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Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)

Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)

Titel: Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)
Autoren: Gerri Russell
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Gedanken lesen können, um ihr anzusehen, dass sie vor langer Zeit im Stich gelassen worden war. Konnte er sie reinen Gewissens ebenfalls im Stich lassen?
    Er ignorierte diese Frage, bevor sie sich so sehr in seinem Kopf festsetzen konnte, dass seine Entschlossenheit womöglich noch ins Wanken geriet. Er würde tun, was nötig war, um Walter vor einer Rückkehr in den Kerker seines Vaters zu bewahren. Wenn er dafür die Frau weiteren Ängsten aussetzen musste, ließ sich das eben nicht vermeiden. Sie hatte sein Mitgefühl nicht verdient, schon gar nicht nach alldem, was es ihn gekostet hatte, sie in sein Leben zu holen. Eine Heirat würde sie zumindest von dieser Insel entkommen lassen, auf der man sie nur ausgenutzt hatte.
    Skeptisch betrachtete er den verlassenen Bereich nahe dem Cottage. Wieso brauchte sie so lange? Sie hatte ihm versprochen, nicht davonzulaufen, aber konnte er tatsächlich auf ihr Wort vertrauen? Voller Ungeduld ging er auf das Cottage zu, als sie plötzlich auftauchte. Mit einer Hand hielt sie das Schultertuch zusammen, in der anderen trug sie einen wollenen Beutel. Mit zügigen Schritten kam sie auf ihn zu. »Jetzt kann ich in Frieden von hier fortgehen«, erklärte sie und ging an ihm vorbei in Richtung Ufer.
    Wolf folgte ihr zum Wasser. Er wollte sie fragen, was sich in dem Beutel befand, doch als der sanfte Schwung ihrer Hüften unter der zerlumpten Kleidung seine Aufmerksamkeit auf sich zog, war die Frage mit einem Mal vergessen. Sie wusste sich elegant, ja fast stilvoll zu bewegen, dennoch sah seine zukünftige Braut eher wie ein unterernährter Vogel denn wie eine begehrenswerte Adlige aus. Er zwang sich, nicht weiter an die Frau zu denken, und sah zu seinen Männern. Brahan, Giric, Kenneth und Fergus warteten bei dem kleinen Boot, das sie in den Hafen und damit zur Ategenos bringen sollte.
    »Ist Walter auf dem Schiff?«, erkundigte sich Wolf, als er seinen Bruder in der Gruppe nicht entdecken konnte. Er hatte darauf bestanden, dass Walter in seine Obhut übergeben wurde, noch bevor er die junge Frau von hier abholte und sie zur Frau nahm. Warum sein Vater auf diese Forderung eingegangen war, konnte Wolf sich nach wie vor nicht erklären, da es eine gänzlich untypische Reaktion war. Aber darüber konnte er sich später immer noch Gedanken machen.
    »Aye, Walter ist an Bord. Er ist aufs Schiff zurückgekehrt, um alles für unsere Abreise bereitzumachen. Ist das die Frau?«, fragte Brahan MacGregor und betrachtete überrascht Wolfs Begleiterin. Seidiges braunes Haar fiel Brahan auf die Schläfen und verlieh seinem ansonsten so eleganten Gesicht einen verwegenen Hauch. »Wolf, bist du dir sicher, dass du das machen willst?«
    Wolf musterte seinen Freund und Vertrauten, der zugleich der Hauptmann seiner Wache war. Ein kühler Wind wehte über das mit Heidekraut und Ginster gesprenkelte Land. Ein Omen für einen Wandel, hatte seine Mutter stets behauptet. Wolf unterdrückte ein Schaudern und hielt an seinem Entschluss fest. »Der König hat es mir befohlen. Ob es mir nun gefällt oder nicht, es ist eine Anweisung, über die ich mich nicht hinwegsetzen kann.«
    »Und was ist mit meiner Vision?« Brahan sah zu einem Lederbeutel, der an seinem rot-grünen Tartan hing. Darin befand sich ein kleiner weißer Stein, kaum größer als sein Daumen. Eine Seite war abgerundet, die andere gezackt, und auf der Oberseite war ein Alpha-Symbol eingraviert. »Ich habe es alles gesehen -; wie du den Auftrag annimmst, deine Reise und deinen Tod.«
    »Was meinen Tod angeht, irrst du dich.« Obwohl er diesen Punkt strikt leugnete, konnte Wolf sich eines gewissen Unbehagens nicht erwehren.
    »Und dieses Risiko willst du wirklich eingehen?« Brahans Stimme hatte einen schroffen Klang angenommen, aber seine Miene verriet, wie besorgt er um den anderen Mann war.
    »Wenn ich damit meinem Bruder das Leben retten kann, muss ich das machen. Nur so kann ich ihn aus dem Griff meines Vaters befreien.«
    Brahan legte die Stirn in noch tiefere Falten. »Sie ist überhaupt nicht so wie die Frau, die der Stein gezeigt hat …»
    »Das reicht«, unterbrach ihn Wolf und nahm Lady Isobels mageren Arm, um ihr in das kleine Boot zu helfen, das sie zu ihrem Schiff bringen sollte. Als er sie wieder losließ, begab sie sich zum Bug, kauert sich nieder und drückte den Wollbeutel an sich.
    Die Männer schoben das Boot ins Wasser und sprangen hinein, dann begannen sie zu rudern.
    »Etwas stimmt hier nicht«, grübelte Brahan und
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