erfolg. Er dachte bereits an Günters Korv, Schwedens beste Wurstbude, und nahm die himmlischen Düfte wahr, die ihm immer schon mehrere Meter davor in die Nase zu steigen pflegten.
     
    Dann leerte eine andere junge Frau in weißer Kleidung seine Bettpfanne, und er nahm sich vor, nächstes Mal die Toilette aufzusuchen. Wie jeder normale Mensch, auch wenn er sich an seinem einen gesunden Arm dorthin hangeln müsste.
    Später besuchte ihn sein eigenes Eichhörnchen.
    »Darf ich Sie etwas fragen?«, sagte Johansson. »Wie alt sind Sie eigentlich?« Die Frage stellte er mehr, um weiteres Lamentieren über seine Essgewohnheiten und seinen generell elenden Zustand abzuwehren.
    »Ich bin zweiundvierzig«, antwortete sie.

    »Ulrika Stenholm«, meinte Johansson. »Auf Ehre und Gewissen. Niemand würde glauben, dass Sie einen Tag älter als vierzig sind. Über die Sache mit dem Eichhörnchen sprechen wir später.«
    Dann schlief er wieder ein.
     
    Ein anfänglich unruhiger Schlaf. Sein Kopf begann wieder zu schmerzen, aber dann hatte offenbar Hypnos seine Finger im Spiel – denn er bemerkte dunkel, dass sich jemand neben seinem Bett bewegte und sich an den Schläuchen, die zu den Infusionsflaschen über seinem Kopf führten, zu schaffen machte, denn die
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