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Der Sommer der Legenden

Der Sommer der Legenden

Titel: Der Sommer der Legenden
Autoren: Sarah Eden
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Petroleumlampe spendete noch immer trübes Licht, aber sie war völlig bedeutungslos angesichts des grellen Widerscheins der Flammen, die an manchen Stellen bereits sichtbar an den Innenwänden leckten. Das alte, größtenteils aus Holz errichtete Ranchgebäude brannte wie Zunder!
    Carol wurde erst kreidebleich, dann stieg ihr die Röte ins Gesicht.
    Sie dachte an Taylor, dann an Fisher und sich selbst. Sie hatte nie daran geglaubt, dass einem das in solchen Situationen tatsächlich so ging, aber nun blitzten die Schlaglichter ihres jungen Lebens noch einmal vor ihrem inneren Auge auf, wechselten in rasendem Tempo.
    Rauch trieb in fetten Schwaden durch die Räume. Carol hörte Fisher husten.
    Im nächsten Moment drangen die beißenden Wolken in ihre eigenen Lungen. Es schmerzte, und sie rang nach Luft.
    Ihre Augen brannten wie Feuer selbst. Ihr ganzer Körper war schweißbedeckt.
    Plötzlich spürte sie Fishers Hand. Er griff nach ihrem Arm und zerrte sie auf den Korridor.
    »Wohin willst du?« schrie sie.
    »Nach oben!« Es klang entschlossen. »Wohin sollten wir sonst? Dort sind wir vielleicht ein paar Minuten länger sicher. Einen Keller hat das verdammte Haus ja nicht!«
    Carol gab ihren Widerstand auf. Sie jagten über den engen Gang, die Treppe hinauf, Fisher rannte voraus.
    Doch plötzlich bremste er so abrupt, dass Carol gegen ihn prallte. Von oben schoss eine Feuerlohe herab! Instinktiv pressten die beiden sich gegen die Wand.
    »Sinnlos...«, hörte Carol Fisher stöhnen. Er wandte sich um und schob sie die wenigen Stufen, die sie erklommen hatten, wieder zurück.
    Zum ersten Mal empfand Carol einen Hauch namenloser Angst. Seltsam, dachte sie. »Wieso kann ich überhaupt noch denken? Wieso lähmte der nahe Tod nicht alle Überlegungen?

    Über ihnen löste sich ein brennender Balken und stürzte unmittelbar neben ihnen auf den Boden. Ein Meer von Funken stob ihnen entgegen.
    Der Rauch wurde immer dichter, verbarg gnädig das wahre Ausmaß des Infernos. Aber die unerträgliche Hitze wurde davon nicht abgemildert.
    Carol sank zu Boden. Ihre Beine gaben einfach nach. Sie hatte Fisher aus den Augen verloren.
    Mit gesenktem Blick, das Gesicht zwischen die Arme gebettet, als könnte sie es dadurch wirkungsvoll schützen, kauerte sie da.
    Wir sterben, dachte sie. Großer Gott, wie schwer das ist...
    Sie grübelte nicht länger darüber nach, warum man sie auf diese Weise strafte. Sie ließ sich treiben, versuchte, den sengenden Schmerz zu ignorieren. Doch das funktionierte nicht. Natürlich nicht.
    Ein knirschendes Geräusch ganz nahe bei ihr ließ sie ein letztes Mal den Kopf heben. Sofort verbrannten Teile ihrer Haut und ihrer Haare.
    Sie wollte schreien, aber ihre Kehle war viel zu ausgedörrt. Nicht einmal ein Krächzen brachte sie zustande.
    Vor ihren Augen tanzten Schemen, die längst nichts mehr mit der Wirklichkeit zu tun hatten.
    In diesem Moment öffnete sich krachend der Boden vor ihr, und Joshua Pickwick steckte den Kopf heraus. Er winkte Carol feixend zu. Sie lächelte.
    Du Närrin, schalt sie sich, jetzt hast du schon Wahnvorstellungen.
    Dann verlor sie das Bewusstsein.

Kapitel 12

    Entfernte Stimmen.
    Wohltuende Kühle.
    Keine Angst mehr...
    Etwas in Carol sträubte sich, die Augen zu öffnen. Sie genoss den Frieden.
    Dann erkannte sie Fishers Stimme, und die Sehnsucht nach ihm gewann die Oberhand.
    Halbdunkel empfing sie, als sie die Augen aufschlug.
    Sie spürte unter ihrem Körper ein provisorisches Polster aus Heu. Auf ihrer Stirn lag ein nasser Lappen.
    Sie wollte danach greifen, aber eine fremde Hand hielt sie zurück.
    »Bleiben Sie ruhig liegen.« Joshua Pickwick löste sich aus den Schatten. »Es hat Sie ganz schön erwischt. Aber keine Sorge, Sie werden's überleben.«
    Wie tröstlich, dachte Carol.
    »Wo... ist... Fisher?« fragte sie mühsam. »Was... ist... überhaupt... passiert...?«
    »Ihr Mann musste mal dringend für kleine Jungs«, antwortete Pickwick bereitwillig. »Er ist irgendwo da hinten, aber er kommt sicher gleich zurück.«
    »Was ist... passiert?« wiederholte Carol missmutig ihre Frage. Einerseits war sie froh, noch zu leben, andererseits war ihr dieses Wunder nicht ganz geheuer.
    Pickwick kniete neben ihr nieder. Zunächst nahm er den Lappen von ihrer Stirn, tauchte ihn in eine wassergefüllte Schüssel neben Carol und tupfte anschließend behutsam ihr glühendes Gesicht ab.
    Am Anfang tat es weh, aber dann merkte Carol die lindernde Wirkung. Der Teufel mochte wissen,
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