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Der schwarze Magier

Der schwarze Magier

Titel: Der schwarze Magier
Autoren: Susan Hastings
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den Heuberg und ließ sich neben ihren Bruder fallen. Rupert klappte das Buch zu und starrte seine kleine Schwester unfreundlich an.
    »Keine Angst, ich verrate nicht, dass du gelesen hast«, sagte sie versöhnlich und lächelte. »Ich möchte es ja auch gern lernen. Aber du weißt ja, dass Vater nicht viel davon hält. Dass Mädchen lesen können, gleich gar nicht. Meine mageren Schreibkünste habe ich Mutter zu verdanken.« Sie seufzte, doch im gleichen Moment sprang sie schon wieder auf und Übermut kehrte in ihr Gesicht zurück. »Hast du Lust, mit mir auszureiten? Am Bach blühen die ersten Krokusse.«
    Rupert erhob sich. »Gern. Wenn es Vater erlaubt.«
    »Wir werden Vater nicht fragen, denn er erlaubt es nicht. Ich will nicht, dass er uns eine Begleiteskorte mitschickt. Sie passen auf, dass ich den Damensattel benutze, nicht zu schnell reite und nicht auf die Bäume klettere…«
    Rupert lächelte. Es verlieh seinem schmalen, scharf geschnittenen Gesicht mit den kohlschwarzen Augen einen weichen Ausdruck. Beide rutschten den Heuberg herunter, nahmen zwei leichte Sättel aus der Sattelkammer und legten sie ihren Pferden auf. Dann legten sie das Zaumzeug an und führten die Tiere leise auf den Hof hinaus. Niemand war zu sehen, der Lord hielt sich sicher mit Cedric und seinen beiden älteren Söhnen in der Waffenkammer auf. Lady Marjorie stickte mit ihren Gesellschaftsdamen an einem großen Wandteppich. Niemand vermisste die Kinder.
    Sie trieben ihre Pferde an und galoppierten über die sanften Hügel hinab in das Tal, wo sich ein Bach seinen Weg suchte. Weiden säumten seinen gewundenen Lauf, an deren Zweigen sich das erste zarte Grün der Sonne entgegenstreckte. Auf den Südhängen blühten die Boten des Frühlings, in den Hecken zwitscherten die Vögel. Über den Wiesen lag ein zarter Schleier aus Nebel und tauchte das Land in ein geheimnisvolles Licht, das die Trennung von Himmel und Erde aufhob. Schwarze Raben krächzten in den uralten, knorrigen Bäumen, die in einzelnen Gruppen auf den weitläufigen Grashügeln standen. Einige Vögel, aufgescheucht durch die beiden Reiter, flogen wie schwarze Schatten über ihre Köpfe hinweg.
    Rupert ließ seinen Blick über die erwachende Natur streifen und atmete den intensiven Duft nach Erde ein. Doch plötzlich schob sich ein anderes Bild vor seine Augen, drei rote Knäuel, oder waren es Feuer?
    Unwillig schüttelte er den Kopf. Es ängstigte ihn, dass er manchmal von seltsamen Visionen heimgesucht wurde. Einmal hatte er mit seiner Mutter darüber gesprochen, doch die hatte ihn nur entsetzt angeschaut und händeringend gebeten, mit niemandem darüber zu sprechen. Es musste etwas Schreckliches sein, Krankhaftes oder sogar Schlimmeres. So machte er es mit sich selbst aus und versuchte diese Bilder, die ihm dann und wann erschienen, zu verdrängen.
    Die Pferde schnaubten leise, ihre Hufe malten eine Spur in das saftige Gras am Bachufer. Alice seufzte zufrieden, als der laue Frühlingswind durch ihr Haar fuhr. Alles schien still und friedlich, das Wasser des Baches gluckste und perlte lebhaft nach der Schneeschmelze.
    Rupert war nicht überrascht, als er die roten Schöpfe von Pete, Hengist und Tom entdeckte. Es waren die Söhne von Lord Kynance, einem angelsächsischen Ritter, dessen Ländereien an die von Lord de Cazeville grenzten. Seit Rupert denken konnte, befehdeten sich die beiden Familien.
    »He, du normannisches Arschloch, hast du die Hosen voll?«, brüllte Tom. Rupert bereute, sein Schwert nicht angelegt zu haben. Alice’ Gesicht war fahl geworden.
    Die Jungs hatten die Pferde umringt und beunruhigten sie, indem sie mit Weidenruten nach ihnen schlugen. Zum Glück saß Alice auf einem Herrensattel und konnte sich mit den Knien festklammern, als ihr Pferd nervös stieg.
    »Halt dich fest!«, rief Rupert ihr zu und trieb sein Pferd vorwärts. Doch Hengist hatte ihm in die Zügel gegriffen und Pete zerrte ihn aus dem Sattel. Zu dritt warfen sie sich auf Rupert und schlugen mit den Fäusten auf ihn ein. Sie umringten ihn derart, dass er die Arme nicht heben konnte. Ein Schlag traf ihn mit voller Wucht an die Schläfe. Schwindel und Übelkeit übermannten ihn. Ein Stoß in die Magengrube ließ ihn in die Knie sinken. Er machte den schwachen Versuch, seinen Peinigern wenigstens auf die Hirschlederstiefel zu kotzen, aber der Schmerz überwältigte ihn. Mit den Stiefeln traten sie in sein Gesicht und er hörte, wie sein Nasenbein brach. Warmes Blut rann über sein
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