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Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)

Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)

Titel: Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)
Autoren: Gerri Russell
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Nacht hatte sie hinter sich gebracht.
    Dieser einen Nacht, betonte eine Stimme in ihrem Kopf. Natürlich würde dem anbrechenden Tag eine weitere Nacht folgen. Doch für den Augenblick verdrängte sie diesen Gedanken.
    Sie verweigerte der Angst, Fuß zu fassen. Alles was zählte, war die Freiheit für ihr Kind. Weder in ihrem Leib noch in diesem Gefängnis eingesperrt. Und mit etwas Glück auch nicht gefangen auf dieser abgeschiedenen Insel.
    Für ihr Kind würde sie weiterhin stark sein.

Erstes Kapitel
     
    Isle of St. Kilda, Schottland 1372
     
     
    Isobel Grange verspürte ein beängstigendes Kribbeln im Nacken. Ein Vorzeichen für nahendes Unheil. Ihre Mutter hatte sie vor solchen Dingen stets gewarnt, aber was sollte ihr hier im Cottage schon geschehen, das ihr Zuhause war? Die anderen Bewohner der abgeschiedenen Isle of St. Kilda schenkten ihr keine Beachtung, und ihre Pflegefamilie interessierte sich nur dafür, wie schnell sie ihre Hausarbeit erledigte.
    Izzy verdrängte dieses seltsame Gefühl. Als sie gerade einen Korb mit Eiern auf den Holztisch in der Zimmermitte gestellt hatte, wurde hinter ihr mit einem lauten Knall die Haustür zugeschlagen.
    Erschrocken drehte sie sich um, und dann stockte ihr der Atem, als sie den großen, breitschultrigen Mann entdeckte, der hinter ihr im Zimmer stand. Mit seinem gelben Hemd und dem dunklen wollenen Tartan war er im typischen Stil ihrer Landsleute gekleidet.
    »Lady Isobel?«
    Ihr Herz setzte ein paar Schläge lang aus. Er kannte ihren Namen … ihren wahren Namen. Die Wände des Cottages schienen von allen Seiten auf sie einzustürzen.
    Seine dunklen Augen musterten sie forschend. »Seid Ihr Lady Isobel?« Sein Tonfall war kurz und knapp.
    Erdrückende Stille machte sich im Raum breit, bis die einzigen Geräusche das Knistern der Holzscheite im Kamin und ihr angestrengtes Atmen waren. Nervös nahm Izzy die Hände herunter und kämpfte gegen eine aufkommende Panik an. »Ich bin Izzy … Isobel.«
    Er musterte sie weiter abschätzend mit seinen pechschwarz erscheinenden Augen, die von genauso dunklen Wimpern gesäumt wurden. Ihm war keine Gemütsregung anzusehen, dennoch bemühte sie sich, die Ruhe zu bewahren, als sein Blick von ihrem Gesicht zu den zerzausten Haaren, ihrem zerlumpten Rock und den schmutzigen Schuhen wanderte.
    Ein Hauch von Missbilligung schlich sich in die Schwärze seiner Augen, und Izzy bekam fast sofort eine Gänsehaut. So wie alle anderen beurteilte er sie nach ihrem Äußeren, aber nach nichts anderem. Trotz der Furcht, die an ihr nagte, trotzte sie ihrem Gegenüber. »Wer seid Ihr?«, fragte sie langsam und merkte, wie diese Worte ihr halfen, ihre Gefühle in den Griff zu bekommen. Wenn nichts anderes mehr half, sie zur Ruhe zu bringen, dann war auf ihre Neugier immer noch Verlass.
    Als er nicht antwortete, ging sie auf ihn zu und näherte sich damit der Tür. »Hinaus mit Euch, und lasst mich nach draußen gehen«, forderte sie ihn auf und staunte über ihren herrischen Tonfall. Nie zuvor hatte sie so mit jemandem gesprochen. Dabei konnte ein solches Verhalten dazu führen, dass man sie wieder in das Gefängnis brachte, wohin sie unter keinen Umständen zurückwollte.
    Er schüttelte den Kopf und ließ seine Hand auf dem Türgriff ruhen. »Ich werde die Tür freigeben, wenn Ihr mir versprecht, Euch hinzusetzen und mir zuzuhören. Ich bin gekommen, um Euch ein Angebot zu unterbreiten.«
    Izzy musste schlucken, da sie auf einmal einen trockenen Hals hatte. »Ein Angebot?«
    Sein kantiges Gesicht nahm einen harten Zug an. »Ich möchte um Eure Hand anhalten und Euch heiraten.«
    Eine Heirat? Izzy zwinkerte, und einen Moment lang konnte sie den Mann nur anstarren. »Niemals.«
    »Ich fürchte, mein Angebot an Euch ist nicht besser als das, das mir gemacht wurde.« Ein Anflug von Mitleid blitzte in seinen Augen auf, war aber sogleich wieder verschwunden. »Ihr werdet mich heiraten, und Ihr werdet auf der Stelle diese Insel verlassen.«
    »Nein, ich …»
    »Ich biete Euch ein neues Leben an.«
    Ein neues Leben? Neue Hoffnung? Wie lange war es her, seit sie davon zum letzten Mal zu träumen gewagt hatte? Bot er ihr tatsächlich eine Chance an, von dieser Insel zu entkommen und dem Alptraum zu entrinnen, in das Gefängnis zurückzumüssen, in dem sie die ersten sieben Jahre ihres Lebens verbracht hatte? Der Tod ihrer Mutter hatte sie von dieser Tortur erlöst, doch gleich danach hatten die MacDonalds sie zu ihrer Dienerin gemacht und sie damit
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