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Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Titel: Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)
Autoren: Amanda Howells
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mehreren Jahren nicht mehr in den Sommerferien zu meinen Cousinen in ihrem Strandhaus in den Hamptons gefahren. Dad hatte seinen kleinen Baumarkt erweitert, als das Baugewerbe boomte. Er wollte es lieber das ganze Jahr über im Auge behalten, gerade im Sommer, wenn besonders viel zu tun war.
    Es gab einen Strand bei uns in der Nähe, aber meine Mutter dachte nicht daran, auch nur übers Wochenende hinzufahren. Sie sagte, die Leute dort seien zu niveaulos, und dabei blieb es dann. Wir verbrachten die Sommerferien zu Hause, mit Chlor als Salzersatz, und lauschten anstatt beruhigendem Meeresrauschen dem Brummen der Rasenmäher in der Nachbarschaft, das jeden glühend heißen Vorstadttag untermalte.
    Doch nicht in diesem Sommer. »Das Geschäft läuft so schlecht, dass wir genauso gut die ruhige Zeit genießen können«, hatte Dad mir und Mom verkündet. »Diesen Sommer fahren wir rauf nach New York.« Und obwohl mir klar war, dass mein Dad sich wegen des Geschäfts Sorgen machte, wusste ich zugleich, dass auch er gerne mal raus wollte. Wir alle konnten einen Urlaub von zu Hause gut gebrauchen.
    »Gleich sind wir da«, verkündete mein Vater, als wir nach einer gefühlten halben Ewigkeit die Autobahn verließen und den südlichen Zipfel der Insel entlangfuhren. Runter vom Expressway. Jippiieh!, simste ich meiner Cousine Corinne.
    »Gott sei Dank!« Mama lächelte und ich auch, als wir den Long Island Expressway verließen und der Sunset Road folgten. Dann gelangten wir auf den Montauk Highway und näherten uns allmählich dem Ozean. Obwohl wir das Meer noch nicht sehen konnten, spürte ich es bereits. Rechts von mir befanden sich die vorgelagerten Inseln, die auf der Karte wie ein langer dünner Finger parallel zum Festland verliefen. Dort waren die Strände der Hamptons aufgereiht wie eine Perlenschnur, vom übrigen Long Island durch blaue Buchten getrennt und nur durch lange, schmale Brücken verbunden, die einen hoch hinauf und hinüber zum Paradies brachten, weit weg vom Rest der Welt.
    Kühle salzige Windstöße linderten die stickige Hitze in unserem Auto, und ich atmete tief ein. Ich holte so tief Luft, wie ich es seit Jahren nicht getan hatte. Zwei Monate. Den größten Teil des Julis und den ganzen August würden wir hier verbringen. Acht Wochen zwischen Wasser und Strand, jeden Tag in den immer gleichen abgeschnittenen Jeans, ohne dass es irgendjemanden interessierte. Doch am besten war, dass ich acht Wochen lang mit meiner Cousine Corinne abhängen konnte.
    Ich kann es kaum erwarten, Cousinchen! Ich scrollte durch frühere Nachrichten, die Corinne mir geschickt hatte. Noch ein Sommer ohne dich, und ich bringe Beth um! Wenn wir uns keine SMS schrieben, mailten wir uns, und wenn wir nicht mailten, telefonierten wir. Corinne erzählte von ihrer nervigen älteren Schwester Beth, und ich beklagte mich über Mama und Eva.
    Corinne war nur zwei Monate älter als ich, und in jedem Sommer unserer Kindheit waren wir unzertrennlich gewesen. Wir hatten uns seit drei Jahren nicht mehr gesehen, weil sie in New York City wohnte und wir so lange nicht hingefahren waren. Doch jetzt würden wir wieder zusammen sein.
    Leider hatte ich Corinne in letzter Zeit nicht erreicht. Ich starrte auf mein Handy und fragte mich, warum ich schon seit einem Monat keine Nachrichten mehr von ihr erhalten hatte. Das letzte Mal hatte ich von ihr gehört, nachdem Jake mit mir Schluss gemacht hatte. Ich wollte unbedingt mit ihr reden. Ich wusste, dass sie die richtigen Worte finden würde, um mich zu trösten. Sie hatte schon feste Freunde, seitdem sie dreizehn war. Ich hatte sie angerufen und ihr eine ewig lange E-Mail geschickt, doch alles, was sie zurückschrieb, war: Trockne deine Tränen, Cousinchen. Es gibt noch mehr Jungs auf der Welt!
    Es gibt noch mehr Jungs auf der Welt. War das wirklich alles, was sie dazu zu sagen hatte? Ich rutschte unruhig auf dem Rücksitz herum. Der Kunststoffbezug löste sich klebrig von meinen Oberschenkeln. Schon merkwürdig, dass sich Corinne plötzlich so zurückgezogen hatte und wochenlang nichts von sich hören ließ. Doch als das Auto langsamer wurde, machte mein Herz einen Sprung. Gleich würde ich nicht mehr über SMS und Anrufe nachzudenken brauchen. Gleich würde ich meine Cousine wiedersehen, und wenn wir zusammen waren, würden wir wieder in unseren alten Rhythmus verfallen, in dem die eine die Sätze der anderen beendete.
    »Da sind sie!«, trällerte meine Mutter und winkte aus dem Fenster, während
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