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Der schweigende Mund

Der schweigende Mund

Titel: Der schweigende Mund
Autoren: A. A. Fair
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öffnete die Tür, ein junger Mann von sechsundzwanzig oder siebenundzwanzig Jahren, gut aussehend, doch mit weichlichen Gesichtszügen. Die Livree schien ihm ungewohnt, und er war verlegen wie ein Mann in seinem ersten Frack.
    »Sind Sie der Diener?« Ich fragte nur, um seinen Gesichtsausdruck zu beobachten.
    »Der Diener und Chauffeur. Wen wünschen Sie zu sprechen?«
    Ich setzte mein gewinnendstes Lächeln auf und sagte: »Ich vertrete die Zesty-Fabrik. Wir suchen Damen der Gesellschaft, die die gehobene amerikanische Hausfrau repräsentieren. Wir beabsichtigen eine Werbekampagne... «
    »Daran ist Mrs. Ballwin sicherlich nicht interessiert«, sagte er und wollte die Tür zuschlagen.
    »Sie haben offenbar nicht begriffen, worum es sich handelt. Ich will nichts verkaufen. Ich möchte nur die Einwilligung von Mrs. Ballwin haben, sich für ein Foto zur Verfügung zu stellen, das dann in den großen Illustrierten veröffentlicht werden soll, und zwar unter der Schlagzeile >Eine Dame der Gesellschaft, die Zesty-Paste für ihre Hors d’oeuvres verwendet<. Mein Name ist Lam; ich bin der Chef der Werbeabteilung.«
    Der Diener zögerte und sagte dann: »Ich glaube nicht... «
    Ich unterbrach ihn: »Wenn Sie diese Gelegenheit versäumen, Mrs. Ballwins gesellschaftliche Stellung zu unterstreichen und ihr Foto in allen großen Illustrierten erscheinen zu lassen, werden Sie bald wieder Tellerwäscher in einer Eckkneipe sein. Richten Sie ihr also mein Anliegen aus, und wir werden sehen, was sie dazu sagt.«
    Er wurde rot, wollte etwas erwidern, überlegte es sich dann aber, drehte sich um und sagte: »Warten Sie bitte hier.« Damit machte er mir die Tür vor der Nase zu.
    Fünf Minuten später war er wieder da. »Mrs. Ballwin ist bereit, Sie zu empfangen«, sagte er mit kühler Würde und in einem Tonfall, der deutlicher als alle Worte zum Ausdruck brachte, daß er die ganze Angelegenheit mißbilligte. Er hatte sicher gehofft, mir sagen zu können, daß ich mich zum Teufel scheren sollte. Statt dessen mußte er mich hereinbitten.
    Er führte mich durch eine Empfangshalle ins Wohnzimmer. Mrs. Ballwin betrat gleich nach mir das Zimmer wie eine Königin. Sie war wirklich eine Augenweide. Ich hielt sie für etwa einunddreißig, aber man konnte sie auch wesentlich jünger schätzen, wenn man nicht so genau hinsah.
    »Sie sind Mr. Lam«, sagte sie. »Wollen Sie sich nicht setzen? Ich bin Mrs. Ballwin. Erzählen Sie mir doch bitte einmal genau, worum es sich handelt.«
    Sie war herzlich, ohne sich etwas zu vergeben. Sie konnte zweifellos höflich und freundlich, aber auch kalt und hochmütig sein, je nach der gegebenen Situation.
    Als sie sich auf einen Stuhl gesetzt hatte, strich sie sich den Rock über den Knien glatt. Ihr Gesicht zeigte ein freundliches Lächeln, aber ihre Augen waren vorsichtig und wachsam.
    Ich öffnete das Paket mit der Anchovispaste und sagte: »Meine Firma bereitet eine Werbekampagne vor, die sich über das ganze Land erstrecken soll. Es wird noch vier oder fünf Wochen dauern, bis wir soweit sind, aber dann werden wir das ganze Land mit unserer Zesty-Paste überschwemmen. Sie ist die beste, schmackhafteste Paste, hergestellt aus den teuersten Import-Anchovis. Wenn Sie diese erst einmal gekostet haben, werden Sie zugeben, daß sie allen anderen Marken weit überlegen ist. Ich werde Ihnen diesen Probekarton überlassen. Es würde mich freuen, wenn Sie sie einmal probierten, und wenn sie Ihnen schmeckt und Sie sie regelmäßig verwenden, dann werden Sie vielleicht einwilligen, uns zu einem Foto zur Verfügung zu stehen.«
    »Und wozu wollen Sie das Foto verwenden?«
    »Es wird an hervorragender Stelle in allen großen Illustrierten erscheinen. Und zwar mit der Schlagzeile >Eine prominente Erscheinung der jüngeren Generation, die stets Zesty-Paste verwendet<.«
    Dann schwieg ich und wartete auf die Wirkung. Ich konnte feststellen, daß die >jüngere Generation< ins Ziel getroffen hatte.
    Sie setzte sich ein wenig bequemer auf ihrem Stuhl zurecht, schlug die Beine übereinander, und ihr Lächeln wurde noch herzlicher.
    Das Übereinanderschlagen der Beine geschah nicht zufällig. Sie wollte mir zeigen, was es da alles zu fotografieren gab.
    »Natürlich besteht keinerlei Verpflichtung für Sie«, sagte ich gewinnend. »Ich gebe Ihnen diese Zesty-Paste, Sie probieren sie und stellen fest, ob sie Ihnen schmeckt. Finden Sie sie gut und wollen Sie sie verwenden - um so besser. Manche von den Konzernen, die mit Fotos
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