Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sommer der Legenden

Der Sommer der Legenden

Titel: Der Sommer der Legenden
Autoren: Sarah Eden
Vom Netzwerk:
Abkommen mit Fisher, der sich mit größtem Vergnügen sofort aus dem düsteren Raum zurückzog. »Ich warte draußen in der Sonne«, flüsterte er ihr noch zu, dann verließ er den Raum.
    Die Versammelten registrierten es mit Genugtuung. In ihren Augen spiegelten sich die Gedanken, die sie beim Anblick des großen Mannes haben mussten: Dieser ungehobelte Flegel...
    Carol sah Fisher etwas anders, aber schließlich kannte sie ihren Mann ja auch besser als die verstaubten Typen, die vor dem Schreibtisch des Notars wie Aasgeier Posten bezogen hatten.
    »Setzen Sie sich bitte.« Sherigan zeigte auf den einzigen noch verbliebenen freien Stuhl. »Kennen Sie einander?«
    Carol setzte sich und schüttelte den Kopf.
    Links von ihr saß ein ältliches Fräulein mit grauem Mausgesicht, in dem nur die zornig funkelnden Augen ein gewisses Leben verströmten.
    Vor ihr hatten zwei stattliche Herren in teurem Zwirn Platz genommen. Ihre Gesichter wirkten gelangweilt. Aber die eiskalten, berechnend blickenden Augen verrieten, was wirklich in ihnen vorging.
    »Nun«, der Notar räusperte sich, »das ist auch nicht erforderlich. Sie alle wurden jedenfalls eingeladen, weil der verstorbene John Murdock Sie namentlich in seinem Testament berücksichtigt hat...«
    Carol rutschte unbehaglich auf ihrem Sitz hin und her. Sie hatte das Gefühl, von den anderen Geladenen mit unverhohlenem Widerwillen beobachtet zu werden.
    Die Minuten, in denen der Notar dann den umfangreichen Schriftsatz vorlas, wurden nicht nur für Carol zur Qual, sondern auch für die drei anderen Anwesenden. Deren Gesichter wurden immer länger, je näher Sherigan dem Kern der testamentarischen Verfügung kam.
    Und als Carol eine Dreiviertelstunde später aus dem hässlichen Gebäude auf Fisher zutrat, wusste sie immer noch nicht, wie ihr geschehen war.
    »Was hast du denn?« fragte ihr Mann besorgt, als er ihr fahles Gesicht bemerkte. Sie zitterte regelrecht, als sie sich bei ihm stützte. »Du brauchst doch nicht enttäuscht zu sein. Was hast du denn erwartet? Ein Vermögen?«
    Plötzlich fing Carol lauthals an zu lachen. »Ich bin nicht enttäuscht«, sagte sie schließlich. »Schau mich an, vor dir steht die stolze Besitzerin einer Ranch!«
    Fisher nahm es gelassen. Er glaubte ihr kein Wort.

    Als sie über die sanfte Hügelkuppe fuhren, breitete sich vor ihnen ein märchenhaftes Tal aus. Die schmale Schotterstraße schlängelte sich wie ein hellgraues, gewundenes Band durch die idyllische Landschaft.
    Rechts und links des Weges standen hohe Bäume mit ausladenden Kronen, und in der Ferne plätscherte ein kleiner Bach zwischen grünen Wiesen und Weiden.
    Nur selten kam ihnen ein anderer Wagen entgegen. Die Umgebung wirkte verschlafen. Einmal kreuzte dicht vor ihnen ein einsamer Traktor die Straße; dann überholte sie ein Kamikazefahrer auf seinem Motorrad von hinten. Das waren die einzigen Abwechslungen über Meilen hinweg.
    Carol las immer wieder die ausführliche Wegbeschreibung, die ihnen überlassen worden war. Zu ihrer eigenen Überraschung gelangten sie schließlich auf einen Seitenweg, über den sie nach zehn Minuten ihr Ziel erreichten.
    »Fisher«, sagte Carol, als sie aus dem schwarzen Buick stiegen und langsam über das Ranchgelände auf das halbverfallene Hauptgebäude zuschritten, »du bist verrückt!«
    Sie reagierte damit auf einen beifällig-ironischen Pfiff, den ihr Mann beim ersten Anblick des Besitzes ausgestoßen hatte.
    Er lachte nur rau auf, wie es seine Art war, wenn er mit. Carols Behauptungen übereinstimmte, verstärkte er kurz aus einem übermütigen Gefühl heraus den Druck seiner Umarmung und sagte: »Keine voreiligen Entschlüsse! Sagtest du nicht, er sei dein Lieblingsonkel gewesen? Gib ihm also noch eine kleine Chance.«
    Carol hätte erwidern können, dass er nur deshalb ihr Lieblingsonkel gewesen sein konnte, weil er gleichzeitig ihr einziger Onkel gewesen war. Aber sie schwieg.
    Sie wandte sich von dem deprimierenden Anblick des alten Hauses ab und musterte verstohlen und ein bisschen erstaunt diesen Bär von einem Mann, mit dem sie seit vier Jahren verheiratet war und der ihr, seit sie sich kannten, nie das Gefühl gegeben hatte, dass sie auf sich allein gestellt sei. Er war stets dagewesen, wenn sie ihn gebraucht hatte, und noch immer kam sie fast um vor Liebe zu ihm. Die Jahre waren wie im Rausch verflogen, und nur die kleine Taylor zeigte ihr Tag für Tag, wie viel Zeit tatsächlich verstrichen war, seit sie ihr Leben gemeinsam
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher