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Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter

Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter

Titel: Der Stein der Könige 2 - Der junge Ritter
Autoren: Margaret Weis
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erkannte jede einzelne Leiche. Nachdem sie so lange miteinander zu tun gehabt hatten, waren er und diese Leichen Freunde geworden.
    »Ihr sagt, Ihr habt sie alle gesehen«, meinte der Schüler. »Auch diese hier?«
    Er blieb neben der Leiche einer Frau stehen, die am Ende der langen Reihe lag. Gustav sah sich die Leiche an und konnte sich nicht daran erinnern, sie je zuvor erblickt zu haben.
    »Nein, wahrscheinlich nicht.«
    Der junge Mann nickte. »Ihr Fachgebiet war die Geschichte der Pecwae. Meine Vorgänger, die Euch hierher geführt haben, waren wahrscheinlich der Ansicht, dass zwischen den Pecwae und dem Stein der Könige keine Verbindung bestehen könne.«
    Gustav dachte darüber nach, dann zuckte er die Achseln. »Ich kann es mir ebenfalls nicht vorstellen, aber ich habe schon alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft.«
    »Tatsächlich?«, fragte der Klosterschüler freundlich. »Habt Ihr auch daran gedacht, dass der Teil des Steins der Könige, nach dem Ihr sucht, in der Explosion, die die Stadt zerstörte, ebenfalls ein Ende gefunden haben könnte?«
    »Daran habe ich gedacht, aber ich weigere mich einfach, das zu glauben«, erwiderte Gustav ruhig. »Die Götter haben uns unseren Teil des Steins gegeben, ebenso wie den anderen Völkern. Wir haben unseren verlegt, das ist alles. Sehen wir nach, was diese Historikerin der Pecwae uns zu sagen hat.«
    Der Klosterschüler folgte den Tätowierungen auf der Leiche, murmelte dabei ein paar Worte vor sich hin und schüttelte den Kopf. Diese Tätowierungen sind magischer Art. Der Historiker überträgt seine Gedanken auf die Haut, und die Tätowierungen geben später besagte Gedanken an andere Mönche weiter, die in der gleichen Magie ausgebildet sind. Indem er die Hand auf die Tätowierung legt und den Zauber aktiviert (diese Magie ist bei den Mönchen ein sorgfältig gehütetes Geheimnis), kann sich der Mönch alle Bilder und Worte und Gedanken in den Kopf rufen, die die Person, deren Haut er berührt, einmal hatte.
    Gustav blickte dem Klosterschüler ins Gesicht und beobachtete, wie unzählige Informationen über seine Züge hinwegzuckten, so wie Wind die Oberfläche eines stillen Sees in Bewegung versetzt. Dann wurden die Gedankenwellen klarer. Die Augen des jungen Mannes blitzten.
    »Ich habe etwas«, sagte er vorsichtig. »Aber macht Euch keine allzu großen Hoffnungen. Es ist nicht mehr als ein Hinweis, betrifft aber zumindest den richtigen Zeitraum.«
    »Ich nehme alles«, sagte Gustav, und er hoffte, nicht so verzweifelt zu klingen, wie er sich inzwischen fühlte.
    Mit siebzig Jahren war der Ritter seinem eigenen ewigen Schlummer recht nahe. Er war ein mutiger Krieger, hatte dem Tod ins Gesicht geschaut und auf mehr als einem Schlachtfeld die Hand des besagten Herrn geschüttelt. Gustav hatte keine Angst vor dem endlosen Schweigen. Er würde sich sogar auf seine letzte Ruhe freuen, wenn er nur mit Sicherheit gewusst hätte, dass sie friedlich verlaufen würde. Er glaubte, wenn er gezwungen wäre, die Welt zu verlassen, bevor er seine Suche vollendet hatte, müsste er wie einer dieser jämmerlichen Geister weiter existieren, die dazu verurteilt sind, auf ewig zu suchen und nie zu finden.
    »Es hängt mit der Grabstätte eines Bahk zusammen«, erklärte der Mönch. »Eines Bahk, der als der Hüter bekannt war.«
    Gustav lauschte, als der Mönch die Geschichte eines verhungernden Bahk erzählte, die Geschichte seiner Retter, die dem Volk der Pecwae entstammten, und die der ungewöhnlichen Umstände des Bahk-Begräbnisses. Als er zu der Stelle kam, in der es hieß, der Bahk sei mit einem magischen Schatz begraben worden, erwachte Gustavs Interesse. Er bat den jungen Mann, diese Stelle noch einmal zu wiederholen. War es möglich, dass der heilige und mächtige Stein der Könige all die Jahre auf dem verwesenden Leichnam eines Ungeheuers geruht hatte? Gustav konnte es kaum glauben, aber dies hier war der letzte und einzige Hinweis, der ihm blieb.
    Die Beschreibung, die der Klosterschüler von dem Ort gab, an dem sich das Grabmal befinden sollte, klang sehr allgemein. Die Historiker benutzten Berge, Flüsse und ähnliche Landschaftsmerkmale als Hinweise, denn sie waren sich dessen bewusst (niemand konnte es besser wissen), dass von Menschenhand geschaffene künstliche Grenzen mit den politischen Gezeiten kommen und gehen. In diesem Fall hätte die betreffende Region vor zweihundert Jahren in einem Land namens Dunkarga gelegen, aber nun, nach einem Bürgerkrieg,
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