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Der Spieler (German Edition)

Der Spieler (German Edition)

Titel: Der Spieler (German Edition)
Autoren: Paolo Pacigalupi
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Möglichkeiten nach, die ihm sein neuer Reichtum bot. Zwischen den Geldstücken ertastete er die ungewohnt kantige Form des Datenwürfels. Er zog ihn hervor und betrachtete ihn von allen Seiten. Beinahe hätte er vergessen, woher sein Geld stammte. Während er den Würfel anschaute, musste er wieder an den Hunanesen und den Tibeter denken und an seine Mission. Er überlegte, ob er den Tibeter suchen und ihm den Würfel zurückgeben sollte, aber irgendetwas sagte ihm, dass er den Mann, der Tigerknochen verkaufte, heute Abend nicht antreffen würde. Ihm knurrte der Magen. Also steckte er den Datenwürfel wieder in die Tasche und klimperte mit den Münzen, die er dort aufbewahrte. Heute hatte er die Taschen voll Geld. Er würde gut essen.
     
    Wie viel kostet der Mapo Tofu?«
    Der Koch schwenkte gerade eine Suppe in einem großen Wok, schaute kurz zu ihm herüber und lauschte dann wieder dem Brutzeln.
    »Zu teuer für dich, kleiner Wang. Geh und such dir einen anderen Ort zum Betteln. Ich will nicht, dass du meine Kunden belästigst.«
    » Shushu , ich habe Geld.« Wang Jun zeigte dem Koch die Münzen. »Und ich möchte essen.«
    Der Koch lachte. »Xiao Wang ist reich! Also gut, kleiner Wang, dann verrate mir, was du gerne hättest.«
    »Mapo Tofu, Schweinefleisch Yu-Xiang, Reis für zwei Liang und ein Wu Xing-Bier.« Hastig brachte er seine Bestellung vor.
    »Der kleine Wang hat anscheinend einen großen Magen! Wo soll denn da das ganze Essen reinpassen, frage ich mich?« Als Wang Jun ihn daraufhin wütend anstarrte, sagte er: »Gut, setz dich, du sollst dein Festmahl haben.«
    Wang Jun nahm an einem der niedrigen Tische Platz und blickte in das prasselnde Herdfeuer. Dann sah er zu, wie der Koch ein paar Chilischoten in den Wok warf. Als ihm der Essensgeruch in die Nase stieg, wischte er sich über die Lippen, weil ihm das Wasser im Mund zusammenlief. Die Frau des Kochs machte ihm eine Flasche Five Star auf, und er beobachtete, wie sie das Bier in ein noch feuchtes Glas goss. Die Hitze ließ allmählich nach. Dafür fielen ein paar Tropfen auf das Jutedach des Straßenrestaurants. Wang Jun trank sein Bier und beobachtete die anderen Speisenden, welche Gerichte sie aßen, mit wem sie da waren. Sie alle hatte er schon einmal um Geld angebettelt. Aber nicht heute Abend. Heute Abend war er ein König. Reich, mit Geld in den Taschen.
    Die Ankunft eines Ausländers ließ ihn aufmerken. Ein breitschultriger Mann, dessen langes weißes Haar zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden war. Seine Haut war blass, und er trug weiße Handschuhe. Als er unter die schützende Juteplane trat, ließ er den Blick über die Gäste schweifen. Er hatte fremdartige blaue Augen. Die Chinesen starrten von ihren Tischen aus zurück. Sobald er Wang Juns gebückte Gestalt erblickte, lächelte der Fremde. Er setzte sich Wang Jun gegenüber und sprach ihn auf Mandarin an, wenn auch mit starkem Akzent: »Du bist der kleine Wang. Du hast etwas für mich.«
    Wang Jun starrte den Mann an und erwiderte, angespornt von der Aufmerksamkeit der anderen Chinesen, großspurig: » Ke neng .« Vielleicht.
    Der Ausländer zog die Stirn kraus und beugte sich über den Tisch. Doch er wurde von der Frau des Kochs unterbrochen, die gerade in diesem Moment Wang Juns Mapo Tofu servierte. Kurz darauf kam auch das Schweinefleischgericht. Dann füllte sie eine Schale, die breiter war als Wang Juns Hand, mit dampfendem Reis und stellte sie vor ihn. Ohne den Mann aus den Augen zu lassen, langte Wang Jun nach den Stäbchen und fing an, das Essen in sich hineinzuschaufeln. Die Schärfe des Tofus trieb ihm Tränen in die Augen, und er verspürte ein Kribbeln, als ihm die gemahlenen Pfefferkörner allmählich den Mund betäubten.
    Die Frau des Kochs fragte, ob der Fremde mit Wang Jun essen wolle, und Wang Jun musterte den Mann daraufhin prüfend. Tastete nach den Münzen in seiner Tasche, während ihm der Mund brannte. Aber angesichts der Größe des Ausländers kam ihm sein Reichtum mit einem Mal unzureichend vor. Zögerlich bejahte Wang Jun auf Chengdu Hua , dem Dialekt der Stadt, damit der Ausländer ihn nicht verstehen konnte. Daraufhin füllte die Frau eine weitere Schüssel mit Reis, nahm ein Paar Essstäbchen und stellte beides vor den Mann, der sie unentwegt dabei beobachtete. Dann betrachtete er den weißen Berg Reis vor sich und wandte sich wieder Wang Jun zu. Schüttelte den Kopf und sagte: »Du hast etwas für mich. Gib es mir jetzt.«
    Dass dieser Mann sein Essen
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